grobAWB adj., bei N und in Gl. 3,384,49
(12/13. Jh., mfrk., rheinfrk.?): ‚körperlich
kompakt, grobschlächtig, tief-, dumpftönend;
corpulentus, gravis, grossus‘ 〈Var.: ger-;
-u-〉. — Mhd. g(e)rop, grob ‚an Masse groß,
reichlich, unfein, ungebildet‘, nhd. grob
‚rauh, nicht fein, derb, unhöflich, barsch‘.
Die mit grob verbundene negative Wertung,
in älterer Zeit besonders als Epitheton niede-
rer Stände (vgl. ein grober baur [Luther
30,3,239 W.]), tritt seit dem Nhd. stärker zu-
tage (vgl. grobe nation [Tieck, schr. 1,199]).
Ahd. Wb. 4, 441 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 762; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 435; Schützeichel⁶ 140. 281; Starck-
Wells 218; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 59;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 726; Graff 2, 356; 4,
309 f.; Lexer 1, 1092; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 295
(grossus¹); Dt. Wb. 9, 387 ff.; Kluge²¹ 272; Kluge²⁴
s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 608 f. — Sehrt 1962: 73.
Ahd. grob hat nur in festländisch westgerm.
Sprachen Entsprechungen: mndd. grof (-v-)
‚massig, groß, rauh, uneben, einfach,
schlicht‘ (hieraus spätaisl. grófr, nnorw.,
ndän. grov, aschwed. grover, nschwed. grov
‚groß, grob‘ entlehnt); mndl. grof, groef,
grouf, geroef, nndl. grof ‚dick, schwer, groß,
überflüssig, einfach‘ (hieraus ne. gruff
‚barsch, roh‘ entlehnt). Als Vorform werden
zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen.
Zum einen werden die Wörter auf westgerm.
*gi-χruba-, ein Kompositum aus *i- (→
gi-) und *χrua- (eine schwundstufige Bil-
dung zu *χreu̯a- ‚rauh, schorfig‘ [→ riob])
zurückgeführt, wobei angenommen wird,
daß die ahd., mhd. und mndl. Formen mit -e-
den Präfixvokal bewahrt hätten, während die
Formen mit gr- Synkope zeigen. Gegen die-
se Auffassung spricht jedoch das Fehlen ei-
ner weiteren Parallele einer solchen Synko-
pierung des Präfixes urgerm. *a-, zum an-
deren die Tatsache, daß es zwischen gr- ver-
breitet Sproßvokalbildung gibt (vgl. Reuter-
crona 1920: 152 f.). So bleibt die ältere Auf-
fassung von westgerm. *gruba- als Ablei-
tung von urgerm. *reu̯e/a- ‚zerreiben‘ (→
grouben) bestehen. Die Ausgangsbedeutung
für das Adj. ist dann ‚körnig, rauh‘, aus der
‚massig, dick‘ hervorgegangen ist.
Fick 3 (Germ.)⁴ 146; Heidermanns, Et. Wb. d. germ.
Primäradj. 306 f.; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 164 ff.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 149 f.;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 2162 ff.; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 217; Vries, Ndls. et. wb. 223; Et. wb. Ndl.
F-Ka 340; OED² s. v.; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske
sprog 1, 650; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 350 f.;
Nielsen, Dansk et. ordb. 163; Ordb. o. d. danske
sprog 7, 121 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 184; Hell-
quist, Svensk et. ordb.³ 302; Svenska akad. ordb. s. v.