imbiAWB m. ja-St., Gl. 1,278,72 (in 2 Hss.,
frühes 9. Jh., alem.) und LBS: ‚(Bienen-)
Schwarm; examen‘. — Mhd. imbe, imp(e),
imme st./sw.m. ‚Bienenschwarm, -stand‘,
nhd. mdartl. (s.u.) imb, imm(e) m. ‚dss.‘, in
der Hochsprache nur Imme f. ‚die einzelne
Biene‘.
Ahd. Wb. 4, 1491; Splett, Ahd. Wb. 1, 1220; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 577; Schützeichel⁷ 163; Starck-Wells
299; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 19; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 296 (II). 725 (I); Seebold,
ChWdW9 441; Graff 1, 257; Lexer 1, 1421; 3, Nach-
tr. 256; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 214 (examen);
Dt. Wb. 10, 2065 f.; Kluge²¹ 325; Kluge²⁵ s. v. Imme;
Pfeifer, Et. Wb.² 573 f. — Schweiz. Id. 1, 234 f. (imb m.
‚Bienenschwarm‘, immi n. ‚Biene‘); Martin-Lien-
hart, Wb. d. els. Mdaa. 1, 37 (imme m./n. ‚Bie-
nenschwarm, -stock‘, imm[e] f. ‚Biene‘); Ochs, Bad.
Wb. 3, 6 (imme m. ‚Bienenschwarm, -stock‘, veraltet
im[b] f. ‚Biene‘); Fischer, Schwäb. Wb. 4, 22 ff.
(imm[e] m. ‚Bienenschwarm, -stock‘, f. ‚Biene‘);
Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 79 f. (imb, imp, imm m.
‚Bienenschwarm, -stock‘, m./f. ‚Biene‘); Woeste, Wb.
d. westf. Mda. 111 (îmen m. ‚Bienenschwarm‘, îme f.
‚Biene‘).
Das Wort hat nur im Westgerm. Entspre-
chungen, z. T. mit abweichendem Genus,
z. T. mit der späteren Bed. ‚Biene‘: mndd.
im(m)e n., oft auch f. ‚Bienenschwarm,
-stand, Biene‘; mndl. imme f. ‚Biene‘; nwest-
fries. ime ‚Honigbiene‘; ae. imbe, ymbe n.(?),
m.(?) ‚Bienenschwarm‘: < westgerm.
*imbii̯a-.
Fick 3 (Germ.)⁴ 25 (embas, umbia); Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. 2, 1, 411 f.; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 2, 351; Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 3,
813; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 274 (s. v. imker);
Vries, Ndls. et. wb. 279 f.; Et. wb. Ndl. F-Ka 504 (s. v.
imker); Fryske wb. 9, 270; Holthausen, Ae. et. Wb.
187; Bosworth-Toller, AS Dict. 1295; Suppl. 590. —
Ritter 1993: 199 f. (mit der Annahme, dass das Wort
in finn. impi ‚Jungfrau, unverheiratete Frau, junges
Mädchen‘ entlehnt sei).
Das Wort hat keine sichere Etymologie. Man
kann aber davon ausgehen, dass es urspr. ei-
ne allgemeine kollektive Bed. ‚Schwarm,
Menge (von Insekten usw.)‘ hatte, die erst
durch den Zusatz ‚von Bienen‘ präzisiert
wurde (vgl. Gl. 1,278,72 impi piano : exa-
men apium). Da das Wort oft auf einen Bie-
nenschwarm bezogen wurde, konnte es dann
ohne Zusatz diese Bed. haben; die Bed.
‚Bienenvolk, Bienenstock, einzelne Biene‘
sind sekundäre Entwicklungen (vgl. Dt. Wb.,
a.a.O.; Lidén 1897: 71 ff.; N. Törnqvist,
SNPh 17 [1944/45], 182 ff.). Die alte (noch
bei Pokorny 311 begegnende) Verknüpfung
mit gr. ἐμπίς ‚Stechmücke‘ ist also (trotz H.
Hirts Versuch, IF 32 [1913], 227, diese Er-
klärung zu verteidigen) bestimmt verfehlt.
Von den verschiedenen Erklärungsversuchen
sind nur zwei erwägenswert. Lidén, a. a. O.
verknüpft urgerm. *imb(i)i̯a- mit air. imbed
‚Fülle, Menge‘, akymr. immet ‚dss.‘ < ur-
kelt. *imbeto-, uridg. *embh- oder *bh-; al-
so gehe urgerm. *imb(i)i̯a- auf uridg.
*(H)embh-io- zurück (vgl. Fick 2 [Kelt.]⁴ 46;
Dict. of Irish I-67 f.; R. Thurneysen, RC 11
[1890], 206). Mit Ausnahme des unerklärten
Dentals der kelt. Wörter (vgl. Törnqvist,
a. a. O. 187 f.) ist diese Gleichung lautlich
unanfechtbar; semantische Schwierigkeiten
gibt es auch nicht, obgleich genaue Paralle-
len in anderen Sprachen anscheinend fehlen.
Jedoch bleibt Lidéns rekonstruierte kelto-
germ. Wz. *embh- ‚Fülle, Menge‘ ohne wei-
tere sichere idg. Anschlussmöglichkeiten;
seine Vergleiche mit lat. omnis ‚all, ganz, je-
der‘ (< *ombh-) und gr. ἄφενος n. (m.)
‚Reichtum, Vermögen‘ (< *bh-) sind sehr
fraglich (vgl. Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
2, 209 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 195; I. Balles,
HS 110 [1997], 215 ff.).
Eine andere ansprechende Analyse für air.
imbed schlägt Irslinger 2002: 409 vor. Sie
fasst das Wort als Komp. aus der Intensiv-
pkl. in- und einem HG vorurkelt. *-bhuto-
auf.
Törnqvist, a. a. O. stellt urgerm. *imb(i)i̯a- zu
ai. abhrá- n. ‚Wolke‘, jav. aβra- n. ‚Re-
gen(wolke)‘, arm. amb, amp ‚Wolke‘, auch
lat. imber ‚Regen(guss)‘, gr. ὄμβρος ‚dss.‘ <
uridg. *bhró-, die mit lat. nebula ‚Nebel,
Wolke‘ < uridg. *nébhelo-, gr. νέφος n. ‚dss.‘
usw. < uridg. *nébhes- n. zu verbinden sind.
Der Gebrauch eines Wortes für ‚Wolke‘ in
der Bed. ‚eine dichte Menge von Insekten,
Vögeln usw.‘ findet sich in mehreren idg.
Sprachen, schon bei gr. νέφος und lat. nubēs,
später bei dt. Wolke, engl. cloud, frz. nuage,
nuée usw. Zwei besonders beweiskräftige
Belege sind mndd. swalm ‚Qualm, Dunst‘,
auch ‚Bienenschwarm‘ (Lasch-Borchling,
a. a. O. 3, 634; Schiller-Lübben, a. a. O. 4,
484) und nndd. schwark, schwerk ‚dichte
Wolke‘, auch ‚Bienenschwarm‘ (Dt. Wb. 15,
2283. 2567; vgl. auch Törnqvist, a. a. O.
198 f.). Wenn diese Erklärung richtig ist, hat
uridg. *embh- im Germ. nur in der übertra-
genen Bed. fortgelebt, während es in der
Bed. ‚Wolke‘ durch urgerm. *u̯ulkna- ersetzt
wurde (s. wolkan).
Törnqvist, a. a. O. 199 f. erwähnt noch die Möglich-
keit, dass die von Lidén angenommene kelt. Vorform
*imbeto- (s.o.) auch zu dieser Wz. gehören könnte,
was die Erklärungsversuche vereinigen würde. Diese
Vermutung ist zwar zweifelhaft, aber nicht unmög-
lich. Gewöhnlich bezieht sich die Bez. ‚Wolke‘ auf
Fliegendes oder in der Luft Schwebendes, aber schon
im Gr. und Lat. bezeichnet sie irgendeine dichte Men-
ge, auch von Männern, Soldaten, Rittern usw. (vgl.
Georges 1913: 2, 1205; Liddell-Scott 1996: 1171);
auch air. imbed wird auf Pferde, Vieh usw. bezogen
(vgl. Dict. of Irish, a. a. O.; Lidén, a. a. O. 72).
Nach E. Müller-Graupa, Glotta 18 (1930), 132 ff. ist
ahd. imbi ein lautmalendes Wort, das das Summen der
Bienen nachahmt, eine Erklärung, die sich weder be-
weisen noch widerlegen lässt; ohne verwandte Verben
oder außergerm. Parallelen (die z. B. die Etym. von dt.
Hummel unterstützen [s. humbal]), bleibt sie aber rein
theoretisch. Vries, Ndls. et. Wb. a. a. O., den keine der
vorgeschlagenen Etymologien befriedigt, vermutet
Herkunft aus einem voridg. Substrat. Nach Th. Ven-
nemann, Sprachw 23 (1998), 471 ff., bes. 479—84, ist
das germ. Wort aus semitisch *Him + bi ‚Volk + Bie-
ne‘ entlehnt, eine Erklärung, die ebenso unwahr-
scheinl. ist wie seine Deutung von ‚Volk‘ (s. folc) als
Lehnwort (Anm. 45, mit Lit.). Zu anderen abzuleh-
nenden Erklärungsversuchen vgl. Törnqvist, a. a. O.
Walde-Pokorny 1, 125; Pokorny 311. 315 f.; Mayrho-
fer, KEWA 1, 43; 2, 134; ders., EWAia 1, 94; 2, 13.