grilloAWB m. n-St., seit dem 10. Jh. in Gl.:
‚Grille, Heimchen, Zikade; cicada, gryllus,
papilio‘ 〈Var.: k-, c-; -e-, -y-〉. — Mhd. grille
sw. m./f. ‚Grille‘, nhd. Grille f. ‚Bezeich-
nung mehrerer zirpender, zu den Heu-
schrecken zählender Insekten‘. Der Übertritt
zu den Feminina (seit dem 15. Jh.) beruht auf
Rückbildung aus den Pluralformen (grillen).
Das Wort Grille, eine Entlehnung aus lat.
grillus, gryllus, hat sich vom Süden her aus-
gebreitet und das Wort Heimchen (→ heimo)
verdrängt. Seit dem 14. Jh. wurde Grille im
Sinne von ‚wunderlicher Einfall, Laune‘
verwendet, wohl weil man glaubte, die Grille
könne ins Gehirn kriechen (vgl. den gleichen
gedanklichen Hintergrund bei Ohrwurm).
Sekundär wird das Wort auf mhd. grellen
‚laut, vor Zorn schreien‘ bezogen.
Ahd. Wb. 4, 424; Splett, Ahd. Wb. 1, 1218; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 492; Schützeichel⁶ 140; Starck-Wells 239.
XLII; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 46 f.; Graff 4,
320; Lexer 1, 1084; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 102 (ci-
cada). 295 (grillus); Dt. Wb. 9, 315 ff.; Kluge²¹ 271;
Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 476 f. — A. Lindqvist,
PBB 76 (1954/1955), 236 f.
Wie die Bedeutungsentwicklung zeigt, wur-
den aus dem Hd. entlehnt: mndd. grille
‚Grille, wunderlicher Einfall, Laune‘; nndl.
gril ‚Laune‘; nfries. gril ‚Grille, bizarrer Ein-
fall‘; ndän. grille, nschwed. grill ‚Grille‘.
Dagegen gehen auf das Lat. zurück: me. gril-
le ‚Grille‘, ält. ne. grylle ‚Grille‘.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 160; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 216; Vries, Ndls. et. wb. 221; Et. wb.
Ndl. F-Ka 335; Fryske wb. 7, 371; Doornkaat Koolman,
Wb. d. ostfries. Spr. 1, 684; ME Dict. s. v.; OED² s. v.;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 347; Nielsen, Dansk et.
ordb. 162; Ordb. o. d. danske sprog 7, 82 ff.; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 299; Svenska akad. ordb. s. v.
Das zuerst bei Plinius d. Ält. belegte lat. gril-
lus, gryllus ‚Grille‘ (> italien. grillo, prov.
grilh, grelh, span. grillo, rum. grier) wird üb-
licherweise als eine Entlehnung aus gr.
γρῦλος, γρῦλλος ‚Grille‘ angesehen. Jedoch ist
für das Gr. nur die Bedeutung ‚Ferkel, Meer-
aal‘ (vgl. Passow [1841 ff.] 2004: 1, 1, 575) zu
sichern, während die Bedeutung ‚Grille‘ erst
im Byzant.-Gr. wohl unter lat. Einfluß auf-
kommt. Im Lat. liegt wohl eine onomatopoeti-
sche Bildung vor, die womöglich von dersel-
ben Wurzel wie in ahd. grunzen ‚grollen,
murren‘ (s. d.) herrührt.
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 328 f.; Chantraine, Dict. ét. gr. 238;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 622; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 283; Thes. ling. lat. 6, 2, 2334 f. 2340;
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4382; Meyer-Lübke, Rom.
et. Wb.³ Nr. 3900. — P. Kretschmer, Glotta 13 (1924),
132 ff.