gelzaAWB, galzaAWB f. jōn-St., nur in Gl. seit
dem 11. Jh.: ‚junge Sau, Ferkel; sucula‘
〈Var.: c-; -eil-; -ze〉. — Mhd. galze, gelze
sw. f. ‚verschnittenes (weibliches) Schwein‘,
nhd. archaisch Gelze f. ‚dss.‘ (vgl. schweiz.
galz ‚verschnittenes Schwein‘).
Ahd. Wb. 4, 214; Splett, Ahd. Wb. 1, 1217; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 364; Schützeichel⁶ 132; Starck-Wells
197. 815; Schützeichel, Glossenwortschatz 3, 436;
Graff 4, 198; Palander 1899: 158 f.; Lexer 1, 731;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 639 (sucula); Dt. Wb. 5,
1207. 3119 ff.; Kluge²¹ 245; Kluge²⁴ s. v. — Schweiz.
Id. 2, 296.
Germanische Entsprechungen sind: mndd.,
mndl. gelte f. ‚verschnittenes Mutter-
schwein‘, nndl. gelte; nostfries. gelt(e) ‚dss.‘;
ae. gilte (*gielte < *galtjōn) ‚junge Sau‘, me.
yelte (me. gilt ‚dss.‘ ist aber aus ält. ndän.
gylt[e] entlehnt; s. u.); aisl. ablautend gylta,
gyltr f. ‚Sau‘ (< *gultjōn), ält. ndän. gylt[e]
‚junge Sau‘, nnorw. gylta ‚Sau‘ (gylt m.
‚Schwein‘), nschwed. dial. gylta ‚junge oder
verschnittene Sau‘; vgl. auch aisl. galti,
galtr, goltr ‚(verschnittener?) Eber‘; ae.
gealt(borg) (?) ‚Schwein‘.
Neben diesen auf urgerm. *elt- : ult- :
(alt-) zurückgehenden Wörtern gibt es an-
dere, die urgerm. *alđ- voraussetzen: ahd.
galt adj. (Hs. gialt) ‚unfruchtbar; sterilis‘
(s. d.), mhd. galt, gelde ‚unfruchtbar, keine
Milch gebend‘, nhd. gelt(e) (obd. galt) ‚dss.‘;
mndl. gelt, geld ‚unfruchtbar‘, nndl. geld;
nwestfries. geld, gjeld ‚unfruchtbar, keine
Milch gebend‘; ae. *gielde, gelde ‚unfrucht-
bar‘; aisl. geldr ‚unfruchtbar, keine Milch
gebend‘ (< *galdja-), gelda sw. v. ‚kastrie-
ren‘, geldingr ‚kastriertes Tier‘; ndän. gold,
nnorw. gjeld, aschwed. galder, nschwed. gall
‚unfruchtbar‘; viell. verwandt ist der got. ON
Galtis ‚Brachfeld?‘.
Fick 3 (Germ.)⁴ 131. 132; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. 2, 1, 59; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. 2, 49;
Verwijs-Verdam, Mndl. wb. 2, 1296 f.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 182. 184; Suppl. 54; Vries, Ndls. et.
wb. 190 f.; Wb. d. ndl. taal 4, 1281 (gelten); Doorn-
kaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 1, 604 f.; Dijkstra,
Friesch Wb. 1, 408; Holthausen, Ae. et. Wb. 129;
Bosworth-Toller, AS Dict. 407. 477; Suppl. 354. 467;
Suppl. 2, 30 (gealt); ME Dict. s.vv.; Björkman [1900—
02] 1973: 210 f.; OED² s. v.; Vries, Anord. et. Wb.²
154. 162 f. 163. 196. 198 f.; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
384 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 79. 100.
102; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 298. 364; Nielsen,
Dansk et. ordb. 160; Ordb. o. d. danske sprog 6,
641 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 145. 192; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 267. 269; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
189; Lehmann, Gothic Et. Dict. G-38. — H. Schwarz,
FS Trier 1954: 448 f.
Die Etymologie ist wegen der nicht überein-
stimmenden Bedeutungen schwierig. Es
handelt sich vielleicht um Kontamination
zweier verschiedener Sippen: germ. *alđ-
hat in allen germ. Sprachen nur die Bed. ‚un-
fruchtbar, keine Milch gebend‘ und seltener
‚kastriert‘ (meistens von Kühen und ähnli-
chen Tieren), während *elt- : ult- (seltener
*alt-) immer ‚Schwein‘, bes. ‚(junges)
weibliches Schwein‘, später auch ‚verschnit-
tenes (weibliches) Schwein‘ bedeutet.
Die zweite Sippe könnte zu ahd. gelzôn ‚de-
latrare‘ (s. d.), mhd. ergelzen ‚aufschreien‘,
aisl. gelta ‚bellen, schreien‘ gehören: die
jungen Schweine heißen ‚die Quiekenden‘
(ähnlich schon Schade 1882: 255 f.); vgl.
nhd. Hahn ‚der Sänger‘, Krähe ‚die Kräch-
zende‘, Küken ‚das Piepende‘, wahrschein-
lich auch Sau ‚die Grunzende‘ usw. Unter
dem Einfluß der ersten Sippe entstand die
jüngere Bed. ‚kastriertes (weibliches)
Schwein‘ und ein denominatives Verb mhd.
gelzen, mndd., frühnndl. (Kiliaan) gelten
‚kastrieren‘.
Verwandtschaft mit ai. huḍu-, huḍa- m. ‚Widder‘
(Pokorny 434) ist äußerst fraglich (vgl. Mayrhofer, K.
et. Wb. d. Aind. 3, 602; ders., Et. Wb. d. Altindoar. 2,
541).
Die erste Sippe läßt sich mit Sicherheit nicht
erklären. Wenn die Grundbed. (trotz der
Minderheit der Belege mit dieser Bed.)
‚kastrieren, unfruchtbar machen‘ war, könnte
die idg. Wz. *ĝhel- ‚schneiden‘ zugrunde lie-
gen (vgl. Walde-Pokorny 1, 628 f.; Pokorny
434); man vergleicht gr. γάλλος ‚verschnitte-
ner Priester der Cybele, Kastrat‘; aus dem
Gr. entlehnt lat. gallus ‚dss.‘.
Schon J. Grimm (Dt. Wb. 4, 3119 ff.) und P.
Lessiak (ZDA 53 [1911—12], 146 f.) haben
dagegen den Ursprung dieser Wörter im Ge-
biete des Zaubers gesucht: ein unfruchtbares
Tier galt als verhext, durch Zaubermittel un-
fruchtbar gemacht. Zum Beweis wurden an-
dere Ausdrücke angeführt, die sowohl Hei-
lung als auch Vergiftung und sogar Kastrie-
rung durch Zauber beschrieben: z. B. mndd.,
mndl. lubben ‚castrare‘, neben mhd. lüppen,
luppen ‚vergiften, heilen‘; mndd. bōten,
mndl. boeten ‚castrare‘ neben mhd. büezen
‚bessern, von etwas befreien‘ (einem bûzen
‚ihm das Kopfweh durch Besprechung he-
ben‘; Lexer 1, 378); mndd. hēlen, heilen
‚heilen, kastrieren‘. Wenn diese Deutung
richtig ist, würden die Wörter zu ahd. galan
‚Zaubergesänge singen‘, bigalan ‚mit Zau-
berformeln besprechen‘, bigalôn ‚verzau-
bern‘, firgalôn ‚bezaubern, verhexen‘, gal-
star ‚Zauber, Zaubergesang‘ (s.dd.) gehören
— also zu einer Variante *al- der germ. Wz.
*el- der zweiten Sippe!
Nach einer anderen, weniger wahrscheinlichen Erklä-
rung gehört diese Sippe zur idg. Wz. *ghal- ‚Schaden,
Gebrechen‘ (Pokorny 411) und zu aisl. galli ‚Fehler,
Schaden‘ (vgl. Vries, Anord. et. Wb.² 154) und (wenn
germ. Erbwörter und nicht aus lat. galla ‚Gallapfel‘
entlehnt) nhd., nndd. Galle ‚unfruchtbare Stelle im
Acker‘, ae. gealla ‚Hautwunde‘. Zur Bed. vgl. ahd.
geisin ‚Mangel‘, geisini ‚Unfruchtbarkeit; sterilitas‘
(s. d.). Die weitere Verbindung mit der idg. Wz.
*ĝheh₁i̯- ‚gähnen, klaffen‘ (vgl. Fick 3 [Germ.]⁴ 130.
132; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 337 f.) ist aber
sehr fraglich.
Abzulehnen Orel 2003: 125: zu lit. núo-galda, ùz-
galda ‚Verschlag im Stall‘, lett. gałds ‚abgespaltenes
Stück, Brett, Tisch‘. Vgl. Fraenkel, Lit. et. Wb. 131;
Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. 1, 589 f.; K. F.
Johansson, ZVSp 36 (1900), 376 (auch sehr fraglich).
Jedenfalls aus lautlichen Gründen nicht zur Wz.
*ĝhel- ‚schneiden‘.