flîzanAWB st. v. I, in Texten und Gl. seit dem
8. Jh.: ‚kämpfen, streiten, sich befleißigen, sich
anstrengen, sich bemühen, sich beeilen, agoni-
zare, certare, conari, confligere, contendere, in-
tendere, niti, parare, satagere‘ 〈Var.: v-; -zz-,
-ssc-; prät. fleiz, fliz(z)un, part.prät. gifliz-
(z)an〉. — Mhd. vlîzen ‚eifrig sein, streben, sich
bemühen, sich befleißigen‘, nhd. (veraltet)
(sich) fleißen, heute durch (sich) befleißigen,
seltener befleißen ersetzt.
Ahd. Wb. III, 987 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 248; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 302; Schützeichel⁵ 136; Starck-Wells
165; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 216 f.; Graff
III, 778 f.; Schade 206; Lexer III, 408; Benecke III,
351; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 138 (conari). 381 (niti:
fleiß thun); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 28 (agonizare).
99 (certare). 124 (conari). 131 (confligere). 144 f. (con-
tendere). 347 (intendere). 430 (niti). 463 (parare). 589
(satagere). 26 f. (studiis agi); Dt. Wb. III, 1765 f.; Klu-
ge²¹ 205 (Fleiß); Kluge²⁴ 300 (Fleiß); Pfeifer, Et.
Wb.² 354 (Fleiß).
Entsprechende Verben sind ursprl. nur im West-
germ. belegt: as. andflītan ‚sich bemühen, nach
etwas trachten, niti‘ (nur Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 14, 9 [Index 169]), mndd. (sik) vlī-
ten ‚streben, sich bemühen‘; mndl. vlīten ‚eifrig
sein, sich beeifern, bemühen‘; nostfries. beflīten
‚(sich) befleißigen, bemühen, beeifern, beeilen‘;
ae. flītan ‚streiten, zanken‘, me. flīten ‚dss.‘ (ne.
nur noch mdartl. flite, flyte ‚zanken, schelten‘).
Ndän. beflitte (sig) ‚sich befleißigen‘, nnorw.
flitta ‚sich beeilen‘ sind aus dem Mndd. ent-
lehnt.
Fick III (Germ.)⁴ 252; Seebold, Germ. st. Verben
199 f.; Holthausen, As. Wb. 21; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 748; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. V, 276; Verdam, Mndl. handwb. 721; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 59 (bevlijtigen). 750 (vlijt); Vries,
Ndls. et. wb. 53 (bevlijtigen). 792 (vlijt); Doornkaat
Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 513; Holthausen, Ae.
et. Wb. 108; Bosworth-Toller, AS Dict. 293; Suppl.
225; ME Dict. E-F, 643; OED² V, 1066; Falk-Torp,
Norw.-dän. et. Wb. 236. 1461 (flid); Torp, Nynorsk
et. ordb. 122.
Diese Wörter haben keine sicheren Anschluß-
möglichkeiten außerhalb des Germ. Da die
ursprl. Bed. des germ. Verbs wohl ‚streiten‘ war,
kann es viell. (trotz Walde-Pokorny II, 684) auf
die idg. Wz. *(s)plei̯- ‚spalten‘ mit d-Erweite-
rung zurückgehen (vgl. H. Schröder, ZfdPh. 37
[1905], 394 f.). Zur Bed.entwicklung vgl. nhd.
Zwiespalt. Neben germ. Formen mit d-Erweite-
rung und s-Anlaut (z. B. nhd. spleißen, Splitter)
sind auch s-lose Formen belegt: aisl. flís ‚Schnit-
zel, Splitter‘ (< *plei̯d-to-?), mndd. vlīse
‚Fliese, Steinplatte‘ > nhd. Fliese (es sei denn,
daß das mndd. Wort durch n-Verlust aus
*vlinse entstanden ist; vgl. mndd. vlins ‚Kiesel,
harter Stein‘ und → flins; zu den nasalierten Va-
rianten dieser Sippe vgl. Lühr, Expressivität
105 f.). Außergerm. Formen mit d-Erweiterung
sind air. sliss, slissiu ‚Schnitzel, Splitter‘ (<
*splid-ti-, -tiō-). Wegen des Mangels an Ent-
sprechungen mit der Bed. ‚streiten‘ oder Ähnli-
chem kann diese Etym. höchstens als „möglich“
gelten.
Pokorny 1000; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. S-136;
Dict. of Irish S-277; Fick II (Kelt.)⁴ 320; Vries, Anord.
et. Wb.² 132 (irrig: zur Wz. *plē-).
Nach H. Petersson, PBB 38 (1912—13), 316 f. gehören
die germ. Wörter zu lett. plîtiês ‚sich aufdrängen, be-
harrlich verlangen, fordern‘. Diese Verknüpfung wird
auch von Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. III,
350 für möglich gehalten, aber sie führt uns nicht wei-
ter, denn auch dieses Wort ist sonst etymologisch dun-
kel.
Andere, wohl verfehlte Etymologien:
Fr. A. Wood, Mod. Philol. 4 (1906—07), 491 f.: zu einer
Basis *plei̯d- ‚stretch out, aim at, strive for, contend,
etc.‘ in lit. atsi-plaitýti ‚sich breit machen‘, gr. πλίσσω
‚stretch out, stride‘, aisl. flíka ‚ausspannen, ausdeh-
nen, prahlen‘. Zur Bed.entwicklung vergleicht er lat.
con-tendo usw. Das aisl. Wort scheint aber nicht zu
existieren; das gr. Wort ist etymologisch dunkel (vgl.
Frisk, Gr. et. Wb. II, 563); das lit. Wort ist wohl „als
Ablautsentgleisung[en] erwachsen an plìsti ..., das mit
plsti ‚ausbreiten‘, platùs ‚breit‘ ablautet“ (Fraenkel,
Lit. et. Wb. 613) und geht nicht auf *plei̯d- zurück.
Seine frühere Etym.: von einer Basis *tlei̯d- zu lat. stlīs
‚strife, dispute‘ (Americana Germanica 3 [1899—1900],
314 f.) hat Wood selbst aufgegeben.
Mann, IE Comp. Dict. 949, vergleicht ir. leide ‚daring,
feat‘, kymr. llwydd ‚success, achievement‘, aber diese
Wörter sind weder im Dict. of Irish noch im Dict. of
Welsh belegt.