*brieggoAWB m. n-St., nur Notker, Rhet. akk.
pl. prîeken (-chen) máchondo ‚ora torquendo‘:
‚verzerrtes Gesicht‘ (zum Ansatz mit -gg- vgl.
Schatz, Ahd. Gr. § 237; R. Pestalozzi, PBB 41
[1916], 146 und die unten erwähnten Mund-
artwörter). — Mhd. brieke ‚Flenngesicht‘. Ob-
gleich das Wort der nhd. Schriftsprache fehlt,
ist es, wie auch das verwandte Verb, in den
obd. Mdaa. weitverbreitet: schweiz. briegg m.
‚zum Weinen verzogenes Gesicht‘, brieggen f.
‚dss.‘, auch ‚verzerrtes Gesicht, Grimasse‘,
brieggen vb. ‚den Mund, das Gesicht verzie-
hen, Grimassen schneiden; weinen‘ (Schweiz.
Id. V, 530 ff.); els. briegen ‚weinen‘ (Martin-
Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. II, 184); bad.
brieggen ‚dss.‘ (Ochs, Bad. Wb. I, 325);
schwäb. briegen ‚dss.‘ (Fischer, Schwäb. Wb. I,
1417); vorarlberg. briegge m. ‚wer oft und lan-
ge weint‘, f. ‚weinerliches Gesicht‘, brieggen
‚das Gesicht verziehen, Gesichter schneiden
zur Verspottung anderer; weinen‘ (Jutz, Vor-
arlberg. Wb. 449 f.); bair. briegen, briecken
‚(mit verzerrtem Gesicht) weinen‘ (Schmeller,
Bayer. Wb.² I, 346. 352); österr. priek(e),
priegge ‚verzerrter Mund, weinerl. Miene‘,
prieken, prieggen ‚den Mund (zum Weinen)
verziehen, zu weinen beginnen‘ (Kranzmayer,
Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. III, 950; vgl. auch
Schöpf, Tirol. Id. 58; Schatz, Wb. d. tirol.
Mdaa. 109). Zu schweiz. und schwäb. Neben-
formen mit -n- (brieng[g]en usw.) vgl. Lühr,
Expressivität 100.
Ahd. Wb. I, 1383; Splett, Ahd. Wb. I, 1212; Schütz-
eichel⁴ 81; Graff III, 281. 364; Sehrt, Notker-Gl. 21;
Lexer I, 353; Benecke I, 248; Dt. Wb. II, 382. Vgl.
auch J. Berrer, Verbale Bildungsmittel zur Intensivie-
rung im Alemannischen (Diss., Tübingen, 1934), 52;
H. Glombik-Huyer, Dt. Wortf. in eur. Bez. 5 (1968),
65 ff.
Das Wort hat keine germ. Entsprechungen und
keine befriedigende Etymologie (vgl. Dt. Wb.,
a. a. O.; Lühr, a. a. O.). Die Verbindung mit gr.
βρύχω ‚mit den Zähnen klappern‘, βρῡχάομαι
‚brüllen, heulen‘ ist aus lautlichen Gründen (vgl.
Frisk, Gr. et. Wb. I, 272 [βρύκω]. 273. 274; Po-
korny 485 f. [*gu̯rēu̯g̑h-]), die mit gr. βρέχω
‚nässen, überfluten‘ aus semantischen und lautli-
chen Gründen abzulehnen (vgl. Frisk I, 267;
Pokorny 738 [*meregh-]). Kaum besser mit Ab-
lautentgleisung zu aisl. braga ‚glänzen, flim-
mern‘ (> ‚die Zähne zeigen‘ > ‚das Gesicht ver-
zerren‘, Lühr, a. a. O.).
Ahd. *brieggo ist jedenfalls auf eine germ. Wz.
*reu- (mit expressiver Gemination [? vgl.
Lühr, a. a. O.] zurückzuführen; da die Bed.
‚weinen‘ der späteren Verben wohl sekundär ist,
war die ursprl. Bed. dieser Wz. etwa ‚verzerren,
verziehen‘. Eine solche Wz. ist nirgends belegt,
aber eine mit abweichendem Schlußkons. und
Ablaut: *rauk- begegnet in ahd. brouchen, -ôn
(s. d.), das u. a. ‚krümmen, biegen‘ bedeutete
und auch sehr oft im negativen Sinn gebraucht
wurde (z. B. zi niowihti gibrouchit, -ôt ‚ad nihi-
lum redactus‘). Ein unerklärtes Nebeneinander
von -gg- und -k(k)- kommt auch sonst im Ahd.
vor (vgl. z. B. hâgo, hacko, hâcho, hâco ‚Haken‘,
krâgo, kracko, kracho ‚dss.‘, vgl. Lühr, a. a. O.
285 ff.); im Falle der Sippe von *rauk- ist aber
schon im Idg. Wurzelauslautvariation vorhan-
den: vgl. lit. brũžyti ‚scheuern, schrubben, durch
Reiben geschmeidig machen‘ (zu *bhreu̯-g̑-): lit.
braũkti ‚wischen, streichen‘ (zu *bhreu̯-k-);
Weiteres → brouchen. Germ. *reu- könnte auf
idg. *bhreu̯k- (nach Verners Gesetz) oder auf
eine sonst nicht bezeugte Variante *bhreu̯gh- zu-
rückgehen, aber die Verknüpfung ist sehr unsi-
cher.
Ähnlich schon Fischer, a. a. O., der aber ein nicht exi-
stierendes ahd. Verbum *briohan ansetzte.