fasôn sw. v. II, nur bei Notker, Ps.gl. und in
Gl. (2, 670, 51 [11. Jh., bair.]; Thoma, Ahd. Gl.
z. A. Test. 26, 31): ‚nachspüren, suchen, inse-
qui, quaerere, vestigare‘ 〈Var.: u-〉. — Mhd. vas-
sen sw. v. ‚quaerere, investigare‘ (? nur Lexer,
Mhd. Taschenwb.37, ohne Quellenangabe).
Das Wort ist in der nhd. Schriftsprache nicht
belegt, hat aber Entsprechungen in den
schwäb. und schweiz. Mdaa.: schwäb. fasen
sw. v. ‚suchen, ernten‘ (auch einfasnen ‚einern-
ten‘); schweiz. fasen sw. v. ‚zusammenlesen,
-raffen, -suchen‘.
Ahd. Wb. III, 645; Splett, Ahd. Wb. I, 213; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 249; Schützeichel5 130; Starck-Wells
142; Schützeichel, Glossenwortschatz III, 75; Graff
III, 705; Schade 170; Raven, Schw. Verben d. Ahd. II,
38; Sehrt, Notker-Gl. 50. — Schweiz. Id. I, 1058; Fi-
scher, Schwäb. Wb. II, 962. 604 (einfasnen).
Das Verb, das keine Entsprechungen in den an-
deren germ. Sprachen hat, ist wohl von faso ‚Fa-
ser, Faden‘ (s. d.) abgeleitet und bedeutete
ursprl. etwa ‚zerfasern‘ (Pokorny) oder viell.
eher ‚(Fasern, Wolle) zupfen‘; vgl. bair. faseln
‚zupfen‘ (Schmeller, Bayer. Wb.2 I, 763). Zur
Bed. vgl. nfrz. éplucher ‚ausklauben, zupfen‘,
aber auch ‚sorgfältig untersuchen‘ (< vulg.lat.
*piluccare ursprl. ‚die Haare ausrupfen‘; vgl.
Gamillscheg, Et. Wb. d. frz. Spr.2 384); ähnl.
nndl. pluizen.
Nach E. Seebold, Rosenfeld-Festschrift 497 geht so-
wohl faso als auch fasôn auf eine s-Erweiterung der
idg. Wz. *peu̯(ǝ)- [**peu̯(H)-] ‚erforschen‘ (=
*peu̯[ǝ]- [**peu̯(H)-] ‚reinigen, sieben‘; Pokorny 827;
LIV2 480) zurück, aber er räumt ein, daß seine Erklä-
rung der Bildung „etwas kompliziert“ ist. Auch setzen
die schwäb. und schweiz. Verben eher eine Grundbed.
‚rupfen, pflücken‘ als ‚reinigen, sieben‘ voraus. Zwar
kommt im Bair. ein Verb fäseln vor, das nach Schmel-
ler, a. a. O. I, 763 ‚(Getreidekörner) „fähen“, durch
ein kleines Sieb schlagen‘ bedeutet, aber es ist unklar,
ob für dieses isolierte Wort eine ursprl. Bed. ‚Getreide
im Wind reinigen‘ (Seebold; in dem Fall würde man
wohl *fese[l]n erwarten; → fesa) oder ‚ausklauben,
auslesen‘ anzunehmen ist.
Das nhd. Verb faseln (erst seit dem 17. Jh. belegt) ‚wirr
reden, Sinnloses reden‘ ist kaum unmittelbar mit ahd.
fasôn zu verknüpfen, gehört aber wohl auch zu ahd.
faso im Sinne von ‚etwas Leichtes, Substanzloses wie
Fäserchen oder Flaum(flocken) äußern‘ (vgl. mndd.
vāse ‚Torheit, Unsinn, dummes Zeug‘ [Lasch-Borch-
ling, Mndd. Handwb I, 1, 662: „ganz vereinzelt“];
nnorw. fjas ‚dss.‘; rhein. fasel ‚Unsinn, Geschwätz‘).
Zur Bed. vgl. auch aisl. hégómi m. ‚Geschwätz, eitles
Gerede‘, eigentl. wohl ‚ein Gaumen voll Flaum‘. Etwas
anders L. Hermodsson, Studia neoph. 37 (1965),
112 ff.