erzibiskofAWB m. a-St., nur in Gl. des 12., 13.
und 13./14. Jh.s: ‚Erzbischof, archiepiscopus,
metropolitanus‘ 〈Var.: -ci-, -ze-; -biscofh, -bi-
schof〉. — Mhd. erze-, erzbischof, nhd. Erzbischof.
Ahd. Wb. III, 436; Splett, Ahd. Wb. I, 70; Starck-
Wells 133 f. 805; Graff III, 353; Schade 154; Lexer I,
704; Benecke I, 168; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 46.
360 (archiepiscopus, metropolitanus); Dt. Wb. III,
1080; Kluge²¹ 174; Kluge²² 188; Pfeifer, Et. Wb. 376;
Franz, Lat.-rom. El. im Ahd. 26; Ebel, Lehnw. d. dt.
Spr. 19.
Als Wiedergabe von lat. archiepiscopus enthält
ahd. erzibiskof (→ biskof) im Vorderglied das
Präfix erzi-, das über kirchenlat. archi- auf gr.
ἀρχι- ‚der erste, oberste‘ zurückgeht (vgl. auch
spätlat. archidiāconus). Als der Übergang zum
Dt. stattfand, wurde ch bereits mit der von
Nordafrika ausgehenden z-Aussprache (arci-)
wiedergegeben. Im Mhd. folgen erzpriester, -en-
gel, diesem wiederum erzbote und im 15. Jh.
weltliche dt. Bildungen wie erzbuobe, erzkanz-
ler, erzmarschalc, erzschelm, im 17. Jh. Adjektive
wie erzfaul, erzdumm. Auch in anderen germ.
Sprachen fungiert das Präfix, von Bezeichnun-
gen für Amtspersonen in hervorragender Stel-
lung ausgehend, als Steigerungspräfix; vgl. etwa
ne. archagitator, archcharlatan, archdevil, arch-
robber, nndl. aartsdief, aartsschurk, (nach dt.
Vorbild) nschwed. ärkenöt ‚ausgemachtes Rind-
vieh‘, ärkedum ‚stockdumm‘.
Ebenso greift im Roman. archi- ‚Erz-‘ im 15./16. Jh.
um sich und wird scherzhaft als Steigerungspräfix ver-
wendet: archipirate, archirenard, archicatholique, ar-
chipilote. Dieser Sprachgebrauch hat schon im Lat.
Vorläufer; vgl. Cicero archipīrāta ‚Haupt der Korsa-
ren‘. Auch hier liegt der Ausgangspunkt bei Bezeich-
nungen wie archimagīrus ‚Oberkoch, Küchenmeister‘,
archisacerdōs ‚Oberpriester‘, archigallus ‚Oberpriester
der Kybele‘.
Eine ähnliche lautliche Entwicklung wie das
ahd. Präfix zeigen die Präfixe in mndd. ersebi-
schop, -bischup; mndl. ertsbisscop, erdsch-, erds-,
erdersch-, ertsche bisscop; afries. erzebiskop. In
mndl. ardsbisschop, ardsche bisschop (nndl. aarts-
bisschop), afries. arsebiscop fehlt der Umlaut,
wobei die mndl. Formen mit -d- auf volksety-
mologischer Angleichung an aarde ‚Erde‘, aards
‚irdisch, weltlich‘ beruhen. Dagegen scheint in
den Schreibungen mndd. archebischop, mndl. ar-
chebissc(h)op das Präfix unverändert aus lat. ar-
chiepiscopus übertragen zu sein. Im Ae. kann in
ærce-, ercebiscop, arcebiscop (me. erche-, arche-
bishop, ne. archbishop) Substitution für älteres
hēah in ae. hēahbiscop ‚Erzbischof‘ vorliegen
(vgl. auch ae. hēahengel, hēahdiacon). Das Prä-
fix wurde im Ags. dabei mit alter k-Aussprache
übernommen, wie zum einen die Entwicklung
zum Ne. (me. erche-, arche-, ne. arch- mit Ein-
wirkung von afrz. arche- und arch- in archan-
gel), zum anderen die Entlehnung ins Skand.
zeigt. So stammen aus ae. ærce- oder arcebiscop
die Lautformen aisl. erkibiskup, nisl. erki-,
nnorw. erke-, nschwed. ärke-, ält. ndän. ærchi-,
ndän. ærke- und vermutlich arka- in (Rímur) ar-
kadrǫttr m. ‚Erztölpel‘. Auch in got. arkaggilus
‚Erzengel‘ (nur gen. arkaggilaus), das (ebenso
wie mhd. erzengel, nndl. aartsengel) aus lat. arch-
angelus entlehnt ist, findet sich Aussprache als -k-.
Me. erchevesque ist aus frz. archevêque (afrz. arceves-
que, prov. arcivesque, italien. arcivescovo, span. arzo-
bispo < lat. archiepiscopus) entlehnt.
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 119. 605;
Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I, 730; Verdam, Mndl.
handwb. 43 f. 168; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 6 f.;
Vries, Ndls. et. wb. 6; Holthausen, Afries. Wb.² 21;
Richthofen, Afries. Wb. 608. 716; Holthausen, Ae. et.
Wb. 7; Bosworth-Toller, AS Dict. 17. 48. 257. 515;
Suppl. 18. 515; ME Dict. A—B, 356 f.; E—F, 215;
OED² I, 609 f.; Vries, Anord. et. Wb.² 104; Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 941. 952. 981; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 52; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
196; Torp, Nynorsk et. ordb. 90; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 1445; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 57; Lehmann,
Gothic Et. Dict. A-197. — Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 44; Wartburg, Frz. et. Wb. I, 128; Gamillscheg,
Et. Wb. d. frz. Spr.² 48; ders., Le français moderne 29
(Paris, 1961), 89 f.
Das Präfix gehört zu gr. ἀρχός ‚Anführer‘,
ἄρχω ‚bin der erste‘. Es wurde bereits im Griech.
zur Bezeichnung von Personen, die eine hervor-
ragende Stellung einnehmen, verwendet; vgl.
ἀρχεδέατρος ‚Obertruchseß am ptolemäischen
Hof‘, ἀρχέμπορος ‚Vorsteher einer Vereinigung
von Kaufleuten‘, ἀρχιερεύς ‚Oberpriester‘. Die
ältere Form lautet auf -ε aus, später begegnet
wohl unter Einfluß des Typs τερπικέραυνος ‚der
sich an Donner und Blitz erfreut‘ (Beiname des
Zeus) auslautendes -ι (s. o.); vgl. ἀρχιθέωρος
‚Oberhaupt einer Festgesandtschaft‘, ἀρχι-
τέκτων ‚Hauptbaumeister‘.
Frisk, Gr. et. Wb. I, 159. 442; Chantraine, Dict. ét. gr.
119 f.
S. auch biskof.