bisônAWB sw. v. II, nur in Gl.: ‚biesen, umher-
stürmen, wild herumlaufen, lascivire‘ (nur
Part. Präs., eine [junge] Kuh beschreibend: lat.
vacca, vgl. Hos. 4, 16; vitula, vgl. Jes. 15,
4[5]; dreimal glossiert bisontiu [kalba] conter-
nans [vitula], was von den Schreibern — viell.
schon vom Glossator — nicht ganz verstanden
wurde: zweimal [Gl. 3, 78, 6 und 333, 5] steht
consternans, das zweite Mal mit s von anderer
Hand übergeschrieben). 〈Var.: bis-, pis-, bes-;
-ont-, -ent-, -int-, -ind-〉. — Mhd. bisen, nhd.
mdartl. (weit verbreitet) bisen, bisnen ‚umher-
rennen wie von Bremsen (‚Biesfliegen‘) geplag-
tes Vieh‘.
Es ist nicht notwendig, neben bisôn auch bisen sw. v. I
anzusetzen, wie bei Raven, Schw. Verben d. Ahd. I, 8,
denn alle Belege mit -e-, -i- befinden sich in spätobd.
Hss. (12.-13. Jh.), wo das in unbetonter Mittelsilbe
nach kurzer Wurzelsilbe schon früh geschwächte -ô-
nicht nur als -e-, sondern auch als -i- vorkommt (vgl.
Schatz, Ahd. Gr. § 491. 493; A. L. Lloyd, JEGP 60
[1961], 91 ff.).
Ahd. Wb. I, 1120; Splett, Ahd. Wb. I, 70; Starck-
Wells 60. 793; Graff III, 216; Schade 68 f.; Lexer I,
284; Benecke I, 168; Dt. Wb. II, 46; Kluge²¹ 79; Klu-
ge²² 87 (s. v. Bise). — Zu den nhd. Mdaa. vgl. u. a.
Schweiz. Id. IV, 1684 f.; Ochs, Bad. Wb. I, 238; Fi-
scher, Schwäb. Wb. I, 1138; Schmeller, Bayer. Wb.² I,
291; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. III,
219 (pisel[e]n). 220 (pis[n]en); Müller, Rhein. Wb. I,
719 f.; Christmann, Pfälz. Wb. I, 939; Crecelius,
Oberhess. Wb. 161; Vilmar, Id. von Kurhessen 38;
Müller-Fraureuth, Wb. d. obersächs. Mdaa. I, 106;
Mitzka, Schles. Wb. I, 129 (bieseln, biesen).
Germ. Entsprechungen mit derselben Bed. sind
mndd. bis(s)en, bēsen, nndd. bis(s)en; mndl. bi-
sen. Wohl aus dem Mndd. entlehnt sind ndän.
bisse, aschwed. bisa, nschwed. besa. Verwandt
ist wohl nnorw. mdartl. bisa ‚schwatzen, scher-
zen‘. Aus dem Germ. entlehnt ist afrz. biser,
mfrz. nfrz. mdartl. bezer, beser; wohl auch lett.
bizinât, -nêt, bizenêt, mit derselben Bed.
Die germ. Wörter stammen wahrscheinlich aus
einer Schallwurzel *bis-, *biz- ‚schwirren‘. Zur
Bed. vgl. nhd. (herum)schwirren, ne. to buzz
‚schwirren, summen‘, auch ‚schwatzen‘, to buzz
around ‚herumschwirren‘. Ähnliche einzel-
sprachlich entstandene Schallwurzeln sind z. B.
ne. buzz (s. o.), mdartl. (schott.) auch bizz;
poln. bzykać, bzikać ‚summen‘, bzik ‚Fimmel;
verrückter Kerl‘, mdartl. zbzikować ‚wild her-
umlaufen‘ (von einer Kuh); tschech. bzikati
‚summen, wild herumlaufen‘ (von einer Kuh);
russ. bzyk ‚Biesfliege; Gebrüll einer von Bies-
fliegen oder großer Hitze geplagten Kuh‘ (vgl.
Brückner, Słownik et. polsk. 54; Sławski, Słow-
nik et. języka polskiego 53).
Weniger wahrscheinlich ist Herleitung aus der idg.
Wz. *bhōi̯-: *bhǝi̯-: *bhī- ‚sich fürchten‘ (→ bibên) mit
s-Erweiterung, wie in aind. bhyásate ‚fürchtet sich‘,
bhīṣáyate ‚schreckt‘ usw.; vgl. Kluge²¹ 79 f.; Walde-
Pokorny II, 125; Pokorny 162; Mayrhofer, K. et. Wb.
d. Aind. II, 472; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 246.
Zur selben Sippe wie bisôn gehören wohl ahd.
bîsa ‚Sturmwind‘ (s. d.); mndd. bīster ‚umherir-
rend, verwirrt, verwildert usw.‘; mndl. bijster
‚dss.‘, nndl. bijster ‚verwirrt‘, vgl. nhd. verbie-
stern (mdartl. auch biester adj., biesterei, bie-
stern, Rhein. Wb. I, 685); viell. auch mndl. be-
sich, nndl. bezig ‚beschäftigt‘, ae. bisig, bysig,
me. bisi, busi, ne. busy ‚dss.‘.
Wißmann, Nomina Postverb. 78; Frings, Germania
Romana 8 Anm.; I², 13 Anm.; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 238 (bēsen). 284 (bis[s]en). 285
(bīster); Woeste, Wb. d. westf. Mda. 31; Bretschnei-
der, Brandenb.-berlin. Wb. I, 613 f.; Wossidlo-Teu-
chert, Meckl. Wb. I, 893 f.; Frischbier, Preuß. Wb. I,
84 f.; Ziesemer, Preuß. Wb. I, 621; Verdam, Mndl.
handwb. 83 (besich). 98 (bijster). 100 (bisen); Franck,
Et. wb. d. ndl. taal² 61; Suppl. 19 (bezig). 65; Suppl.
20 (bijster); Vries, Ndls. et. wb. 54 (bezig). 58 (bijster);
Holthausen, Ae. et. Wb. 24; Bosworth-Toller, AS
Dict. 141; Suppl. 94; ME Dict. A—B, 898 f.; OED² II,
701; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 75; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 24; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 38;
Wartburg, Frz. et. Wb. I, 380 f.; XV, 1, 119 f.; Meyer-
Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 1129a; Mühlenbach-End-
zelin, Lett.-dt. Wb. I, 302.