felAWB n. a-St., seit dem 8. Jh., bei Otfrid, in
Pro Nessia und in Gl.: ‚Haut, Häutchen, Fell,
chlamys, membranum, membranula, pellis‘
〈Var.: v-, -æ-, -ll-〉. — Mhd. vel (-ll-) st. n.
‚Haut, Fell‘, nhd. Fell. Das Wort wird bis ins
16. Jh. zur Bezeichnung der tierischen wie der
menschlichen Haut verwendet. Erst mit Lu-
thers Bibelübersetzung setzt sich eine Unter-
scheidung in Fell ‚Tierhaut‘, später ‚behaarte
Tierhaut, Pelz‘, und Haut ‚menschliche Haut‘
(→ hût) durch; vgl. noch Redewendungen mit
Fell im Sinne von ‚Haut‘ wie ein dickes Fell ha-
ben, jemandem das Fell über die Ohren ziehen.
Ahd. Wb. III, 699 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 220; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 253; Schützeichel⁵ 131; Starck-Wells
145. XL; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 92 f.;
Seebold, ChWdW8 124; Graff III, 469; Schade 176;
Lexer III, 52 f.; Benecke III, 293; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 421 (pellis); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 399
(membrana, membranula). 473 (pellis); Dt. Wb. III,
1494 ff.; Kluge²¹ 192 (Fell). 197 (Film); Kluge²⁴ 285
(Fell). 293 (Film); Pfeifer, Et. Wb.² 335 (Fell). 342
(Film).
Ahd. fel entsprechen: as. fel n. ‚(menschliche)
Haut‘, mndd. vel ‚Fell, Haut des Tieres, des
Menschen, Pelzwerk‘; aostndfrk. fel ‚Vlies‘,
mndl. vel ‚Fell, Haut‘; afries. fell ‚dss.‘, nost-
fries. fel (pl. fellen), nwestfries. fel ‚dss.‘; ae. fell
‚dss.‘, me. fel ‚dss.‘, ne. fell; aisl. fjall ‚Haut,
Fell, Bekleidung‘, fell ‚Pergament‘ (bókfell),
nisl. fell, nschwed. fjäll; got. -fill in þrutsfill
‚Aussatz, λέπρα‘ (davon filleins ‚ledern‘; → fel-
lîn, fillîn), faurafilli n. ‚Vorhaut, ἀκροβυστία‘:
< urgerm. *fella- n. mit *-ll- < uridg. *-ln-
(s. u.); dazu auch aisl. filla f. ‚Haut, Fell‘, ndän.
fille ‚Lumpen, Lappen‘, nschwed. dial., nnorw.
filla ‚Felldecke, Haut, Tuch, Lappen‘ (< *felli-
jōn-).
Aisl. feldr m. ‚Schafpelz, Mantel‘, eigtl. ‚Hülle, Dek-
ke‘, nisl. feldur, norw. feld ‚Fell, Pelz(decke)‘,
nschwed. fäll (altgotländ. falda ‚Bettdecke‘) < *falđi-
gehören dagegen zu ahd. fald ‚Falte‘ (s. d.). Die mit
aisl. feldr bezeichnete Decke war oft aus Pelz (vgl.
skinnfeldr ‚Pelzdecke‘, bjarnfeldr ‚Bärenpelzdecke‘);
daher dürften sich die beiden Wörter in ihrer Bedeu-
tung gegenseitig beeinflußt haben; vgl. bjarnfell, ber-
fjall ‚Bärenfell‘.
Fick III (Germ.)⁴ 235 f.; Holthausen, As. Wb. 19;
Sehrt, Wb. z. Hel.² 125; Berr, Et. Gl. to Hel. 113;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 680; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. V, 222 f.; Helten, Aostndfrk. Psal-
menfrg. 99; Kyes, Dict. of O. Low and C. Franc. Ps. 24;
Verdam, Mndl. handwb. 646; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 727; Vries, Ndls. et. wb. 168. 769; Holthausen,
Afries. Wb.² 25. 27; Richthofen, Afries. Wb. 740. 751;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 434;
Dijkstra, Friesch Wb. I, 343; Holthausen, Ae. et. Wb.
100. 105; Bosworth-Toller, AS Dict. 12. 274. 287.
350; Suppl. 208. 218; Suppl. II, 24; ME Dict. E-F,
456 f. 560; OED² V, 813. 913 f.; Oxf. Dict. of Engl.
Et. 349. 356; Vries, Anord. et. Wb.² 116. 120. 123; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 557 f.; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog I, 399. 412. 421; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 59. 61; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
211. 217; Ordb. o. d. danske sprog IV, 957; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 104; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 215.
253; Svenska akad. ordb. F-690 ff. 2052 f.; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 145. 152; Lehmann, Gothic Et. Dict.
F-51. — Wie zumeist abzulehnen Trier, Lehm 30, nach
dem „die dünne Kalkhaut ... die Keimstelle von engl.
film, d. Fell und anderen“ ist. Ags. fild ... ‚dicke
Milch‘ ... würde „auf Umwegen die Lehmverschmie-
rung des Flechtwerks *pel-“ bestätigen.
Wie vorurgerm. *pelno- ist lat. pellis, -is f. ‚Fell,
Haut, Pelz, Leder‘ < uridg. *pelni- mit einem
n-Suffix gebildet und von der Wz. uridg. *pel-
wohl mit der Bedeutung ‚bedecken, verhüllen‘
(s. u.) abgeleitet (Brugmann, Grdr.² I, 128 f.).
Im Gr. wird in der Aufzählung der Schreibmate-
rialien im Onomasticon von Pollux (10, 57)
χάρτας, πέλλας, διφθέρας wegen der Glosse He-
sych ἰτθέλαν ⋅ διφθέραν statt πέλλας ein ἰττέλας
gelesen. Corp. Gl. Lat. II, 144 erscheint jedoch
pellarius πελλοράφος (Joh. Schmidt, Kritik d.
Sonantentheorie 102 f.). Hat man demnach im
Gr. mit einem Stamm πελλο-, -ᾱ zu rechnen
(z. B. Curtius, Grundzüge der gr. Et.⁵ 271; Boi-
sacq, Dict. ét. gr.⁴ 763; Brugmann, a. a. O. II, 1,
261), so hat vorurgerm. *pelno- in vorurgr.
*pelno-, -ā eine genaue Entsprechung.
πέλλα ‚Haut‘ wird jedoch für das Gr. bestritten; z. B.
von O. Schrader, Zfvgl. Spr. 30 (1890), 479 f.; die λλ-
haltigen Wörter finden sich auch nicht bei Frisk, Gr.
et. Wb.
Einen Bindevokal vor dem n-Suffix zeigt die
Vorform von aksl. pelena ‚Windel‘, russ. pelená
(slowen. peleníca, pleníca usw.; aber auch russ.
pélьka ‚Windel‘ ohne -n-) < urslaw. *pelena
(Joh. Schmidt, Idg. Vokalismus 67; F. Solmsen,
Zfvgl. Spr. 38 [1905], 444 Anm. 2). Und ein m-
Suffix weisen auf: afries. filmene f. ‚Haut‘ (fil-
mena breke ‚Hautverletzung‘ neben filmenebre-
ke), hierher, wohl mit Metathese von -l-, auch
afries. fimel ‚Haut‘ (nndl. Kiliaan fimel, nndd.
femel ‚dünnes Kleid‘); ae. fylm(en), filmen m.n.
‚Häutchen, Vorhaut‘, film m. ‚dss.‘ (Umbildung
von filmen oder Ableitung von urgerm. *felma-;
→ felm), me. film n. ‚Haut, Membran‘, ne. film
(< urgerm. *felmenja-/ō- oder eher *felmīna-/
ō-; s. Kluge, Nom. Stammbildung³ § 57), aus
dem Ne. im 19. Jh. nhd., nndl. film; ae. -felma
in ægerfelma ‚Eihäutchen‘ (< *-felman-); gr.
πέλμα n. ‚Sohle am Fuß oder Schuh‘ (<
*pelm). Will man die Bildungen mit m- und n-
Suffix vereinen, kann man einen men-Stamm ur-
idg. *pelmen-, *pelm-, *pelmn-es annehmen,
aus dem mit Vereinfachung vom mn hinter
Kons. die Stämme mit n- und m-Suffix hervor-
gegangen sind.
Vgl. Brugmann, a. a. O. II, 1, 261; Specht, Ursprung d.
idg. Dekl. 51. 141.
Zugehörig ist weiterhin wohl gr. ἐρυσίπελας,
-τος n. Bezeichnung einer Hautkrankheit, ‚Ro-
se, Rotlauf‘ (Schwyzer, Gr. Gram.² I, 443
Anm. 5), wobei mit dem Nebeneinander von gr.
πέλμα und πέλας im Gr. δέρμα ‚(abgezogene)
Haut, Fell, Leder‘ und δέρας ‚dss.‘ zu verglei-
chen sind — δέρας kann nach gr. κρέας ‚Fleisch‘
zustande gekommen sein.
Sofern die Wz. *pel- eine s-lose Variante der
Wz. *spel- ‚spalten‘ darstellt (zu Ableitungen
von der s-haltigen und s-losen Wz. s. Persson,
Beitr. z. idg. Wortf. 805 f.), könnte es sich bei ur-
idg. *pelmen- usw. ursprl. um eine Bezeichnung
der ‚abgezogenen Tierhaut‘ gehandelt haben (s.
E. Lidén, BB 21 [1896], 95). Daneben steht der
Bedeutungsansatz ‚verdecken, verhüllen‘, wes-
halb auch Wörter wie lat. palla ‚Kleidungsstück
aus rechteckigem Stoff, das vor allem von Frau-
en getragen wurde‘, pallium ‚Obergewand,
Mantel, der aus einem viereckigen Stück Stoff
drapiert wurde‘ als verwandt betrachtet werden
(z. B. Persson, a. a. O. 226; zur problematischen
Deutung von lat. palla und pallium s. jedoch
Potthoff, Lat. Kleidungsbez. 146 ff.). Von diesen
beiden Bedeutungsansätzen dürfte die Rückfüh-
rung auf eine s-lose Wz. *pel- vorzuziehen sein,
weil s-mobile-haltige Varianten unter den Wör-
tern für ‚Haut‘ fehlen. Weiteres s. faldan.
Als ablautende Bildung mit der Fortsetzung eines u̯-
Suffixes (dazu s. u.) ist möglicherweise aisl. fǫl n.
‚dünne Schneedecke‘ (< *falwa-) aufzufassen (s.
Vries, Anord. et. Wb.² 150: zu gr. ἐπί-πλοον usw.; zu
dem gr. Wort aber s. u.). Auch nnorw. file m. ‚Sahne‘,
nschwed. fil ‚saure Milch‘ (< *feljō-) werden unter ei-
ner Grundbedeutung ‚Haut‘ zu der Sippe von ahd. fel
gestellt und bedeutungsmäßig mit den zu fel gehörigen
lit. plėv ‚Häutchen auf der gekochten Milch‘, lett.
plêve ‚dünnes Häutchen (z. B. über der Milch)‘ vergli-
chen. Für den abweichenden Anlaut aisl. þél n. ‚geron-
nene Milch‘ verweist Vries (a. a. O. 608) u. a. auf das
Nebeneinander von got. þliuhan und aisl. flýja ‚flie-
hen‘ (zum þl/fl-Wechsel im Germ. s. Matzel, Gesam-
melte Schriften 187 ff.); aisl. þél (< *þenχla-) stellt
sich jedoch zur Sippe von ahd. dâha ‚Ton‘ (s. d.).
Unter einer Wurzelform *plē- [**pleH₁-] wer-
den mit u̯-Formans slowinz. plìeva ‚Regenbo-
genhaut‘, ukrain. plivá, russ. plevá ‚dünnes
Häutchen‘ (< urslaw. *plěva), lit. plėv ‚dünne
weiche Haut, Häutchen auf der gekochten
Milch, Bauchhaut bei Schlachttieren‘, lett. plêve
‚dünnes Häutchen (z. B. über der Milch, am
Fleisch), Narbe‘ (< urbalt. *plēu̯ii̯ā; zur Dekli-
nation der balt. ē-Stämme s. Stang, Vgl. Gr. d.
balt. Spr. 201 ff.) und mit n-Formans tschech.
pléna ‚Windel, dünnes Häutchen‘ (< *plěna
oder *pelna mit Liquidenmetathese), lit. plėn
‚dünnes Häutchen, Membrane, Regenbogen-
haut, Iris‘, lett. plẽne ‚dünne Schicht‘, apreuß.
pleynis ‚Hirnfell‘ mit -ey- für ē nach Analogie
des Mndd. (F. Solmsen, Zfvgl. Spr. 38 [1905],
44 Anm. 2) zu der Wz. *pel- gestellt (z. B.
Specht, a. a. O. 182; doch 141: apreuß. pleynis
eher mit i-Diphthong).
Demgegenüber betrachtet Frisk (Gr. et. Wb. I, 540)
das lautlich anklingende Wort gr. ἐπί-πλοον ‚Netz-
haut um die Gedärme, Darmnetz, Omentum‘, das u. a.
Persson (a. a. O. 750) anschließt, als ein im Gr. ent-
standenes, von ἐπι-πλεῖν im Sinne von ‚oben schwim-
men‘ abgeleitetes Verbalnomen.
Fern bleiben die von O. Schrader (Zfvgl. Spr. 30
[1890], 479 f.) zum Vergleich herangezogenen Ablei-
tungen mit u̯-Suffix gr. πέλλα f. ‚Melkeimer‘, auch
‚Trinkschale, Becher‘ (< *πέλϝi̯α, gekürzt aus
*πηλϝi̯α; s. Schwyzer, a. a. O. I, 279; anders Schrader,
a. a. O. 480: *pel-nā); lat. pēlvis f. ‚Becken, Schüssel‘,
wozu F. Holthausen (IF 25 [1909], 152) auch aisl. full
n. ‚Becher‘, ae. full ‚dss.‘ (< „idg. *p-nó-m oder p-
ló-m“) stellt. Die Wörter aind. pālavī f. ‚eine Art Ge-
fäß, Geschirr‘, pāli-, pālikā- f. ‚Kochtopf‘ treten erst
im klass. Sanskrit auf und sind so kaum mit lat. pēlvis
usw. zu verbinden. Möglich ist ein Anschluß an *pāla-
‚schützend, behütend; Behälter‘ (Mayrhofer, Et. Wb.
d. Altindoar. II, 262; anders Schulze, Quaest. epicae
83 f.).
Die Verbindung von aind. palva- m. ‚Spreu, Hülse‘
mit der Sippe von lit. plėv gibt Mayrhofer (Et. Wb. d.
Altindoar. II, 103) auf; zu aind. palva- s. etwa Klin-
genschmitt, Altarm. Verbum 232 Anm. 4; Schrijver,
Reflexes 256 f.; dort auch zu lat. palea, -ae f. ‚Spreu‘,
das Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 238 zu „*pel-
‚Haut‘“ stellen). Zu aind. paṭa- m. ‚gewebtes Zeug,
Gewand, Decke‘, lit. palà ‚großes Stück Leinwand,
Leintuch‘, gall. linna ‚eine Art Gewand‘ usw. s. faldan.
Die Wurzelvarianten uridg. *pel- und *plē-
[**pelH₁- und **pleH₁-] ‚verdecken, verhüllen‘
erscheinen nur in nominalen Ableitungen (veral-
tet ist Hirts [Idg. Ablaut 129; Idg. Gr. II, 63.
151] Wurzelansatz *pele-).
Walde-Pokorny II, 58 f.; Pokorny 883 f.; Fick I (Idg.)⁴
478; Boisacq, a. a. O. 286; Frisk, Gr. et. Wb. I, 368 f.
570; II, 498 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 376. 877;
Hofmann, Et. Wb. d. Gr. 260; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. II, 238 f. 275 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
476. 493 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 226; Miklo-
sich, Et. Wb. d. slav. Spr. 236; Sadnik-Aitzetmüller,
Handwb. zu den aksl. Texten 85. 281 (Nr. 638); Vas-
mer, Russ. et. Wb. II, 332 f. 368; Fraenkel, Lit. et. Wb.
615. 620; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
342; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 400 f.