brîoAWB, brîAWB m. wa-St., nur in Gl.: ‚(Mehl-)Brei,
Mus, Grütze, puls, pultes, pultum, pulsonum,
polenta‘ 〈Var.: p-; -e, -i, -ige, -igie u. a.; zu in-
tervok. -g- s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 117 und
Anm.〉. — Mhd. brî, brîe st.sw. m.; gelegentlich
brîn, prîn (in Belegen aus dem Südosten) mit
analog. Übertragung des n aus den obliquen
Kasus (s. u.). — Nhd. Brei.
Ahd. Wb. I, 1409 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 107; Starck-
Wells 78; Graff III, 261; Schade 84; Lexer I, 351 f.; II,
295 (prin); Nachtr. 102; Benecke I, 239; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 44 (polenta). 472 (puls, pultes, pultum,
pulsonum); Dt. Wb. II, 353 f.; Kluge²¹ 98; Kluge²²
104; Pfeifer, Et. Wb. 212.
In den übrigen westgerm. Dialekten hat ahd.
brî(o) seine Verwandten, so as. brī (s. Gallée,
As. Gr.² § 85d. 191; Steinmeyer-Sievers, Ahd.
Gl. 3, 717, 50), mndd. brī, auch brīg; mndl. brī,
nndl. brij (pl. brijen); nostfries. brē, brēi, brī;
ae. brīw (mit -w analogisch aus den flektierten
Kasus; merc. brīg, s. Sievers-Brunner, Ae. Gr.³
§ 126, 1. 250 Anm. 2; zu H. Osthoffs Ansatz ei-
nes ursprl. Labiovelars, PBB 8 [1882], 256 f.
bietet die Überlieferung keinen Grund) ‚Brei,
Suppe‘, me. brē (frühme. brī, brīwe [dat. sg.],
spätme. brewe), ne. brew. Im Nordgerm. findet
sich keine Entsprechung mit ähnlicher Bedeu-
tung; im Got. gab Wulfilas (erhaltener) Text
keinen Anlaß, das Wort zu verwenden. Aber die
ahd., as. und ae. Formen legen nahe, daß es sich
um einen wa-St., urg. *rīwa-, handelt, dessen
w nach langem Vokal nur z. T. erhalten ist (s.
Schatz, Ahd. Gr. § 291) und im Auslaut, wo es
sich zunächst als -w (bzw. -g) oder in vokali-
sierter Form erhielt, gleichfalls verlorenging.
Fick III (Germ.)⁴ 280; Seebold, Germ. st. Verben
143 f.; Holthausen, As. Wb. 10; Lasch-Borchling,
Mndd. Handwb. I, 1, 348; Schiller-Lübben, Mndd.
Wb. I, 423; Verdam, Mndl. handwb. 117; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 92 f.; Suppl. 25; Vries, Ndls. et. wb.
87; Dijkstra, Friesch Wb. I, 235; Holthausen, Ae. et.
Wb. 35; Bosworth-Toller, AS Dict. 126; Suppl. 106;
ME Dict. A—B, 1117; OED² II, 534; Oxf. Dict. of
Engl. Et. 117.
Eine urg. Grundform *rī-w-a- wird meist zu
der Basis *bh(e)r-ei̯- : *bh(e)r-ī-, einer Erweite-
rung der Wz. *bher(ǝ)- [**bher(H₁)-] ‚aufwal-
len, sich heftig bewegen‘, gestellt, die man in
aind. bhuráti ‚bewegt sich, zuckt‘, Intens. jár-
bhurīti ‚dss.‘, auch ‚flackert [vom Feuer]‘ (<
*bh-) wiederfindet, viell. auch in av. auua-bar-
aiti ‚strömt herab‘, sowie — aber nicht ohne laut-
gesetzliche Bedenken — in gr. πορφύρω ‚walle
auf‘ (→ brâdam). Aus dem Lat. wird häufig eine
-g-Erweiterung *bhrīg- hierher gestellt: frīgo
‚röste, dörre‘, das seinerseits zu gr. φργω
‚dss.‘, allerdings mit verschiedenem Stammvo-
kal, gehört (→ brâtan).
Nur im Kelt. kommt viell. eine dem germ. *rī-
wa- entsprechende w-Ableitung vor: mir. bréo
‚Flamme‘ (< *bhri-u̯o- Pokorny 133; anders
Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc. B-85).
So scheint die ursprl. Bed. von germ. *rīwa-
‚Gekochtes‘ gewesen zu sein; vgl. obd. Koch
‚Brei‘ (s. u.).
Die früher mit dieser Etym. konkurrierende Anknüp-
fung an lat. friāre ‚zerreiben, zerbröckeln‘ samt u̯o-
Ableitungen wie refrīvus ‚geschrotet‘, frīvolus ‚zer-
brechlich‘ und Rückführung auf die Wz. *bhrēi̯-,
*bhrī- ‚schneiden, schaben‘ (vgl. z. B. Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 92 f.) ist wohl abzulehnen (vgl. Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 549).
Walde-Pokorny II, 157 ff.; Pokorny 132 f.; Mayrho-
fer, K. et. Wb. d. Aind. II, 508; ders., Et. Wb. d. Altin-
doar. II, 250 f.; Bartholomae, Airan. Wb.² 943; Frisk,
Gr. et. Wb. II, 1043 (φριμάσσομαι); Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 610; Chantraine, Dict. ét. gr. 1228; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 548 f. (frīgō). 549 (friō); Ernout-
Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 254 f.; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt.
Spr. I, 309 § 212.
Mdartl. teilt sich das Wort Brei, das besonders im
Schwäb., Hess., Fränk., Thür., Obersächs. und Nie-
derdt. zu Hause ist, mit Synonymen wie Koch n.
(bair.-österr.), Muß (schweiz.), Papp (schles.) u. a. in
den dt. Sprachraum (s. Kretschmer, Wortgeographie
173 f.); auch ist zu bemerken, daß die Variante mit
analogisch verallgemeinertem -n (s. o.), Brein, in der
Volkssprache heute meist irgendeine zu Brei verwen-
dete Körnerfrucht bezeichnet, sei es Hirse, Gerste,
Buchweizen oder Hafer.
S. auch brinnan.