gelzônAWB sw. v. II, nur 1.sg.prät. in Gl.
2,72,29 kelzota . delatravi (11. Jh., bair.):
‚stöhnend ausrufen, aussprechen; delatrare‘.
— Mhd. -gelzen (in ergelzen ‚aufschreien, die
Stimme erschallen lassen‘), nhd. veralt. gel-
zen, tirol. gelzen ‚heulen, schreien‘. Dane-
ben steht seit dem Mhd. eine Form mit -s-:
mhd. gelsen ‚gellen, schreien, heulen‘, bair.
gelsen ‚heulen, schreien, lachen, summen‘
(auch mit Iterativsuffix -l- gebildetes gelseln
‚ds.‘), tirol., kärnt. gelsen ‚heulen, schreien‘.
Ahd. Wb. 4, 214; Splett, Ahd. Wb. 1, 296; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 364; Schützeichel⁶ 132; Starck-Wells 197;
Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 436; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 657; Graff 4, 178; Lexer 1, 629.
825. 832; Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 180 (delatrare);
Dt. Wb. 5, 3052. 3121. — Schmeller, Bayer. Wb.² 2,
39; Lexer, Kärnt. Wb. 112; Schöpf, Tirol. Id. 184. —
Raven 1963—67: 2, 52.
Ahd. gelzôn (< westgerm. *geltōi̯e/a-) hat
keine direkte Entsprechung. Anders gebildet
sind aisl., nisl. gelta ‚bellen, schreien‘ <
nordgerm. *altii̯e/a-. Das Verhältnis beider
Ableitungen zueinander ist nicht eindeutig.
Da zum einen im Ahd. (wie im As.) Verben
auf -ōn an die Stelle älterer jan-Bildungen
treten können (vgl. ahd. steinôn ‚steinigen‘
[s. d.] : got. stainjan ‚ds.‘; vgl. Krahe-Meid
1969: 3, § 183, 1) könnte eine gemeinsame
urgerm. Bildung *altii̯e/a- angenommen
werden, die im Ahd. den Vokal -e- analo-
gisch von gellan ‚gellen‘ (s. d.) übernahm
und in die ōn-Verben überführt wurde. Als
Ableitungsbasis für *altii̯e/a- ist dann ein
urgerm. (nicht belegtes) st. V. *elte/a-
‚schreien‘ anzunehmen, das seinerseits eine
Weiterbildung mit *-t- zu urgerm. *elle/a-
‚gellen‘ (→ gellan) ist (zu solchen Weiter-
bildungen vgl. ahd. swelzan ‚sich verzehren‘
[s. d.] : ae. swelan ‚schwelen‘; vgl. Krahe-
Meid 1969: 3, § 192). Zum anderen sind
auch zwei Ableitungen von dem Verb ur-
germ. *elte/a- ‚schreien‘ möglich, nämlich
westgerm. *geltōi̯e/a- (> ahd. gelzôn; zur
Vokalstufe der Wurzel vgl. etwa ahd. wegôn
‚helfen‘ : ahd. wegan ‚wiegen‘ [s. d.]; vgl.
Krahe-Meid 1969: 3, § 183, 2) und nord-
germ. *altii̯e/a- (> aisl. gelta; zur Vokalstu-
fe vgl. got. kausjan ‚kosten, schmecken‘ :
got. kiusan ‚prüfen‘; vgl. Krahe-Meid 1969:
3, § 185, 2aα [Verben mit intensiv-iterativer
Bedeutung]).
Die Dentalerweiterung der Wurzel hat in den
anderen idg. Sprachen keine Parallele.
Der Ansatz *galatjan von Vries, Anord. et. Wb.² 163
ist unzutreffend, da das intensiv-iterative Suffix ur-
germ. *-atja- im Aisl. nicht fortgesetzt ist (vgl. Krahe-
Meid 1969: 3, § 193).
Fick 3 (Germ.)⁴ 131; Vries, Anord. et. Wb.² 163;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 384; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 83. — Walde-Pokorny 1, 628; Pokorny
428.
S. gellan.