ibbichônAWB sw.v. II, nur Gl. 2,409,57
(Rom, Vat. lat. 5821, 11. Jh.): ‚auf etw. zu-
rückkommen, wiedererzählen; revolvere‘.
Ahd. Wb. 4, 1441; Splett, Ahd. Wb. 1, 1220; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 576; Schützeichel⁷ 162; Starck-Wells
297; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 481; Berg-
mann-Stricker, Katalog Nr. 835; Graff 1, 92 s. v.
Ein in älterer Literatur öfter (etwa Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 288; Lehmann, Gothic Et.
Dict. I-4; Krahe-Meid 1969: 3, § 194 [S.
262]) genannter Zusammenhang mit den
Adj. ahd. abuh (s. d.), as. auh, aisl. ǫfugr,
got. ibuks ‚abgewandt‘, mndl. avesc, me.
(h)auk(e) ‚von links, pervers, falsch, selt-
sam‘, ne. awk-ward, die auf urgerm. *au-
a-/*auχa- deuten, ist fraglich: Die Vor-
form von got. ibuks, urgerm. *euke/a- (<
vorurgerm. *epu-gó-?) kann nur dann die
Ableitungsbasis des sw. Verbs des Ahd. sein,
wenn man zum Ahd. hin eine progressive
Assimilation urgerm. *e — u > *i — u > ahd. i
— i annimmt (die sonst für dieses Vokalpaar
nicht bezeugt zu sein scheint) oder wenn
man mit einer (ebenfalls seltenen) Schrei-
bung <i> für einen bereits reduzierten Mit-
telvokal rechnet (Braune-Reiffenstein 2004:
§§ 62. 67). Die got. Form und die der ande-
ren germ. Sprachen zeigen zudem wohl nicht
nur ein unterschiedliches Suff. (uridg./vor-
urgerm. *-ko- vs. *-go-), sondern auch noch
Ablaut des Grundmorphems. Dieser Ablaut
wäre dann rein innergerm. und sekundär, da
er ausgehend von den unten angeführten
Vorformen zumindest nicht innerhalb eines
Paradigmas ererbt sein kann.
ME Dict. s. v. auk(e) adj.; OED² s. v. †awk adv., n.;
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 288; Lehmann, Gothic Et.
Dict. I-4202. — Raven 1963—67: 2, 72.
Möglicherweise liegt dem ahd. Wort also
eine von der got. Form abweichende Vor-
form vorurgerm. *epi-gó- > urgerm. *eika-
> westgerm. *ibiχa- > ahd. *ipih zugrunde.
Ableitungsgrundlage wäre in diesem Fall
uridg. *(h₁)epi ‚auf, zu, hinzu‘; vgl. etwa ai.
ápi, jav. aipi ‚dss.‘, gr. ἐπί, ἔπι. Urgerm.
*eike/a- würde somit ‚zugewandt, hin-
gewandt‘ bedeuten und könnte Gegensatz-
bildung zu urgerm. *aua-/*auχa- <
uridg. *(h₂)apo/u-ko- sein, das auf uridg.
*(h₂)apo/u ‚weg, fort‘ beruht; vgl. urgerm.
*af, gr. ἀπό, ai. ápa ‚dss.‘ (vgl. dazu auch
Mottausch 2011: 104 f.). Eine fast identische
Bedeutung ergäbe sich für ahd. apuh <
westgerm. *abuga- (evtl. mit innergerm. Va-
riante *abuχa-) auch bei Herleitung aus ei-
nem urspr. Komp. urgerm. *aūu̯a- < uridg.
*(h₂)apu-h₃ku̯-ó-, das zu einem häufigen Ty-
pus von alten Komp. mit der Wz. uridg.
*h₃eku̯- ‚sehen‘ im HG und einer Lokalpkl.
im VG gehören würde; eine fast vollständi-
ge Gleichung stellen für diesen Fall die For-
men (a)ksl. opaky adv. ‚rückwärts, um-
gekehrt‘ < uridg. *(h₂)apo-h₃ku̯-ó- (wörtl.
‚wegblickend‘) und pakъ < uridg. *(h₂)po-
h₃ku̯-ó-, ai. ápāñc- und ápāka- (mit sekundä-
rem Akzent nach ápa?) ‚rückwärts gelegen,
hinten liegend‘, lat. opācus ‚geschützt, schat-
tig‘ (mit Metathese aus urlat. *apōkos; falls
nicht aus *op-u̯āko- ‚zur leeren Seite hin
gelegen‘ und letztlich zu vācuus ‚leer‘) <
uridg. *(h₂)apo-h₃ku̯-ó- dar. Ein nach die-
sem Muster gebildetes uridg. *(h₁)epi-h₃ku̯-
ó- (wörtl. ‚hinblickend‘) ergäbe urgerm.
*eīu̯a- > westgerm. *ebia-/*ebiχa- > ahd.
*ipig/*ipih.
Ebenfalls denkbar wäre für ahd. *ipih
auch eine Herleitung aus einem Komp.
uridg. *(h₁)epi-gu̯h₂-ó ‚hingehend‘ > urgerm.
*eiu̯a zur Wz. uridg. *gu̯eh₂- ‚gehen,
schreiten‘ (so letztlich schon, aber ohne auf
das VG einzugehen, Olsen 1999: 267 f.).
Diese Verbindung von uridg. *(h₁)épi und
*gu̯eh₂- zeigt sich auch in seltenem ai. ápi
gā- ‚eindringen‘ und indirekt in gr. ἐπιβαίνω
‚ich gehe hin‘ < uridg. *(h₁)épi und *gu̯em-
mit synonymer Wz. *gu̯em- statt *gu̯eh₂-.
Das ahd. Verb hätte folglich aufgrund der
belegten deadj. Bildung nach der 2. sw.
Klasse eine Grundbed. ‚zugewandt machen,
zuwenden‘, ggf. mit iterativer Nuance
‚immer wieder zuwenden‘, gehabt. Un-
klar bleibt bei dieser Herleitung die Gemi-
nate <-pp->, die sonst urgerm. *-- bzw.
westgerm. *-bb- voraussetzt (Braune-Reif-
fenstein 2004: §§ 135f. [S. 128—130]).
Es ist aber auch möglich, dass hier ein Fall
von innergerm. Suffix(vokal)wechsel vor-
liegt. Dieser in einigen Stammklassen (et-
wa den n- und s-Stämmen) und bei eini-
gen Suff.var. (z.B. urgerm. *-ina- : *-una-
[s. -ing/-ung]) lautgesetzlich entstandenen
Wechsel, der ein Nebeneinander von urgerm.
*i : *a : *u im Paradigma oder vor identi-
schen weiteren Kons. eines Suff. hervorruft,
war schließlich auf andere Fälle übertragbar,
in denen derartige Vokalwechsel nicht ent-
standen sein konnten. Auch wenn eine sol-
che Analogie hier eingetreten sein sollte, ist
anzunehmen, dass got. ibuks und ahd.
ibbichôn einerseits und ahd. abuh etc. ande-
rerseits verschiedene Wz. zugrunde liegen.
Walde-Pokorny 1, 50; Pokorny 54; Mayrhofer, KEWA
1, 39; ders., EWAia 1, 85 f.; Frisk, Gr. et. Wb. 1, 122.
535; Chantraine, Dict. ét. gr. 97 f. 358; Beekes, Et.
dict. of Gr. 1, 117. 440; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb.
2, 210; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 703; de Vaan, Et.
dict. of Lat. 429; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 11;
Derksen, Et. dict. of Slav. 372; Et. slov. jaz. staroslov.
587 f.. 622 f.; Bezlaj, Et. slov. slov. jez. 2, 249; 3, 4;
Vasmer, Russ. et. Wb. 2, 269 f. 303 f.; ders., Ėt. slov.
russ. jaz. 3, 142. 188. 189; Schuster-Šewc, Hist.-et.
Wb. d. Sorb. 1655. — Krahe-Meid 1969: 3, §§ 60 (S.
50 f.). 144 (S. 192). 194 (S. 262); Havránek 1973—80:
1, 143 f.; 2. 536 ff.; Neri 2007: 74 f. Anm. 198;
Schaffner 2009; Mottausch 2011: 104 f.; Orel 2011: 3,
3 f.
S. abuh.