drûbaAWB f. n-St., nur in Gl., seit dem 10. Jh.:
‚Traubenbeere, Traube, acinus, botrus, race-
mus‘ 〈Var.: t-, -p-〉; drûboAWB m. n-St., Otfrid,
Notker und in Gl.: ‚dss.‘ 〈Var.: t-, -p-, -pp-〉.
Identisch mit ahd. drûbo ist das im Abrogans
(Gl. 1, 74, 6) belegte Pa, Ra drupo, K thrupo
‚Heerschar, cuneus‘. Zu der im Abrogans be-
zeugten Bedeutung ‚cuneus‘ stimmt z. B. die
von nhd. dial. bair. trauppen ‚Haufen von Ein-
zelsachen, -wesen‘, kärnt. traupe m. ‚Menge
von kleinen zusammenhängenden Dingen,
schwärmende Bienen‘, steir. traupe ‚Schock,
größere Anzahl z. B. von Menschen‘, Bedeu-
tungen, die in diesen Dialekten jeweils neben
‚Traube‘ stehen; vgl. auch die Bedeutungen der
l-Ableitung nndd. drubbel (s. u.). — Mhd. trû-
be, troube m., selten f. ‚Traube; ein Ganzes
von mehreren zusammenhängenden einzelnen
Dingen‘, nhd. Traube f. Neben dem Mask. ist
das sw. Fem. für die älteren Sprachstufen dün-
ner bezeugt. Doch sind die ältesten Belege
mehrdeutig: Gl. 1, 363, 32 Karlsruhe Aug. IC
drubun ‚botrum‘ alem. 9. Jh. Das Mask.
herrscht noch im Frühnhd. vor, es reicht in zu-
sammenhängender Bezeugung schriftsprach-
lich bis zum Ende des 17. Jh.s und gilt nhd.
dial. besonders im Westen und Süden in den
weinbautreibenden Gegenden. Der seit dem
Spätahd. nachweisbare tr-Anlaut hat sich erst
allmählich auf Kosten von dr- (hauptsächlich
im Md. und Alem., schriftsprachlich bis ins
17. Jh.) durchgesetzt, bei Luther erscheint
draube.
Splett, Ahd. Wb. I, 154; Schützeichel⁴ 93; Starck-
Wells 108 f. 801. 841; Graff V, 251 f.; Schade 112 f.;
Lexer II, 1533; Benecke III, 118; Diefenbach, Gl. lat.-
germ. 9 (acimus). 79 (botrus). 162 (cuneus). 482 (race-
mus); Dt. Wb. XI, 1, 1, 1286 ff.; Kluge²¹ 786; Kluge²²
737; Pfeifer, Et. Wb. 1831; Weigand, Dt. Wb.⁵ II,
1063 f.; Schatz, Ahd. Gr. § 373. — Schweiz. Id. I, 378;
III, 483; Fischer, Schwäb. Wb. II, 327 f.; Schmeller,
Bayer. Wb.² I, 672; Lexer, Kärnt. Wb. 67; Schöpf, Ti-
rol. Id. 753; Unger-Khull, Steir. Wortschatz 166; Woe-
ste, Wb. d. westf. Mda. 60; Alanne, Dt. Weinbautermi-
nologie 24. 103 f.; ders., Neuphil. Mitt. 59 (1958), 119.
Ahd. drûba, -o entsprechen: as. drūva f. ‚Trau-
be‘, andfrk. (Gl. 1, 711, 12) thruuon, mndd. drūf
f. (pl. drǖve, drūve[n]), drūve f. ‚Traube,
schwärmende Bienentraube, Knauf, Handgriff
des Bohrers‘ (> ndän. drue, mschwed. vindru-
va, nschwed. druva ‚Traube‘); mndl. drūve,
nndl. druif ‚Traube‘; nwestfries. drúf ‚Traube‘
(sekundärer a-St.?): < urgerm. *þrū-an(-ōn)-
‚Klumpen, Büschel‘. Das Wort stellt sich zu den
l-Ableitungen mndd. drūfele ‚Traube, bewegli-
cher Teil des Bohrers‘; nostfries. drufel ‚Büschel
von Früchten oder Beeren‘ < *þrūala- (nwest-
fries. drūf ‚fest, dicht, gedrängt‘). Eine andere
Ablautstufe und Konsonantengemination, teils
Doppelmedia, zeigen: schweiz. truppele ‚Schar‘
(truppelnchirsen ‚Kirschen, die in Haufen wach-
sen‘); nndd. drubbel ‚Traube; dichter Men-
schenhaufen‘; nostfries. drubbel, druppel ‚Klum-
pen, Knäuel, Haufen, Menge, Schar‘; me. þrup-
pe ‚Gedränge, Haufe, dichte Schar‘ (wegen þ
kaum aus dem Frz.), nschwed., ndän., nnorw.
dial. trubb ‚kurze dicke Figur, Stumpf, Stum-
mel‘ (vgl. westfäl. drúwe ‚Faßdaube‘ neben
‚Klotz‘), nschwed. dial. trobbil ‚feistes und run-
des Wesen‘, nschwed. trubbig ‚stumpf‘. Doppel-
media findet sich auch sonst in Wörtern, deren
Wortbedeutung auf der Vorstellung von etwas
Dickem beruht; vgl. anord. stubbi, stubbr
‚Stumpf, Baumstumpf‘. Auch wohl analogische
ū-Dehnstufen wie in *þrū-an(-ōn)- erscheinen
in solchen Wörtern; vgl. anord. stúfr ‚Stumpf,
Stück‘ (Lühr, Expressivität 257. 294. 306).
Fick III (Germ.)⁴ 195; Holthausen, As. Wb. 14; Wad-
stein, Kl. as. Spr.denkm. 178; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 487 f. 490; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 590; Verdam, Mndl. handwb. 154; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 139; Vries, Ndls. et. wb. 140; Doorn-
kaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 343 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. I, 299; Stratmann-Bradley, ME Dict.³
638; Falk-Torp, Norw.-dän. et. wb. 158; Torp, Ny-
norsk et. ordb. 809; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 157.
1226; O. v. Friesen, Om de germanska mediageminator-
na med särskild hänsyn till de nordiska språken (Upsala,
1897), 87 f.; K. F. Johansson, Zfvgl.Spr. 36 (1900),
366. — Nhd. Trupp(e) ist nicht von nostfries. druppel
(so z. B. Falk-Torp, a. a. O. 1287) ausgegangen, son-
dern aus frz. troupe entlehnt (→ dorf).
Außerhalb des Germ. vergleicht sich: aksl. trupъ
m. ‚Leichnam, Aas‘, trupije n. ‚Leichname‘,
aruss. trupъ ‚Baumstamm, Leiche, Leichenfeld‘
< *traupa- m. ‚Klotz‘; lit. trupà ‚Brocken,
Schutt, Trümmer‘ (lit. trupti, -pù, -pjau
‚bröckeln, krümeln, locker sein, auseinanderfal-
len‘, trupùs ‚locker, brüchig, bröckelig‘),
apreuß. trupis ‚Klotz‘ < *trup-o / i-. Von der
Bedeutung her ferner steht das von Persson,
Beitr. z. idg. Wortf. 858 verglichene Verb gr.
τρῡπάω ‚bohre, durchbohre‘.
Walde-Pokorny I, 732; Pokorny 1074 (jedoch ohne
Verweis auf ahd. drûba); Frisk, Gr. et. Wb. II, 937;
Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 326 f.; Sadnik-Aitzetmül-
ler, Handwb. z. d. aksl. Texten 139. 322; Vasmer,
Russ. et. Wb. III, 143 f.; Fraenkel, Lit. et. Wb. 1132 f.;
Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 451. — s-mobile-halti-
ges aksl. strupъ m. ‚Wunde, Verwundung‘, auf das
Sadnik-Aitzetmüller im Zusammenhang mit aksl.
trupъ verweisen (ebenso F. Specht, Zfvgl.Spr. 68
[1944], 123), weicht in der Bedeutung zu sehr ab.
Lautlich unvereinbar mit dem Wort Traube ist das von
J. Grimm, Kleinere Schriften V (Berlin, 1871), 412 ver-
glichene nir. trapán, tropán ‚Klumpen‘. Auch M.-M.
Radulescus (JIES 3 [1975], 385 ff.) Verbindung von
ahd. drûba und gr. στρύχνον Name verschiedener
Pflanzen, z. B. ‚Nachtschatten‘, „daco-roman.“ strúgu-
ri pl. ‚Trauben‘ unter einer gemeinsamen Vorform
*strugu̯h- entbehrt der lautlichen Grundlage.