gadumAWB n. a-St., seit dem 8. Jh. in Gl.,
bei O und N: ‚Raum, Zimmer, Gemach,
Werkstatt, Speicher, Vorratshaus, Heiligtum,
Sakramentshäuschen, Zelt; aedes, aedicula,
conclave, domus, gynaeceum, pastophorium,
sanctuarium [= heilag gadum]‘ 〈Var.: c-, k-;
-dh-; -e-〉. — Mhd. gadem, gaden st. n. ‚Haus
von nur einem Gemach, Gemach, Kammer,
Stockwerk‘, nhd. arch. Gaden m./n. ‚Haus
von nur einem Zimmer, Saalbau, Gemach‘
und dial. schweiz. gădem, găden, schwäb.
gaden, gadem, bair. ga’n, gà’n, kärnt. gàdn,
gàrn, tirol. gåden, gåd’n, steir. gaden. Das
Wort erscheint vielfach in ON, etwa Berch-
tesgaden, Steingaden (vgl. Bach 1952 ff.: 2,
§ 388). Daneben steht im norddt. Sprach-
raum in der Bedeutung ‚langgestreckter Sta-
pel zum Trocknen aufgesetzter Ziegelsteine‘
märk. Jamme, meckl. Gamm. Diese Bedeu-
tung ist durch Übertragung der Bedeutung
‚Vorratsraum‘ auf das, was in einem solchen
Raum gespeichert ist, zustande gekommen.
Ahd. Wb. 4, 3 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 278; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 350; Schützeichel⁶ 125; Starck-Wells
187 f.; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 365 f.; See-
bold, ChWdW8 139; Graff 4, 175; Lexer 1, 723; 3,
Nachtr. 169; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 19 (aedes, ae-
dicula). 126 (conclave). 211 f. (domus). 296 (gynae-
ceum). 468 (pastoforium). 587 (sanctuarium); Dt. Wb.
4, 1131 ff.; Kluge²¹ 228; Kluge²⁴ s. v. — Schweiz. Id. 2,
114 ff.; Stalder, Versuch eines schweiz. Id. 1, 411; Fi-
scher, Schwäb. Wb. 3, 13 ff.; Schmeller, Bayer. Wb.²
1, 871 f.; Lexer, Kärnt. Wb. 105 f.; Schöpf, Tirol. Id.
166; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 262; Dähnert,
Platt-Dt. Wb. 141; Bretschneider, Brandenb.-berlin.
Wb. 2, 242; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 3, 30. —
Braune-Reiffenstein 2004: § 65 Anm. 1; Wilmanns
[1906—30] 1967: 2, 299.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
mndd. gādem, gām ‚kleiner Steinbau, kleines
Haus, Stockwerk‘; mndl. gadem ‚Haus,
Zimmer, Gemach‘; afries. gathem, gaten
‚Gemach‘: < westgerm. *gad² < urgerm.
*aþma- (zur Entwicklung von urgerm. *þ >
westgerm. *d vgl. Krahe-Meid 1969: 1,
§ 74).
Die bei Fick 3 (Germ.)⁴ 123 f. vorgeschlagene Ver-
bindung („mit Unterbleibung der Verschiebung, vor
m“) mit der Wortgruppe um *ōđa- ‚gut‘ (→ guot) ist
aus lautlichen Gründen abzulehnen (vgl. Walde-
Pokorny 1, 532: „Ganz fragwürdig“).
Fick 3 (Germ.)⁴ 123 f.; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 1; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 1, 3 f.;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 863; Holthausen,
Afries. Wb.² 34. 158; Richthofen, Afries. Wb. 773. —
Heyne 1899—1908: 1, 95. 175. 214.
Das Wort hat keine gesicherte Etymologie.
Da eine mo-Ableitung wegen des Fehlens ei-
ner Anschlußmöglichkeit (eine Verbalwurzel
uridg. *ĝh/ghet- kann für das Uridg. nicht
wahrscheinlich gemacht werden) eher nicht
in Frage kommt, kann vielleicht eine Ablei-
tung mit dem sekundären Suffix *-tmo- er-
wogen werden (zu deverbalen Ableitungen
mit dem Suffix *-tmo-, das aus mo-
Ableitungen von Verbalwurzeln mit auslau-
tendem Dental abstrahiert ist, vgl. Krahe-
Meid 1969: 3, § 104, 2). Als zugrundelie-
gende Verbalwurzel kommt vielleicht uridg.
*gheh₁- ‚kommen, erreichen‘ (→ gangan) in
Frage, wodurch sich eine Vorform vorur-
germ. *ghǝ₁tmo- ergäbe. Als semantische Pa-
rallele für eine anzunehmende Entwicklung
‚wo man (hin-)kommt, was man erreicht‘ →
‚Raum, Zimmer‘ kann dabei gr. σταθμός
‚Standort‘ angeführt werden, eine Ableitung
mit dem ebenfalls sekundären Suffix -θμο-
von der Verbalwurzel uridg. *steh₂- ‚sich
hinstellen‘, also ‚wo man sich hinstellt‘ →
‚Standort‘. Daß eine Ableitung eines Bewe-
gungsverbs das Bedeutungsmerkmal der
‚Bewegung‘ verlieren kann, zeigt auch das
Nebeneinander von got. -gahts ‚das Gehen‘
und aisl. gátt ‚Türöffnung, Türrahmen‘ (<
urgerm. *anχti-).
Walde-Pokorny 1, 532.