bâgan, pâgan
Band I, Spalte 425
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bâgan, pâgan red.v. (mit Worten) streiten,
hadern, tadeln
(prät. bieg Var.: piac, piehc).
Mhd. bâgen red.v. laut schreien, streiten, aber
auch sw.v. sich (eines Dinges) rühmen. Im
Nhd. ist nur die abgeleitete Form bägern im
Sinne von schreien, zudringlich bitten, plagen,
quälen
gebräuchlich; so auch in obd. Mdaa.
von heute: schwäb. bägeren (Fischer, Schwäb.
Wb. I, 576), schweiz. beigeren hinsiechen, ab-
sterben
(Schweiz. Id. IV, 1056), während
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 214 bægen und die In-
tensivform begezen laut schreien, ungestüm
weinen (bes. von Kindern)
verzeichnet.

Ahd. Wb. I, 776 f.; Schützeichel³ 12; Starck-Wells 40;
Graff III, 22 f.; Schade 36; Lexer I, 112 f.; Benecke I,
78; Dt. Wb. I, 1075.

Sonst kommen im Germ. nur schwache Verben
vor: afries. bāg(i)a sich rühmen(?), aisl. bága
neben dem häufigeren bægia stoßen, (be)drän-
gen, widerstreiten, fortschaffen
, nisl. nnorw.
bægje, daneben bag(g)a plagen, hindern.

Fick III (Germ.)⁴ 257; Seebold, Germ. st. Verben 93 f.;
Holthausen, Afries. Wb. 4; Richthofen, Afries. Wb.
617; Vries, Anord. et. Wb.² 69 (bægja). 22 (bága); Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 598 f.; Heggstad, Gamalnorsk
ordb. 42; Torp, Nynorsk et. ordb. 53.

Schwierig und nur vereinzelt ist der außergerm.
Anschluß des Wortes. Als gesichert in Form
und Bedeutung erweisen sich nur air. bág f.
Streit, woraus bágach streitsüchtig, denom.
bāgim streiten; kymr. bai Fehler, beio tadeln
(< idg. *bhǝgh- nach Pokorny 115, falls [es]
dazu gehört
), die überdies durch eine mehr-
fach überlieferte gall. Wortbildung bagaudae
Aufständische, Guerillas, latrōnes bestätigt
werden: s. Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 93;
die noch immer ungeklärte Ableit.silbe -aud-
liegt wohl auch in gall. bascauda eherner Spül-
napf
vor (ebd. I, 97). S. auch Holder, Acelt. Spr.
I, 529 f.; Dottin, Langue gaul. 230.

Walde-Pokorny II, 130; Pokorny 115; Fick II (Kelt.)⁴
160; Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B4 f.; Hessens Ir.
Lex. I, 74; Dict. of Irish B10 f.; Dict. of Welsh 268.
Vgl. auch H. Zimmer, Zfvgl. Spr. 36 (1900), 447 ff.

Dagegen ist nach Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II,
427 f. aind. bāhate (vāhate) zum Vergleiche mit -gh-
haltigen Wurzeln für pressen, drängen nicht ver-
wendbar
; auch der Zs.hang von ahd. bâgan mit lett.
buôztiês im Sinne von sich sträuben, verdrießlich
werden
ist (trotz J. Endzelin, Zfvgl.Spr. 52 [1924]
118 f.) höchst zweifelhaft, wie auch mit dem anklin-
genden lit. bóstis, s. Fraenkel, Lit. et. Wb. 29.

Desgleichen dürfte Anschluß an russ. bazán, bazél
Schreier, Heuler, wie zuerst von J. Scheftelowitz,
Zfvgl.Spr. 54 (1926/27), 242 f. vorgeschlagen, ange-
sichts seiner Vereinzelung innerhalb des Slav. kaum
hierhergehören, s. Sadnik-Aitzetmüller, Vgl. Wb. d.
slav. Spr. Nr. 218.

So scheint es sich bei ahd. bâgan um ein Wort
zu handeln, das wie viele andere nur im Germ.
und Kelt. eindeutig vertreten und auf eine idg.
Basis *bhēgh- (daneben *bhōgh-) zurückzufüh-
ren ist, wenn man nicht mit H. Zimmer (a.a.O.)
an germ. Entlehnung der ganzen Sippe aus dem
Kelt. glauben will.

Dagegen setzt die Verknüpfung der Basis *bhēgh-
mit ahd. buog Unterarm (s. d.) < *bhāgh- (gr. äol.
πᾶχυς) die sonst nicht belegte Ablautsalternation ē: ā
voraus, und die Annahme einer Urbedeutung mit den
(Unter)Armen fuchteln
(so R. Pauli, Zfvgl.Spr. 14
[1865], 100 f.) überzeugt ebensowenig wie H. Zim-
mers völlig abgewegige kulturgeschichtliche Spekula-
tionen (a.a.O. bes. 453 f.).

S. auch bâg, bâga, bâgên.

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