fendoAWB m. jan-St., nur in Gl., seit dem 8./
9. Jh.: ‚Fußsoldat, Fußgänger, pedes, pedester,
phalanx, sequester‘ 〈Var.: Gl. 1, 143, 37 R wohl
nom. sg.m. -eo; zur Flexion s. auch Franck,
Afrk. Gr.² § 147〉. — Mhd. vende sw. m. ‚Fuß-
gänger, -krieger, Bauer im Schachspiel‘, auch
‚Knabe, Junge‘ (zu diesen Bedeutungen s. u.),
nhd. dial. schwäb. (veraltet) fende ‚Bauer im
Schachspiel‘, schweiz. fend ‚Fußsoldat, Bauer
im Schachspiel‘.
Anderer Herkunft ist nhd. (altertümlich) fant
‚unreifer Jüngling‘. Das Wort wurde im Obd.
(schwäb. fante ‚närrischer, überspannter
Mensch‘, schweiz. fant ‚Possenreißer, Land-
streicher‘, bair. fant, auch fantel, fäntelein ‚jun-
ger Mensch, Junge‘, hess. [veraltet] fant ‚junger,
unerfahrener Mensch‘) aus italien. fante ‚Knabe,
Knecht, Bauer‘ (lat. īnfāns ‚Kind‘) übernommen.
Im Mhd. sind die Bedeutungen von fant teils auf
vende übergegangen.
Aus italien. fante stammt auch mndd. fant, das nur in
der Bedeutung ‚Kriegerschar‘ bezeugt ist (daraus spät-
aisl. fantr ‚Diener, Bote, Strolch‘, ält. ndän. fant ‚Bur-
sche, Kerl, Geselle, Diener‘, ndän. fante ‚Tor, Dumm-
kopf‘, nnorw. fant ‚Landstreicher, verarmte Person‘,
dial. auch ‚junger Mann, trotziger Bursche, Spaßvo-
gel‘, nschwed. dial. fant ‚Landstreicher, Zigeuner‘).
Nicht hierher gehört mhd. vanz st.m. ‚Schalk,
Betrug‘; → gianafenzôn.
Wieder ein anderes Wort begegnet in hess. fent
‚junger unerfahrener Mensch‘, mndd. vent
‚Bursche, junger Kerl; Geselle, Gehilfe‘ (dimin.
ventken), nndd. fent ‚junger, unreifer Bursche‘,
meckl. fent ‚Knabe, Bursche‘ (hierher auch
westfäl. fänte ‚junger, leichtsinniger Bursche,
Knabe‘?), spätmndl. vent(e), veint(e) (Kiliaan
auch veyn[t] ‚iuvenis, adolescens, puer‘), nost-
fries. fent ‚Bursche‘ (ventken). Zugrunde liegt
mndl. vennoot ‚Genosse (Handwerksgeselle;
Held)‘, das aus mndl. veem(ge)noot ‚Mitglied
der veem (Genossenschaft)‘ hergeleitet wird
(zur Vokalkürzung vgl. nndl. elf; s. einlif; vgl.
demgegenüber die abweichende Bedeutung von
mndd. veme ‚heimliches Gericht‘). In den ndd.
Dialekten gilt fent von Ostfriesland bis an die
Ostsee, von Westfalen bis in die Altmark. Von
Norden gelangt das Wort nach Mitteldeutsch-
land und weiter in die nhd. Dichtung, wo es sich
teils mit obd. fant mischt (K. v. Bahder, PBB 22
[1897], 527 ff.).
Schweiz. Id. I, 846. 874 (doch abzulehnen: schweiz.
fant sei gleichen Ursprungs wie ahd. fendo). 877; Fi-
scher, Schwäb. Wb. II, 944. 1051; Jutz, Vorarlb. Wb.
I, 770; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 734 f.; Lexer, Kärnt.
Wb. 90; Schöpf, Tirol. Id. 119; Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. I, 156; Müller, Rhein Wb. II, 292; Maurer-
Mulch, Südhess. Wb. II, 353; Crecelius, Oberhess. Wb.
363; Vilmar, Id. von Kurhessen 100 f.; Müller-Frau-
reuth, Wb. d. obersächs. Mdaa. I, 314; Mitzka, Schles.
Wb. I, 259; Woeste, Wb. d. westf. Mda. 286; Mensing,
Schleswig-holst. Wb. II, 55; Wossidlo-Teuchert,
Meckl. Wb. II, 870.
Ahd. Wb. III, 732 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 233; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 255; Starck-Wells 147; Schützeichel,
Glossenwortschatz III, 112; Graff III, 540; Schade
177; Lexer III, 19. 63; Benecke III, 236. 297; Götz,
Lat.-ahd.-nhd. Wb. 472 (pedes). 604 (sequester); Dt.
Wb. III, 1318 (fant). 1320 f. (fanz, fenz); Kluge²¹ 184;
Kluge²⁴ 275.
Ahd. fendo ist identisch mit ae. fēða ‚Fußgänger,
Fußsoldat‘ (mndl. vende, vinde, vinne ‚Bauer
im Schachspiel‘ aus dem Mhd.?): < *fanþijan-.
Zugehörig sind ae. fēðe n. ‚Bewegung, Gang,
Schritt‘, as. fāthi n. ‚Gang, Schritt‘ (< *fanþija-),
im As. nur in der Verbindung an fāði, an fāðion
‚zu Fuß‘.
Fick III (Germ.)⁴ 228. 567; Seebold, Germ. st. Verben
194; Holthausen, As. Wb. 18; Sehrt, Wb. z. Hel.²
110; Berr, Et. Gl. to Hel. 104; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 650. 695; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. V, 198. 235 f.; Verdam, Mndl. handwb.
647 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 728. 743 f.; Vries,
Ndls. et. wb. 770. 785 f.; Doornkaat Koolman, Wb. d.
ostfries. Spr. I, 438 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 111;
Bosworth-Toller, AS Dict. 284; Suppl. 216; Suppl. II,
24; OED² XI, 372; Oxf. Dict. of Engl. Et. 356; Vries,
Anord. et. Wb.² 111; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 543.
985 f. (doch mit unzutreffender Alternative: aisl. fantr
usw. < urgerm. *fanta- < vorurgerm. *fandná- mit n-
Gemination zu aisl. finna usw. nach Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 205); Fritzner, Ordb. o. d. g. nor-
ske sprog I, 377; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord.
56; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 205 (abzulehnen
ist der alternative Wurzelansatz *pend- für aisl. fantr
usw.). 217 f.; Ordb. o. d. danske sprog IV, 750; Torp,
Nynorsk et. ordb. 94. 105. 108; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 199. 211; Svenska akad. ordb. F-261 f.; Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 115. 155; Lehmann, Gothic Et.
Dict. F-57.
Urgerm. *fanđijan- setzt ein o-stufiges, von der
Wz. uridg. *pent- ‚gehen‘ abgeleitetes Nomen
agentis fort (→ findan); zum Wortbildungstyp
vgl. ahd. wreckeo ‚Verbannter‘ < urgerm.
*wrakjan- (s. Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss.
III § 92, 1).
Nach E. P. Hamp (Lingua 34 [1974], 231) ist ahd. fen-
do mitsamt seinen Entsprechungen unmittelbar von
dem Paradigma [**pónt-eH-/pt-H-] herzuleiten.
Urgerm. *fanđijan- folgt jedoch einem im Germ. gän-
gigen Wortbildungstyp (s. o.).
Walde-Pokorny II, 26 f.; Pokorny 808 f.; LIV² 471 f.;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. II, 336 f.
S. fuozfendo.