harm¹AWB m. a-St.?, seit dem 11. Jh. in Gl.:
‚Wiesel, Hermelin, Haselmaus; mardarus,
mygale, nitedula‘ 〈Var.: -rem (zum Sproß-
vokal vor m vgl. Braune-Reiffenstein 2004:
§ 65)〉. — Mhd. harm st. m. ‚Hermelin‘. Im
Nhd. ist lediglich die Ableitung Hermelin
(→ hermilî[n]) fortgesetzt.
Ahd. Wb. 4, 717 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 356; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 518; Schützeichel⁶ 150; Starck-Wells 256.
XLII; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 173 f.; Graff
4, 1033 (s. v. harmo); Lexer 1, 1184; Götz, Lat.-ahd.-
nhd. Wb. 421 (mygale). 430 (nitedula); Dt. Wb. 10, 481;
Kluge²¹ 305 (s. v. Hermelin); Kluge²⁴ s. v. Hermelin;
Pfeifer, Et. Wb.² 534 (s. v. Hermelin).
In den anderen germ. Sprachen entspricht:
mndd. harm ‚Hermelin, Wiesel‘: < urgerm.
*χarma-. Daneben finden sich unterschiedli-
che Weiterbildungen (→ harmo, hermilî[n]).
Afrz. erme, ermine, nfrz. hermine, italien.
armellino, ermellino, prov. ermins, erminis,
span. armiño, port. armelina, arminho
‚Hermelin‘ sind wohl aus solchen erweiter-
ten Formen entlehnt. Weniger wahrschein-
lich ist die Annahme, daß die roman. Wörter
aus armenius (mus) ‚Hermelin‘, eigtl. ‚arme-
nische Maus‘ hervorgegangen sind (so u. a.
Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 656; Ga-
millscheg 1969: 523), da bei dieser Herlei-
tung das vortonige e ohne Erklärung bleibt.
Fick 3 (Germ.)⁴ 79; Lasch-Borchling, Mndd. Handwb.
2, 1, 236. — Körting, Lat.-rom. Wb.³ Nr. 4496; Wart-
burg, Frz. et. Wb. 1, 141 f. (s. v. armenius).
Urgerm. *χarma- < vorurgerm. *kormo- hat
keine unmittelbare Entsprechung. Dem da-
von abgeleiteten n-St. urgerm. *χarman- (→
harmo) entspricht jedoch genau lit. šarmuõ
‚wilde Katze, Hermelin, Wiesel‘ (vgl. im
Lett. die Ableitung mit dem Diminutivsuffix
*-lo- sarmulis ‚Hermelin, Wiesel‘), Wörter,
die auf vorurgerm., vorurbalt. *k̂orme/on-
‚Hermelin, Wiesel‘ zurückführen. Dazu stellt
sich ablautend lit. šermuõ ‚Hermelin, Wie-
sel‘ (dazu erneut im Lett. die Weiterbildung
mit dem Suffix *-lo- sermulis ‚Hermelin‘) <
*k̂erme/on-. Wohl auf derselben Grundlage
(vielleicht als Lehnwort aus dem Kelt.; so
W. Meyer-Lübke, ZRPh 19 [1895], 97) be-
ruht rhrom. carmuṅ ‚Wiesel‘. Dabei geht der
Wechsel zwischen *-o- und *-e- möglicher-
weise auf eine unterschiedliche Verallge-
meinerung der Stämme eines vorausgehen-
den e/o-akrostatischen Nomens *k̂órm-/
*k̂érm- zurück, die dann mit dem individua-
lisierenden n-Suffix versehen wurden.
Ist das Tier nach seiner Farbe benannt, stel-
len sich im Balt. weitere Bildungen dazu: lit.
šamas ‚Reif, gefrorener Tau‘ (eigtl. ‚gräuli-
che Schicht‘), dazu ablautend širmas
‚(blau-)grau, grauschimmelig‘, lett. sims
‚(silber-)grau‘, lett. sar̂ma ‚Reif, Rauhfrost‘
< vorurbalt. *k̂ormo-, und lit. šarvas ‚grau‘ <
vorurbalt. *k̂oru̯o-, wozu ablautend šivas
‚(blau-)grau, grauschimmelig‘ gehört (aus
dem Balt. ist auch finn. härmä ‚grau‘ ent-
lehnt).
Mit eingeschobenem -k- (vgl. dazu Endzelin
1911: 54 Anm. 3) sind auch lit. šekšnas
‚Reif, gefrorener Tau‘ (ablautend šekšnas
‚Reif‘) und lett. sȩ̄rksna ‚Schneekruste‘ zu-
gehörig.
Diese Bildungen führen also auf eine Wurzel
vorurgerm., vorurbalt. *k̂er- zurück, welche
eine ins Graue gehende Farbe bezeichnete.
Daß von dieser Farbwurzel Tierbezeichnun-
gen abgeleitet werden können, zeigt lit. šivis
‚graues Pferd, Hase‘ (vgl. auch ahd. haso
‚Hase‘, eigtl. ‚der Graue‘ [s. d.]).
Walde-Pokorny 1, 462; Pokorny 573 f. 615; Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 300; Fraenkel, Lit. et. Wb. 965. 973 f.
987 ff.; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 3, 722. 829.
846 f.