harênAWB sw. v. III, seit dem 8. Jh. in Gl.,
B, GB, M, MF, MH, bei N, Npg, O: ‚laut ru-
fen, schreien, flehen, zurufen, anrufen, rufen,
sagen; clamare, clamitare, exclamare, invo-
care, iubilare, vocare‘. — Mhd. har(e)n sw. v.
‚rufen, schreien‘.
Ahd. Wb. 4, 711 ff.; Splett, Ahd. Wb. 1, 355; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 517; Schützeichel⁶ 149; Starck-Wells
255; Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 170; See-
bold, ChWdW8 154; Graff 4, 978 ff.; Lexer 1, 1185;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 107 (clamare, clamitare).
236 (exclamare). 354 (invocare). 358 (iubilare). 717
(vocare). — Raven 1963—67: 2, 226; Braune-
Reiffenstein 2004: § 369. — E. Ochs, PBB 40 (1915),
467 ff.
Das sw. Verb III ahd. harên (< *χazai̯-/
-i̯e/a-) steht im Germ. allein. In den anderen
germ. Sprachen finden sich nur sw. Verben
I: ae. herian, me. herien ‚loben, preisen‘;
got. hazjan ‚loben, preisen‘ (davon abgeleitet
hazeins ‚Lob[lied]‘ [< *χaz-īni-]; vgl. Casa-
retto 2004: 355): < urgerm. *χazii̯e/a-.
Fick 3 (Germ.)⁴ 86; Holthausen, Ae. et. Wb. 157;
Bosworth-Toller, AS Dict. 534; Suppl. 539; ME Dict.
s. v.; OED² s. v. †hery, v.; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
252 f.; Lehmann, Gothic Et. Dict. H-55. — Bammes-
berger 1965: 92.
Urgerm. *χazii̯e/a- < vorurgerm. *kos-éi̯e/o-
hat keine gesicherte Etymologie. Nach G.
Dunkel (FS Strunk 1995: 17) wäre vorur-
germ. *kos-éi̯e/o- eine Intensiv/Iterativ-
Bildung (zum Suffix vgl. Krahe-Meid 1969:
3, § 185, 2aα) zur Verbalwurzel uridg. *kes-
‚ordnen‘ (→ haro) und hätte eine unmittel-
bare Parallele in lit. kasýti ‚kratzen‘. Die für
das Germ. anzunehmende Grundbedeutung
‚preisen‘ soll sich dabei aus ‚(Worte) ordnen,
(einen Hymnus) verfassen‘ entwickelt haben.
Die Einordnung als Intensiv/Iterativ-Bildung
liefert jedoch keine Erklärung für das
Schwanken zwischen der I. und III. sw.
Klasse im Germ. Wie jedoch aus dem wohl
zugehörigen gr. κόσμος ‚Ordnung‘ mit der
Ableitung gr. κοσμεῖν ‚anordnen, befehlen‘,
das auch die Bedeutung ‚ehren‘ annehmen
kann, hervorgeht, liegt auch für das Germ.
die Annahme eines abgeleiteten Verbs näher.
Zu postulieren wäre für das Germ. daher ein
verlorengegangenes Adj. oder Subst. *χaza-/
ō- ‚gepriesen‘ bzw. ‚Preis(lied)‘, von dem
beide Ableitungen stammen (zum Ablei-
tungstyp vgl. Krahe-Meid 1969: 3, § 185, 2b.
3b).
Die von J. L. García Ramón (FS Rix 1993: 127 ff.)
vorgeschlagene Verbindung mit der Verbalwz. uridg.
*k̂eNs- ‚(öffentlich) schätzen, verkünden‘ (wohl
*k̂ens-; → hansa) ist wegen des lautlich nicht erklär-
baren und analogisch kaum wahrscheinlichen Nasal-
verlusts nicht überzeugend.
Auch die Zusammenstellung mit der Verbalwz. uridg.
*k̂eHs- ‚anweisen‘ ist aus semantischen Gründen
nicht plausibel (vgl. J. L. García Ramón, FS Rix 1993:
127; LIV² 318 Anm. 1).
Walde-Pokorny 1, 353. 358; Pokorny 585; LIV² 357;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 226 f.
S. haro.