friudil m. a-St., seit dem 9. Jh. in Gl. und
St.G. Spottv.: ‚Liebhaber, Geliebter, amasio,
amator, procus‘ 〈Var.: freod-, fried-, frid-,
uridh-; -el〉. Die defektive i-Schreibung für 〈iu〉
dürfte auf frk. Beeinflussung beruhen (Franck,
Afrk. Gr.² § 38, 6). In fruidilo (gen.pl., Gl.
4, 130, 1, bair. [Sal. c]) liegt eine auch sonst in
jüngeren Hss. zu beobachtende Umkehrschrei-
bung 〈ui〉 anstelle von 〈iu〉 vor. Die e-Graphie
in 〈fredel〉 (Steinmeyer, Spr.denkm. 82, 1, 4) er-
fordert nicht den Ansatz eines Lemmas fridil
(Schützeichel⁵ 141) neben friudil, da 〈e〉 auf
westfrk. Einfluß beruht (Schröder, Dt. Na-
menkunde² 74; zweifelnd St. Sonderegger,
ZMF 28 [1961], 268 wegen auftretender Dop-
pelformen ë/i, die sich landschaftlich nicht
sondern lassen). — Mhd. vriedel st.m., frühnhd.
friedel st.m.
Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem
PN Friedel, einer Kurzform mit diminuierendem l-
Suffix vom zweistämmigen Vollnamen Fried-rich.
Zur Etymologie von friudil → frî.
Ahd. Wb. III, 1272 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 266; Schütz-
eichel⁵ 141; Köbler, Wb. d. ahd. Spr. 331; Starck-
Wells 179. XLI. 846; Schützeichel, Glossenwortschatz
III, 301; Graff III, 788; Schade 226 f.; Lexer III,
513 f.; Benecke III, 407; Diefenbach Gl. lat.-germ. 28
(amasius); Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 36 (amasio, ama-
tor). 523 (procus); Dt. Wb. IV, 1, 1, 188. — Schatz,
Ahd. Gr. § 43; Franck, Afrk. Gr.² § 38, 6; Schatz, A-
bair. Gr. § 16 a. 18.
Germ. Verwandte sind: as. friuthil st.m., mndd.
vrēdel; afries. friūdel: < urgerm. *frijōđila- (zur
Wortbildung s. u.). Mndd. vridel, aisl. friðill m.
hingegen weisen auf eine Vorform urgerm. *fri-
đila-.
Das auslautende -f in afries. friūdelf, frudelf wird als
Umbildung nach den PN auf -olf, -ulf erklärt; vgl.
mhd. bischof neben bischolf (F. Holthausen, PBB 48
[1924], 465; Kluge, Nom. Stammbildung³ § 32; Sjölin,
„Fivelgoer“ Hs. I, 192). Unwahrscheinlich ist dagegen
die Annahme eines Kompositums *friudil + *liaf
‚lieb‘ (so Helten, Aostfries. Gr. § 82ε). Die Formen mit
ū zeigen einen Akzentwechsel vom ersten auf den
zweiten Bestandteil im Diphthong iu (Steller, Abr. d.
afries. Gr. § 20 Anm. 1).
Fick III (Germ.)⁴ 246 f.; Holthausen, As. Wb. 23;
Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 94. 242; Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb. I, 1, 989; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. V, 531; Holthausen, Afries. Wb.² 32;
Richthofen, Afries. Wb. 767; Vries, Anord. et. Wb.²
142; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 568; Holthausen, Vgl.
Wb. d. Awestnord. 73; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb.
274; Ordb. o. d. danske sprog VI, 38 f.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 135; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 238; Svenska
akad. ordb. F-1536 f.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 168
(s. v. frijon); Lehmann, Gothic Et. Dict. F-95.
Für die Wortbildung von ahd. friudil usw. wur-
den zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen,
wobei die erste wenig wahrscheinlich ist: 1. Ab-
leitung vom Part.Prät. urgerm. *frijōđa- mit
dem Nomina agentis bildenden Suffix urgerm.
*-ila- (so u. a. Fick III [Germ.]⁴ 247; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 274; Walde-Pokorny
II, 87). Doch sind Ableitungen mit *-ila- vom
Part.Prät. sonst nicht belegt, lediglich Ableitun-
gen von schwachen Verben kommen vor; vgl.
ahd. weibil ‚Gerichtsdiener‘ zu weibôn ‚(um-
her-)treiben‘. 2. Deverbale Ableitung von einer
Basis *frijōn (as. friohon, -an ‚lieben‘; dagegen
sind got. frijon ‚lieben‘ und mhd. vrîen ‚freien‘
denominal) mit dem Fortsetzer des Suffixes ur-
idg. *-tel-, das als Variante von *-ter- ebenfalls
zur Bildung von Nomina agentis diente. In die-
sem Fall wäre von einer Segmentierung urgerm.
*frijō-đil-a- (mit Themavokal) auszugehen
(Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss. III § 137). Die
Annahme eines Suffixes urgerm. *-đil-a- erfährt
dabei durch aksl. prijatelь ‚Freund‘ (< uridg.
*prii̯ā-tel-o- [*prii̯aH₂-tel-o-]) eine Stütze, dem
ahd. friudil usw. genau entspricht. Die Bildung
ist gemeinslawisch, wie russ. prijátel’, ukrain.
prýjatel’, w.russ. prijáćel’, serbo-kroat. prȉjatel,
slowen. prijȃtelj, tschech. přítel, slowak. priatel’,
poln. przyjaciel, osorb. přećel, ndsorb. pśijaśel
zeigen. Lit. príetelius ‚Freund, Patron‘ wurde
aus w.russ. prijatel’ entlehnt (Skardžius, Slav.
Lehnw. im Alit. 178). Bereits J. Schmidt, Zfvgl.
Spr. 25 (1881), 27 hat auf diese germano-slaw.
Isoglosse verwiesen. Seit Hrozný (Spr. d. Hethi-
ter 56 f.) wurde auch heth. -talla- als Nomina
agentis bildendes Suffix als ererbt betrachtet
und wie das slaw. und germ. Suffix auf uridg.
*-tel- zurückgeführt. Doch hat N. Oettinger,
Zfvgl. Spr. 99 (1986), 43 ff. gezeigt, daß heth.
-talla- (vgl. z. B. wesuriskattalla- ‚Bedrücker‘ :
wesuriske- ‚immer wieder bedrücken‘) erst in hi-
storischer Zeit sekundär aus -alla- durch Fehl-
segmentierung von Dentalstämmen entstanden
ist; vgl. z. B. das von aheth. tarnatt- ‚Ration‘ ab-
geleitete aheth. tarnattalla- ‚Teilhaber‘. Dem-
nach gibt es im Anatol. kein ererbtes Suffix, das
mit urslaw. *-tel-o- und urgerm. *-đil-a- in Ver-
bindung gebracht werden kann.
Schwyzer, Gr. Gram.² I, 532 f. vermutet *-tel- in gr.
äol. ὠτέλλα, gr.hom. ὠτειλή ‚Wunde‘ < *-teli̯-, doch
spricht auch nichts gegen eine Analyse < *-t-eli̯-.
Walde-Pokorny II, 86 f.; Pokorny 844; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 231; Miklosich, Et. Wb. d. slav. Spr.
263 f.; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb. zu den aksl.
Texten 103; Vasmer, Russ. et. Wb. II, 436; Schuster-
Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 1170; Fraenkel, Lit. et.
Wb. 654; Kronasser, Et. d. heth. Spr. I, 174. — Schel-
ler, Ved. priyá- 108 ff.; Benveniste, Origines 49; Ki-
parsky, Russ. hist. Gr. III, 255 f.