ampfaraAWB f. n-St., ampfaroAWB m. n-St. ‚(Sauer)-
Ampfer, acitura, accedula, lapathus, surella‘ (Ru-
mex acetosa L.); zahlreiche Belege, ausschließ-
lich in den Gl. und nur im Nom. Sg., anfangs
meist fem., die späteren Formen öfter mask.,
doch ist das Geschlecht dann nicht mehr ein-
deutig zu bestimmen. Sicher fem. sind amphara,
-ura, -ora, -er(r)a, amphra; ampora (in einer frk.
Hs.); sicher mask. amphero, ampfro; unbe-
stimmt ampher(e), ampre, ampfer u. a.
(12.—15. Jh.). — Mhd. ampfer st. m., desgl. nhd.,
obwohl heute fast nur noch in Zss. wie Sauer-
ampfer (s. u.).
Ahd. Wb. I, 326 f.; Starck-Wells 24; Graff I, 264; Le-
xer I, 52; Benecke I, 31; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 7
(accedula). 9 (acetosa); Dt. Wb. I, 280 (unzureichend);
Kluge²¹ 19. — Vgl. Marzell, Wb. d. dt. Pflanzennamen
III, 1488 ff.
Das ahd. Wort ist eine subst. -n-Bildung von
dem im Niederdt., Niederld. und (teilweise)
Skand. noch lebendigen Adj. amper ‚scharf,
sauer, unreif, bitter‘ (dän. dial. hamper), im
übertr. Sinne ‚verdrießlich, reizbar‘ (nndd. auch
‚kaum, daß‘), obwohl die skand. Formen eben-
sogut aus dem Mndd. entlehnt sein könnten;
dies umsomehr, als fürs Anord. nur eine Form
apr (doch wohl aus *appr- < *ampr-) ‚hart,
böse, sorgvoll‘ bezeugt ist, die nisl. als apur und
in dän. Mdaa. als aver, schonisch als aber wei-
terlebt. Als Pflanzenbezeichnung hat ahd. am-
phara nur in mittel- und neundd. amper sowie in
ae. ampre, ompre ‚sorrel‘ seine Entsprechungen.
Fick III (Germ.)⁴ 16; Müller, Rhein. Wb. I, 167 f.
(auch amperig; dazu ampern ‚sauer schmecken‘);
Woeste, Wb. d. westf. Mda. 6 (auch adj. emper ‚reiz-
bar‘ 66); Verdam, Mndl. handwb. 39; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 17; Vries, Ndls. et. wb. 16; Holthausen,
Ae. et. Wb. 4; Bosworth-Toller, AS Dict. 37; Suppl.
36; Vries, Anord. et. Wb.² 11; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
88. 464; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 5; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 24. 1431; Torp, Nynorsk et.
ordb. 4; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 17; Svenska akad.
ordb. A—1221 f.
Im Hinblick auf idg. Entsprechungen wie aind.
amlá-, amblá- ‚sauer; Sauerklee‘, dazu mit lan-
gem ā- (s. u.) aind. āmrá- ‚Mangobaum‘ (der
bittere Samen hat), lat. amārus ‚bitter, scharf‘
(mit unerklärtem -ā- wie in lat. avārus, gr. dor.
ὀδυνᾱρός, s. Brugmann, Grdr.² II, 1 § 259 d;
Frisk, Nominalbildung 14), alban. ëmblë ‚süß‘,
liegt der Ansatz einer idg. Grundform *amro-
(**H₂emro-) nahe, woraus noch vorgerm. *am-
bro- und mit Verschiebung germ. *ampra- ge-
worden sein muß. Der auch anderssprachlich
bezeugte -b-Einschub zwischen m und r (vgl.
frz. nombre < *num[e]r-) begegnet ähnlich in
ahd. zimbarôn ‚bauen‘ (s. d.), as. timbrōn, ae.
timbran, aisl. timbra, aber, wie -b- statt -p- ver-
rät, erst nach der germ. Lautverschiebung auf
einzelsprachlicher Zeitstufe; so erscheint got.
timrjan (sowie das Subst. timrja) ohne -b-, al-
lerdings auch hier mit einer Ausnahme: Luk.
XIV, 28 und 30 timbrjan. Ob die Chronologie
dieses -b-Einschubs und die so bedingte
Durchgängigkeit mit dem ursprl. Sitz des Ak-
zentes (etwa idg. *amró- gegen *démro-) zu-
sammenhängt, wie Osthoff, Morph. Unters. V,
124 f. vermutete, wird sich bei der spärlichen
Zahl der Beispiele wohl nie entscheiden lassen.
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 45 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 35; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
25; Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr. 10; Jokl, Ling.-kultur-
hist. Unters. d. Alban. 273; zum -b- Einschub vgl.
Brugmann, Grdr.² I § 390. 421, 8; Noreen, Abriß d.
urg. Lautlehre § 47 Anm.; Wilmanns, Dt. Gr. I § 153.
Neben den außergerm. Verwandten mit -r-Formans,
das gerade bei Wörtern für ‚bitter, scharf‘ auffallend
häufig ist (vgl. ahd. bittar, eibar/eivar ‚acerbus‘, zangar
‚mordax‘, gr. πικρός, s. E. Lidén, Armen. Stud. 58), ge-
hören hierher auch die zahlreichen Vokabeln, die auf
eine idg. Basis *omo-: *ōmo- ‚roh (bitter, scharf?)‘ zu-
rückzuführen sind, wie aind. āmá- ‚ungekocht, roh,
unreif‘, gr. ὠμός ‚dss.‘, arm. hum ‚roh‘ (mit u < o
oder ō), air. om, akymr. of ‚dss.‘ (dazu noch air. umae
‚Erz, Kupfer‘ < *omii̯o-, eigtl. ‚Roherz‘, s. H. Peder-
sen, Zfvgl. Spr. 36 [1900], 85; ders., Vgl. Gr. d. kelt.
Spr. I, 32; Thurneysen, Gr. of OIr. 47; Hessen, Zfcelt.
Ph. 9 [1913], 13); arm. amokՙ ‚süß‘; wahrscheinlich ge-
hören hierher auch lit. ãmalas ‚Mistel‘, lett. amuols
‚dss.‘, auch ‚Sauerklee‘; russ. oméla und mit Ablaut
ksl. imela, obwohl dafür auch andere Etymologien
vertreten werden (s. Vasmer, Russ. et. Wb. I, 267). —
Zu den Bed.varianten ‚sauer‘: ‚süß‘: ‚bitter‘ vgl. gr.
ἧδος ‚Essig‘: ἡδύς ‚süß‘; ahd. sûr ‚sauer‘: lit. sras ‚sal-
zig‘; got. salt ‚Salz‘: nndd. (westfäl.) sålt ‚Süßigkeit‘:
lit. saldùs ‚süß‘ u. a., J. Schmidt, Idg. Neutra 182.
Walde-Pokorny I, 179; II, 235; Pokorny 777 f.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 77; Frisk, Gr. et.
Wb. II, 1149; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 1082; Hübsch-
mann, Arm. Gr. I, 468; Fick II (Kelt.)⁴ 51; Vendryes,
Lex. ét. de l’irl. anc. O—21; Trautmann, Balt.-Slav.
Wb. 7; Fraenkel, Lit. et. Wb. 9; Mühlenbach-Endze-
lin, Lett.-dt. Wb. I, 70; Berneker, Slav. et. Wb. I,
425 ff.; Vasmer, Russ. et. Wb. I, 267. W. Tomaschek,
Zfösterr. Gymn. 26 (1875), 529 verwies auf ein ver-
blüffend lautähnliches um(b)araw (mit oder ohne
-b-!) im Mordwinischen — frühes Lehnwort?
Der Ansatz einer idg. Wz. *abh- für got. abrs ‚stark,
heftig‘ und, mit „fakultativer Nasalierung“, für west-
germ. *ampr- (K. F. Johansson, IF 3 [1894], 240 f.) wi-
derspricht den Lautgesetzen; aber auch Verknüpfun-
gen mit ae. ōm m. ‚Rost‘, ōme f. ‚Rotlauf‘, aisl. áma
‚dss.‘ (Walde-Pokorny I, 179), oder gar mit der noch
immer ungeklärten Etymologie von lat. amō sind
fernzuhalten (trotz A. Zimmermann, Zfvgl. Spr. 38
[1902/03], 503; vgl. Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I,
35). Erwägenswert ist der Zusammenhang mit der
wohl in ahd. emizzîg (s. d.) vertretenen idg. Basis
*omō-: *omǝ- ‚zudringlich sein, bedrängen‘, aind.
amīti ‚er bedrängt, versichert eindringlich, schwört‘,
gr. ὄμνῡμι ‚dss.‘, anord. ama ‚plagen‘, schwed. dial.
ampla ‚Fleiß auf etwas verwenden‘, nndd. ampeln ‚sich
anstrengen‘, s. Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 24;
Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 35.
In den dt. Mdaa. von heute lebt das Wort (vereinzelt
noch als fem.) meist nur in Zss., bes. Sauerampfer, wei-
ter, daher mit falscher Abtrennung oft als -rampfer
(von rampfen ‚ausraufen‘) verstanden (Kranzmayer,
Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. I, 184 ff.), auch mit Dis-
similation Ampfel (Kranzmayer, ebd.); Fischer,
Schwäb. Wb. V, 607 („Ampfer als Simplex nicht mehr
üblich“ I, 168), und darüber hinaus, volksetym. ange-
lehnt an ‚Handvoll‘, Hampf(e)le (neben Ampfere f.,
Schweiz. Id. I, 240); weiter nördlich mit unverschobe-
nem Labial Amper, Ampel: Müller, Rhein. Wb. I,
167 f.; Christmann, Pfälz. Wb. I, 202; Maurer-Mulch,
Südhess. Wb. I, 219; Woeste, Wb. d. westf. Mda. 6;
Mensing, Schleswig-holst. Wb. I, 219 (Suuramper).