silaAWB f. ō-St., in Gl. 2,545,31 (London,
Add. 34248, 11. Jh.); 3,207,47 (SH, Hs.
12. Jh., Zeit des Gl.eintrags unbekannt) und
Gl. in London, Add. 18379 (13. Jh., bair.;
vgl. H. Thoma, PBB 73 [1951], 217), NBo
und Npg: ‚Insel; insula‘ 〈Var.: -el-, -al-,
-ul-〉. Das Wort ist eine Entlehnung aus dem
Vulg.lat. bzw. Frührom. (s.u.). — Mhd. sel(e)
sw.f. ‚Insel‘ wird dann durch die aus dem
Lat. neu entlehnte n-haltige Form insel(e)
sw.f., nhd. Insel f. ‚von Wasser umgebenes
Land‘ ersetzt. Daneben existierte ab Ende
des 13. bis ins 18. Jh. noch die lat. beein-
flusste Form insul sw.f. Durch das lat.
Lehnwort wurde im Dt. das Erbwort ahd.
werid (s. d.), mhd. wert, nhd. Werder ‚Insel‘
fast vollständig verdrängt. Fortgesetzt wird
die frühe Entlehnung dagegen noch im Na-
men der Bodenseeinsel Isel. Aus dem Afrz.
entlehnt ist das nur in der Apokalypse Hein-
richs von Hesler (13. Jh.) belegte mhd. île
st./sw.f. ‚Insel‘.
Ahd. Wb. 4, 1743; Splett, Ahd. Wb. 1, 1220; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 636 f.; Schützeichel⁷ 167; Starck-
Wells 313; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 84. 92;
Bergmann-Stricker, Katalog Nr. 68. 391. 402; Graff
1, 487; Lexer 1, 1443; 3, Nachtr. 258; Götz, Lat.-
ahd.-nhd. Wb. 345 (insula); Dt. Wb. 10, 2139 f.; Klu-
ge²¹ 328; Kluge²⁵ s. v. Insel; Pfeifer, Et. Wb.² 583. —
DRW 6, 274; Bach 1952 ff.: 2, 1, § 307 (S. 294).
Das ahd. Wort ist aus vulg.lat. bzw. frührom.
sola entlehnt, das den regulären rom. Wan-
del u > o in gedeckten Nebensilben (Stotz
1996—2004: 3, 64 f.) und den Nasalschwund
von -s- vor -n- in lat. īnsula zeigt (Stotz
1996—2004: 3, 294 f.). Die Länge des anl.
Vokals im Ahd. ist wegen der unbestimmten
Vokalquantität im Vulg.lat. nicht zu sichern.
In anderen germ. Sprachen entsprechen:
nfries. insel; ae. īsel, me. īl(l)e, īsle, ne. isle;
älter dän. insel, insul, älter nschwed. insel,
insul. Bei den Belegen im Fries. und den
nordgerm. Sprachen handelt es sich um
Lehnwörter aus dem Ndd.
Holthausen, Ae. et. Wb. 189; ME Dict. s. v. īle n.;
OED² s. v. isle n.; Ordb. o. d. danske sprog 9, 591;
Svenska akad. ordb. s. v. insel.
Die vulg.lat. Form sola wird in den rom.
Sprachen fortgesetzt; vgl. italien. isola, span.
isla, afrz. isle, il(l)e, nfrz. île. Aus dem Afrz.
ist früh ae. īsel, später, nach dem Schwund
des -s- im Frz., me. il(l)e entlehnt, das unter
Einfluss der ab dem 15. Jh. immer häufiger
wieder historisch isle geschriebenen frz.
Form von da an immer öfter mit -s- er-
scheint, was schließlich alleinige Schreib-
weise im Engl. wird; vgl. ne. isle. Die me.
Form wies bereits ī- auf (wie auch mhd. île
[s.o.]), das infolge des ‚great vowel shift‘
diphthongiert wurde. Die rom. Form wurde
auch ins Alb. als ishull ‚Insel‘ entlehnt.
Die gängige Etym. für lat. īnsula geht plau-
sibel von einem Komp. uridg. *en-sal-o- ‚im
Meer befindlich‘ aus. Dagegen wird v.a. von
niederländischen Forschern (vgl. z.B. de
Vaan, Et. dict. of Lat. 306; Beekes, Et. dict.
of. Gr. 2, 1018) aufgrund der in gr. νῆσος f.
‚Insel‘ etc. oder in kelt. Wörtern wie air. inis,
kymr. ynys ‚Insel‘ ebenfalls auftretenden
Kons. n und s ein etym. Zusammenhang die-
ser Wörter angenommen und für alle drei
Sprachzweige — wenig überzeugend — eine
Entlehnung aus einer unbekannten Substrat-
sprache für möglich gehalten. Für das gr. wie
das kelt. Wort werden aber durchaus etym.
Vorschläge geboten, die einen Zusammen-
hang mit dem lat. unwahrscheinlich er-
scheinen lassen; so wird für air. inis,
kymr. ynys ‚Insel‘ Herleitung aus gemein-
kelt. *ine/issī- < urkelt. *enistī- < uridg.
*eni-sth₂-ih₂- erwogen, für gr. νῆσος ein Zu-
sammenhang mit der Wz. uridg. *sneh₂-
‚schwimmen‘, aber auch diese Etym. sind
nicht unumstritten.
Walde-Pokorny 2, 452; Pokorny 878; Frisk, Gr. et.
Wb. 2, 317; Chantraine, Dict. ét. gr. 752; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. 1, 707 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 319 f.; Thes. ling. lat. 7, 1, 2033 ff.; Nier-
meyer, Med. Lat. lex.² 1, 716; Du Cange² 4, 384;
Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 5052; Meyer-Lübke,
Rom. et. Wb.³ Nr. 4475; DEAF I-454 ff.; Wartburg,
Frz. et. Wb. 4, 728—730; Orel, Alb. et. dict. 155; Fick
2 (Kelt.)⁴ 46; Matasović, Et. dict. of Proto-Celt.
116 f.; Hessens Ir. Lex. 2, 36; Dict. of Irish I-269 f.;
Dict. of Welsh 3819. — Orel 2000: 28. 115.