dinstarAWB adj., nur Gl. 3, 4, 43 (St. Gallen 913
alem. 8. Jh.): ‚dunkel, obscurus‘. — Mhd. dinster
(neben dienster, dunster, dimster) ‚finster, dü-
ster‘. Nhd. finster beruht auf mhd. finster, ahd.
finstar (s. d.), indem þ in der Vorform von
ahd. dinstar wegen des folgenden n oder s zu f
wurde. Das anlautende d < þ ist dial. erhalten
in bair., hess. dinster ‚dunkel, düster‘.
Splett, Ahd. Wb. I, 235; Starck-Wells 101; Schade
104; Lexer I, 439; Benecke I, 361; Dt. Wb. II, 1179;
Kluge²¹ 199 (phonetisch weniger wahrscheinlich: Dis-
similation von d zu f wegen des folgenden n); Kluge²²
215; Pfeifer, Et. Wb. 437; Behaghel, Gesch. d. dt.
Spr.⁵ 368; (mit Versetzung des Dentals durch Sprach-
zauber rechnet F. Specht, Die alten Sprachen 5 [1940],
118 f.; zustimmend K. Matzel, Sprache 8 [1962], 224
Anm. 23); Schmeller, Bayer. Wb.² I, 527; Vilmar, Id.
von Kurhessen 73.
Ahd. dinstar entsprechen im Germ. nur mndl.
deemster, nndl. deemster (veraltet) ‚dunkel, fin-
ster, düster‘.
Verdam, Mndl. handwb. 131; Vries, Ndls. et. Wb.
108. — In mndl. duynster anstelle von duuster ‚düster‘
stammt der Nasal mit Assimilation von m zu n aus
deemster (W. de Vries, Tijdschrift 34 [1915—16], 7).
Außerhalb des Germ. ist lit. tim̃sras ‚bleifarbig,
schweißfüchsig (von Pferden), fuchsrot‘ mit
ahd. dinstar identisch (anders Fraenkel, Lit. et.
Wb. 1080. 1097: wegen der übertragenen Be-
deutung könne lit. tim̃sras nicht eine an einen al-
ten idg. neutr. konsonantischen St. getretene ra-
Ableitung sein; doch vgl. die Bedeutung der zu-
gehörigen Wörter aind. tāmrá-, tāmra-; s. u.).
Der Vergleich mit lit. tim̃sras, mhd. dimster und
as. thim(m) ‚dunkel‘ zeigt, daß ahd. dinstar mit
Assimilation von m an s aus *þim(m)star her-
vorgegangen ist, wodurch sich das Wort zu ahd.
demar (s. d.) stellt. In der Vorform urgerm.
*þem(m)s-ra- ist zwischen s und r ein t einge-
schoben (Kluge, Nom. Stammbildung³ § 216;
Wilmanns, Dt. Gr. II § 322, 2). *þem(m)s-ra- <
*temǝs-ro- [**temHs-ro-] kann hinsichtlich Ab-
laut und Bildung mit ro-Suffix unmittelbar mit
aind. támisrā f. (im RV nur pl. támisrāḥ wie im
Lat.) ‚dunkle Nacht‘ (tamisra- n. [auch pl.]
‚Dunkel, dunkle Nacht, Hölle‘) und lat. tene-
brae f. ‚Finsternis‘ (mit Entwicklung von -sr- zu
-br- im Inlaut im Lat.; s. Leumann, Lat. Laut- u.
Formenlehre 207) < *temǝ-srā verglichen wer-
den. Av. tąθra- n. pl. ‚Dunkelheit‘ (tąθraēšu ‚in
der Dunkelheit‘) und npers. tār ‚finster‘ entspre-
chen ahd. dinstar usw., wenn eine Vorform
*tamsra- (mit Entwicklung von -msr- > -nsr- >
-nþr-) und nicht *tam-tra- (Chr. Bartholomae,
Grdr. d. iran. Philol. I, 17; Fick I [Idg.]⁴ 224)
anzunehmen ist.
Weitere Bildungen mit r-Suffix im Aind. sind:
tamrá- (nur RV 10, 73, 5) ‚verdunkelnd, erstik-
kend, beklemmend‘ (< *temro- [**temH-ro-]),
tāmrá- ‚dunkelrot, kupferrot‘ (< *tēm-ro-
[**tēmH-ro-]?; vgl. nisl. þám ‚dunkle Luft‘; →
demar; anders T. Burrow, Bull. School Or. and
Afr. Stud. 38 [1975], 64 f.: *tomró- > aind. tām-
rá-, tāmra- n. ‚Kupfer‘, eigentlich ‚das Dunkel-
rote, Kupferrote‘), timirá- ‚dunkel, finster‘ (as-
similiert aus *tamirá-?).
O. Szemerényi, in II. Fachtagung für idg. und allg.
Sprachwiss. (Innsbruck, 1962), 206 (ebenso Traut-
mann, Germ. Lautgesetze 36; Walde-Hofmann, Lat.
et. Wb. II, 664) führt lat. tenebrae auf *temes-ro- zu-
rück, das entweder gleich aind. támisrā oder gleich
ahd. finstar sein soll. Der i-Laut in aind. támisrā weist
jedoch auf einen Laryngal, der in diesem Wort als Vo-
kal realisiert ist, und bei einer Vorform *temes-ro-
(recte: [**temHes-ro-]) für ahd. finstar (ebenso
(Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 479), die eine Laut-
form mit Mittelvokal ergeben hätte (Kluge²¹ a. a. O.:
*finistar wegen finistar n. und finistrî f. ‚Finsternis‘;
s. d.), ist nicht ganz sicher, ob die Assimilation von m
zu n eingetreten wäre.
Walde-Pokorny I, 720 f.; Pokorny 1063 f.; Fick I
(Idg.)⁴ 59. 224; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 478.
496. 502 (jedoch mit anderer Erklärung des ersten i in
aind. timirá-); Uhlenbeck, K. et. Wb. d. aind. Spr.
109; Bartholomae, Airan. Wb. 650; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 683; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 322 f.;
Vasmer, Russ. et. Wb. III, 162; Persson, Beitr. z. idg.
Wortf. 145 (sein Ansatz *tm̥̄-ro- [**tH-ro-] für
aind. tāmrá- hätte jedoch zu *tārá- geführt).