durstAWB m. i- oder a-St.?: ‚Durst, Glut, Hit-
ze, ardor, sitis‘ 〈Var.: thust, turst〉. — Mhd. durst
m., nhd. Durst.
Splett, Ahd. Wb. I, 133; Schützeichel⁴ 95; Starck-
Wells 112; Graff V, 202; Schade 118; Lexer I, 497;
Benecke I, 322; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 539 (sitis);
Dt. Wb. II, 1747 ff.; Kluge²¹ 149; Kluge²² 162; Pfei-
fer, Et. Wb. 322 f.
Das Mask. Durst ist über die ganze Germania
hin verbreitet: as., andfrk. thurst; mndd. dorst,
dorste, dörst ‚Durst, krankhafte Trockenheit
des Mundes‘; mndl. dorst, derst, darst, durst,
nndl. dorst; nwestfries. toarst, torst, tost, tast,
nostfries. dörst, döst ‚Dürr- oder Trockensein
des Schlundes‘; ae. ðurst, ðyrst, me. þürst neben
thrust (mit Metathese, belegt von ca. 1200 bis
1590), ne. thirst (mit i aus dem Verb); aisl., nisl.
þorsti, nnorw. dial. torste, nschwed. dial. torst;
und mit Umlaut ndän. tørst, aschwed. thörster,
þyrster, nschwed. törst (< ostnord. *þyrst); got.
þaurstei. Das Nebeneinander von umlautlosen
und umgelauteten Bildungen auf t deutet auf ei-
nen u-Stamm urgerm. *þurs-tu- (Oxf. Dict. of
Engl. Et. 917), der von der Schwundstufe der
Wz. ausgeht (zu solchen Bildungen s. Krahe-
Meid, Germ. Sprachwiss. III § 122; Weiteres
s. u.). Im Westgerm. ist der u-Stamm wie in an-
deren Fällen teilweise in die i-Stämme (mndd.
dörst, mndl. derst [s. Franck, Mndl. Gr. § 35],
nostfries. dörst, ae. ðyrst [Sievers-Brunner, Ae.
Gr.³ § 266]) übergetreten; Gleiches gilt für
ndän. tørst, aschwed. thörster, þyrster, nschwed.
törst. Fehlt im Westgerm. außerhalb des Ae. der
Umlaut und liegt kein n-Stamm (s. u.) vor, so ist
nicht zu entscheiden, ob Durst — wegen des Zu-
sammenfalls der Flexion der i- und a-Stämme
im Sg. — auch als a-St. flektiert, da das Wort
nicht im Pl. vorkommt. Got. þaurstei könnte
ebenfalls auf dem sekundären i-Stamm *þurs-
ti- beruhen und wie got. baurþei, ahd. burdî f.
‚Bürde, Last‘ aus dem i-Stamm erweitert sein
(Krahe-Meid, a. a. O. § 93); doch liegt die Auf-
fassung eines Adjektivabstraktums auf der Basis
eines adj. *þursta- ‚durstig‘, das ferner dem
Verb dürsten (→ dursten) zugrunde liegt, näher
(Kluge²¹, a. a. O.; Fick III [Germ.]⁴ 183; Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 493); denn auch die n-
Stämme mndd. dorste und aisl., nisl. þorsti,
nnorw. dial. torste < *þurstan- weisen auf ein
solches Adj. (zu Substantivierungen von ehema-
ligen to-Adjektiven s. K. Matzel, Zfvgl.Spr. 100
[1987], 153 ff.).
Eine weitere von der Wz. uridg. *ters- abstam-
mende Bildung mit Dental-Suffix im Germ. ist
das bindevokalhaltige Adj. *þursiþa- ‚durstig‘,
eigtl. Part. Prät. des Verbs urgerm. *þurs(i)jan-,
das allein von got. þaursjan ‚dürsten‘ fortgesetzt
wird: anord. þyrstr; nnorw. tørst, nnorw. dial.
tyrst; ält. ndän. tørst(e); aschwed. þyrster,
mschwed. thörster, nschwed. dial. törst (torst);
got. af-þaursiþs. Daneben stehen Adjektive mit
dem Suffix -ag/ g: → durstî g.
Holthausen, As. Wb. 19; Sehrt, Wb. z. Hel.² 621 f.;
Berr, Et. Gl. to Hel. 416; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 459; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
554; Verdam, Mndl. handwb. 149; Franck, Et. wb. d.
ndl. taal² 128; Vries, Ndls. et. wb. 130; Dijkstra,
Friesch Wb. III, 292; Doornkaat Koolman, Wb. d. ost-
fries. Spr. I, 321; Holthausen, Ae. et. Wb. 312; Bos-
worth-Toller, AS Dict. 1081; Stratmann-Bradley, ME
Dict.³ 641; OED² VII, 958; Vries, Anord. et. Wb.²
618. 630; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 444; Holthausen,
Vgl. Wb. d. Awestnord. 318. 324; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 1319; Torp, Nynorsk et. ordb. 797. 828;
Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1271; Fritzner, Ordb. o. d.
g. norske sprog III, 1034; Lehmann, Gothic Et. Dict.
þ-24.
Eine außergerm. Entsprechung zu urgerm.
*þurs-tu- begegnet in dem u-St. air. tart m.
‚Trockenheit, Durst‘ < uridg. *ts-tú-. Zugrun-
de liegt möglicherweise wie im Falle von *p-tú-
(ahd. furt m. ‚Furt‘) anstelle von *p-téu̯- (neben
*pér-tu- [anord. fjǫrðr m. ‚Bucht, Fjord‘]) eine
durch Kreuzung aus einem proterodynamischen
Paradigma hervorgegangene Form; → dunni.
Ableitungen mit -t- erscheinen ferner in: aind.
tṣṭá- ‚dürr, heiser, rauh‘ (< ‚ausgedörrt‘), dem
Verbaladj. zu aind. tṣyati ‚dürstet, lechzt‘ < ur-
idg. *ts-i̯e/ o- (= got. þaursjan, s. o.); alb. trištje
‚heftige Begierde‘. Mit Bindevokal ist die Vor-
form von aind. tṣitá- ‚durstig‘ und von lat. to-
stus ‚durstig‘, wenn < *torsito- und nicht <
*tsto- (vgl. aind. tṣṭá-), gebildet (vgl. ferner
aind. tṣṇá-j- ‚durstig‘, tṣṇā f.; av. taršna- m.
‚Durst‘). Ob arm. erašt ‚Regenmenge, Trocken-
heit, Dürre‘ (i-St., gen. erašti), adj. ‚ohne Re-
gen, nicht feucht, trocken‘ (< *trašti- < *tsti-)
hierher gehört, ist fraglich, da die Wz. *ters-
sonst durch das Verb tՙaršami-, tՙar̄ami- ‚verwel-
ken‘, Denominativ von *tharšam, *thar̄am ‚ver-
welkt‘ (mit Wandel von *s > arš und von *rs >
r̄), vertreten ist.
Walde-Pokorny I, 737 f.; Pokorny 1079; Fick I (Idg.)⁴
61. 444; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 525; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. I, 667; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 694; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1128; ders.,
Zfslav. Ph. 20 (1948), 285 (die Erklärung der Bildewei-
se von lit. trókšti [trókštu, -škau] ‚dürsten, verlangen
[nach etwas], ersticken‘ bietet Probleme); Fick II
(Kelt.)⁴ 130; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. T-35;
Dict. of Irish T-87; Thurneysen, Gr. of OIr. 131;
Hübschmann, Arm. Gr. I, 442; Klingenschmitt, Alt-
arm. Verbum 99.