altziergerner
Band I, Spalte 184
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altziergerner (?), zweimal, nicht unabhängig
voneinander, belegt, als Gl. zu lat. veternosus
altersmüde, schlafsüchtig, matt, und zwar Gl.
3, 179, 58 aus einer ehemals in St. Blasien be-
findlichen Hs. des 12. Jh.s, wohl (rh)frk., das
zweite Mal Gl. 3, 75, 59 in der Hs. Trier 31;
13. Jh., wohl mfrk., in gleicher Schreibung, nur
daß hier -c- steht für -z-. Bei der Glossierung
handelt es sich letzten Endes um ein Kapitel
aus Isid. Etym. I, 3 De aetate hominis, aber das
ungewöhnliche lat. Wort veternosus begegnet
nicht bei Isidor selbst, ebensowenig das in bei-
den Hss. unmittelbar vorher verzeichnete lat.
Lemma silicern(i)us, das mit ahd. altriso u. ä. (s.
d.) wiedergegeben wird. Dagegen finden sich
beide Vokabeln bei Festus-Paulus (2. Jh. n.
Chr.) 377 § 294 sowie in den Schriften des viel-
glossierten F. C. G. Fulgentius (467532), De
aetatibus mundi et hominis Ch. I, 5 (S. 133, 16)
und Expositio sermonum antiquorum 8 (hrsg.
von R. Helm).

Der bisher einzige Erklärungsversuch lief dar-
auf hinaus, daß es sich um ein verschriebenes
*alt-giergerter handeln könnte (Ahd. Wb. I, 299
mit Hinweis auf J. Weisweiler, IF 41 [1923], 23,
und Fritzner, Ordb. over d. g. norske sprog I,
351) durch Alter seiner Manneseigenschaft be-
raubt, kindischer Greis
, doch scheitert das
wohl daran, daß das auch im Anord. höchst sel-
ten belegte Verb ergjask im Ahd., ja, überhaupt
außernordisch nirgends bezeugt ist und daß
auch der spezielle Nebensinn von altersbeding-
ter geschlechtlicher Impotenz (argr bedeutet zu-
weilen geil oder pervers, s. d.) nicht in Frage
kommt. (Graffs Einordnung des Glossenworts
unter gern, IV, 235, war erst recht nur eine Ver-
legenheitslösung.)

Wenn man aber schon mit Verlesen oder Ver-
schreiben rechnet, so ließe sich vielleicht eben-
sogut hinter der überlieferten Buchstabenfolge
-zier- bzw. -cier- ein ursprl. -sili- vermuten,
und das an derselben Stelle genannte lat. sili-
cern(i)us (vor Alter) hinfällig hätte sich mit der
ahd. Endung -er des st. nom. sg. m. (ähnlich
dem unmittelbar darauffolgenden adj. alter für
lat. avitus) und dem lat. veter- sowie dem
ganzen Kontext zuliebe mit vorgesetztem
ahd. alt- eine notdürftige Eindeutschung gefal-
len lassen eine Mahnung, auch widerspenstige
Glossenformen nicht außerhalb ihres Zusam-
menhangs zu analysieren, zumal bei sachlich
geordneten Glossaren! Daß die Fehlschrei-
bung
ausgerechnet die Form -zier- (-cier-) er-
gab, ließe sich vielleicht durch falsche Assozia-
tion des ungebräuchlichen veternosus mit venu-
stus anmutig, zierlich, reizend erklären: ahd.
zierî erscheint wiederholt (Gl. 2, 32, 59. 2, 515,
41) als Glosse zu lat. venustas.

Zu der schon bei den Alten vielumstrittenen
Etym. von lat. silicern(i)us (= der schon die
[sein Grab bedeckenden] Kieselsteine erahnt

Fulgentius a.a.O.), s. Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 536 f.

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