leidlîhAWB adj., im Abr (1,108,13 [Pa, Kb,
Ra]) und weiteren Gl., im T, bei O und in
HHö: ‚abscheulich, schrecklich, scheußlich,
verhasst, hassenswert, schändlich, widerwär-
tig, leidvoll; abominatio, deterrimus, detesta-
bilis, exsecrabilis, exosus, horrendus, luteus,
obscoenitas, spurcus‘ (mhd. leitlich ‚leid-
voll, schmerzlich‘, frühnhd. leidlich ‚schmerz-
haft, kummervoll‘; as. lēthlīk ‚leidvoll, ver-
derblich‘ [Hel], mndd. lēitlīk ‚abstoßend, wi-
derlich, bösartig‘; frühmndl. leetlijc ‚schänd-
lich, schlecht, böse‘ [a. 1236], mndl. leelijc,
leilijc ‚hässlich, übel, böse‘ [mit Assimila-
tion von -tl- > -l-]; afries. lēthelik, lēdelik
‚leidig, schlimm, hässlich, schändlich, belei-
digend‘; ae. lāđlīc ‚leidvoll‘; vgl. aisl. lei-
ðiligr ‚abscheulich‘). Deadj. oder desubst.
Bildung (vgl. Schmid 1998: 291 f. 507 f.
536 f.). S. leid, -lîh. — leidlîchênAWB sw.v. III, in
Gl. seit Anfang des 9. Jh.s und in MH: ‚ver-
abscheuen, verschmähen, verachten, entwei-
hen; aspernari, aversari, detestari, horrere,
profanare‘ (frühmndl. leliken ‚übel werden,
böse werden‘ [a. 1240], mndl. leeliken ‚ver-
unstalten‘). Deadj. Bildung. S. leidlîh. — leid-
lîchîAWB f. īn-St., Gl. 4,122,42 (in 2 Hss., beide
12. Jh.): ‚Widerwärtigkeit; squalor‘. Adj.ab-
straktum. S. leidlîh. — leidlîchoAWB adv., nur bei
O: ‚auf abscheuliche Weise‘ (mhd. leidlîche
‚auf leidvolle, schmerzliche, klägliche Wei-
se‘, frühnhd. leidlich ‚auf schmerzvolle Wei-
se‘; as. lēthlīko ‚jammervoll‘ [Hel], mndd.
lēitlīk ‚in hässlicher Weise, widerwärtig, un-
angenehm‘; frühmndl. leetlike ‚auf schändli-
che, verachtenswerte Weise‘ [a. 1220—1240],
mndl. leelike ‚auf unangenehme, schändliche
Weise‘; ae. lāđlīce ‚auf leidvolle Weise, in
übler Weise‘; vgl. mhd. leitlîchen; mndd.
lēitlīken; mndl. leeliken). S. leidlîh. — leidlustAWB
f. i-St., bei O: ‚Leid, Schmerz‘. Determina-
tivkomp. mit adj. VG und subst. HG. S. leid
adj., lust. — leidnissaAWB f. ō-St., Gl. 1,271,56 (in
2 Hss., beide Anfang des 9. Jh.s, alem.
[-frk.]): ‚Abscheulichkeit, Gräuel‘. S. leid
adj., -nissa. — leidoAWB adv., NBo und wohl Gl.
2,603,64 (3. Viertel des 11. Jh.s, bair.): ‚ver-
hasst‘, leido sîn in zi demo uns leido ist ‚er
ist uns widerwärtig‘ (Fehlübersetzung bei
Röhrich 2003: 2, 951: ‚Es tut mir leid!‘) (mhd.
leide in leide tuon ‚jmdm. wehtun‘, leide
troumen ‚böse träumen‘, frühnhd. leid ‚lei-
der, bedauerlicherweise‘; mndd. lēide ‚ängst-
lich, bang, zuwider‘; mndl. lede, leide ‚auf
unangenehme Weise‘; ae. lāđe ‚mit Hass,
Abscheu‘). S. leid adj. — leidogilîhAWB pron.-adj.
(Subst.-Adj.-Verbindung), bei O: ‚jegliches
Leid‘. Zur Bildung vgl. Wilmanns [1906—30]
1967: 2, 371. S. leid subst., gilîh. — leidolîhAWB
pron.-adj., bei O: ‚jegliches Leid‘. Zur Bil-
dung vgl. Wilmanns [1906—30] 1967: 2, 371;
Braune-Reiffenstein 2004: § 300, 1 Anm. 1.
S. leid subst., -lîh. — leidônAWB sw.v. II, im Abr
(1,172,9 [Pa]) und weiteren Gl., MF, NBo,
Nps und Npw: ‚anklagen, verabscheuen,
zurückweisen, verfluchen, betrüben; abomi-
nari, accusare, aversatus esse, deferre, de-
plorare, detestari, exsecrari‘, part.präs. lei-
dônti ‚verhasst; detestandum, perosus‘, (io-
man) anabringan daz er ioman leidôt ‚jmdn.
dahin bringen, dass er jmdn. anzeigt; in
delationem alcis nominis compellere‘, adv.
darawidari leidônto ‚Anklage erhebend ge-
gen; in modum accusationis‘, leidônto tuon
‚in eine Anklage umwandeln; in accusa-
tionem vertere‘ (mhd., frühnhd. leiden ‚Leid
antun, betrüben, anklagen, denunzieren‘; as.
lēthon ‚verhasst werden‘ [Hel], mndd. lēiden
‚schlecht machen, verleumden‘; mndl. leden
‚missfallen‘; ae. lāđian ‚hassen, verhasst ma-
chen‘). Deadj. Bildung. S. leid adj. — firlei-
dônAWB Gl. 1,727,20 (1. Viertel des 12. Jh.s,
alem.) und NBo: ‚(verleumderisch) ankla-
gen‘, nur im Part.Prät. firleidôt ‚angeklagt;
(accusatio), diffamatus‘ (mhd. verleiden
‚anklagen, denunzieren‘, nhd. verleiden ‚die
Freude an etw. verderben‘; mndd. vorlēiden
‚leid sein‘; frühmndl. verleden ‚zuwider
sein‘ [1265—1270], mndl. verleden ‚unange-
nehm sein‘). — leidôrAWB adv. kompar., interj.,
O, L, Prs C, BaGB/WeGB, Nps und Npw:
adv. ‚bedauerlicherweise, leider‘, interj. ‚ach!,
wehe!; pro dolor!‘, leidôr mir ‚wehe mir!‘
(mhd., nhd. leider; mndd. lēider ‚schlimmer‘,
tō lēider ‚bedauerlicherweise, leider‘; mndl.
leider ‚leider‘; afries. leider, meist tōleider
‚leider, bedauerlicherweise‘). S. leido. — leid-
samAWB adj., in Gl. seit Ende des 8./Anfang des
9. Jh.s, B, GB, NBo, NMC, Nps und Npw:
‚verhasst, widerwärtig, schändlich, abscheu-
lich, verfluchenswert, traurig, leidvoll; abo-
minabilis, abominatus, detestabilis, exosus,
exsecrabilis, exsecrandum, illicitus, indinis-
simus, indignus, infamis, informis, intestabi-
lis, invidiosus, invisus, maestus, nefandus,
non dignus, profanus, sacer, tristis‘, leidsam
wesan ‚verhasst sein; invisus‘ (mhd. leitsam
‚Leid verursachend‘, frühnhd., ält. nhd. leid-
sam ‚leidbringend, schmerzbringend, schreck-
lich‘; mndd. lēitsam ‚beschwerlich‘; mndl.
leetsam, leetsaem ‚beschwerlich, lästig, ge-
hässig‘). Deadj. oder desubst. Bildung (vgl.
Möllmann 1994: 123—142 [zur Wortbildung
insbes. 140—142]). S. leid, -sam. — leidsamîAWB f.
īn-St., in Gl. seit Ende des 8./Anfang des
9. Jh.s, Nps, Npg und Npw: ‚Abscheulich-
keit, Gräuel, Verfluchung, Scheusal; abomi-
natio, anathema, exsecramentum, exsecratio‘
(frühnhd. leidsame f. ‚Leid‘). Adjektivab-
straktum. S. leidsam. — leidsamidaAWB f. ō-St.,
Gl. 1,372,22 (12. Jh., bair.). 23 (in 2 Hss.,
12. Jh., bei 1 Hs. des 12. Jh.s Zeit des
Gl.eintrags unbekannt); 4,260,38 (14. Jh.):
‚Gräuel, Gräueltat; abominatio‘. Deadj. Ab-
leitung mit dem Fortsetzer des Suffixes ur-
germ. *-iþō-. S. leidsam, -ida. — leidsamlîhAWB
adj., nur Gl. in Augsburg 10 (10. Jh., bair.;
vgl. Mayer 1974: 7, 14; Schulte 1993: 62 Nr.
8): ‚verfluchenswert; exsecrabilis‘. Deadj.
Bildung (vgl. Schmid 1998: 292. 514 Anm.
565). S. leidsam, -lîh. — leidsamônAWB sw.v. II,
Gl. 2,70,57 (10. Jh., bair.). 110,37. 44 (Hs.
Mitte des 12. Jh.s, Zeit der Gl.einträge un-
bekannt) und Nps: ‚tadeln, hassen, Abscheu
empfinden, lästern; abominationem sibi po-
nere, exodi, horrescere, vituperare‘ (früh-
nhd. leidsamen ‚etw. schädigen, verletzen‘).
Deadj. Ableitung. S. leidsam. — leidsamun-
gaAWB f. ō-St., BaGB/WeGB und Npw: ‚Ver-
abscheuung‘. Denominales Abstraktum. S.
leidsam, -unga. — leidsangAWB n. a-St., Gl. 3,
282,11 (in 2 Hss., Mitte des 12. Jh.s und
13./14. Jh.) und Gl. in Basel, B. IX. 31 (2.
Hälfte des 15. Jh.s; vgl. Stricker 1989: 335
Nr. 375), alle SH: ‚Trauergesang, Totenlied;
naenia‘. Determinativkomp. mit adj. VG und
subst. HG. S. leid adj., sang. — leidsêrAWB n.
a-St., nur Npg: ‚Schmerz; dolor‘. Determi-
nativkomp. mit adj. VG und subst. HG. S.
leid adj., sêr subst. — leidtâtAWB f. i-St., NBo:
‚Schandtat, Übeltat; calumnia, supplicium‘
(vgl. as. lēthwerk st.n. ‚Übeltat, Sünde‘; ae.
lāđweorc st.n. ‚übles Werk‘). Determinativ-
komp. mit adj. VG und subst. HG. S. leid
adj., tât. — leidungaAWB f. ō-St., NBo: ‚Ankla-
ge, Anschuldigung; criminatio‘ (mhd. lei-
dunge ‚Beleidigung‘, frühnhd. leidung ‚Be-
leidigung, Verletzung‘). Verbalabstraktum mit
dem Fortsetzer des Suff. urgerm. *-unō-. S.
leidôn, -unga. — leiduntAWB f. kons. oder i-St.,
bei O: ‚Schande, Abscheulichkeit‘. Abstrakt-
bildung mit dem Fortsetzer des tiefstufigen
Suffixes urgerm. *-und- < vorurgerm. *-t-
(s. friunt und vgl. Krahe-Meid 1969: 3,
§ 129, 1; Braune-Reiffenstein 2004: § 240
Anm. 1). S. leidôn. — leidwentiAWB n. ja-St., Gl.
in Rom, Vat. lat. 3860 (Hs. 9./10. Jh., Zeit
des Gl.eintrags unbekannt; vgl. H. Thoma,
PBB 85 [Halle, 1963], 231, 61) und NBo:
‚Unglück, Beleidigung; calamitas, calumnia‘
(vgl. mhd. leitwende st.f. ‚Wendung zur Be-
trübnis, Zufügen von Leid‘). Determinativ-
komp. mit adj. VG und subst. HG. S. leid
adj., wenti. — leidwentîgAWB adj., Gl. 4,41,55
(12. Jh.). 133,64 (13. Jh., bair.): ‚unheilvoll;
calamitosus‘ (vgl. ae. lāđwende ‚übel, feind-
lich, bösartig‘). S. leid adj., wentîg. — leid-
wentgîAWB f. īn-St., Gl. 2,207,29 (10. Jh.,
alem.). 210,49 (1. Viertel des 12. Jh.s, alem.):
‚Unglück, Unheil; calamitas‘. Adjektivab-
straktum. S. leidwentîg. — Ahd. Wb. 5,
757 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 521. 522 f. 540.
808. 816. 1034. 1132. 1134. 1135; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 277. 711 f.; Schützeichel⁷
196; Starck-Wells 366 f.; Schützeichel, Glos-
senwortschatz 6, 25 ff.