êwisclîhAWB adj., nur Abrogans Gl. 1, 106, 35.
107, 35: ‚publicus‘ 〈Var.: Pa ae-, K e-〉. Die
Übersetzung scheint ohne Berücksichtigung
des Textzusammenhangs erfolgt zu sein. Denn
lat. de peculato de furto publico (‚Diebstahl an
Staatsmitteln, Unterschlagung‘) sive debredato
steht ahd. unfarholano unfarstolano aeuuisclih
farmarit gegenüber. I. Guericke, Die Entwick-
lung des ahd. Participiums unter dem Einfl. des
Lat. (Diss. Königsberg i. Pr., 1915) 19 deutet
êwisclîh als ‚gesetzlich festgesetzt‘ und bezieht
das Wort auf êwa ‚Gesetz‘ (→ êwa¹). Doch ist
es nach Splett, Abrogans-Studien 171 f. in Hin-
blick auf lat. publicus wahrscheinlicher, êwisc-
lîh als Umdeutung eines Wortes aufzufassen,
das im Ae. als ēawesclīce adv. ‚öffentlich, pa-
lam‘, ēawisclīc adj. ‚offenbar, augenschein-
lich‘, ēawislīce adv. ‚manifestum‘ (H. Weyhe,
Streitberg-Festgabe [1924], 395 ff.) bezeugt
und in Anlehnung an ǣwisce ‚Schande‘ zu ēa-
wisclīce ‚schändlich‘ umgedeutet worden ist.
Für eine Umdeutung zu êwisclîh ‚schändlich‘
erst im Verlauf der Abrogansübersetzung spre-
che die ahd. Glossierung insgesamt wie auch
das folgende firmarit ‚bekannt‘ als Überset-
zung von vorausgehendem publico.
Ahd. Wb. III, 468; Splett, Ahd. Wb. I, 193; Starck-
Wells 135; Bosworth-Toller, AS Dict. 237; Suppl. 177.
Bereits Koegel, Lit.gesch. I, 2, 435 hat êwisclîh als
‚schändlich‘ wiedergegeben (E. Gutmacher, PBB 39
[1914], 245) und als Synonym zu folgendem firmarit
‚in schlechten Ruf gebracht‘ aufgefaßt. Nach Splett,
a. a. O. wird jedoch ahd. firmârit nur im positiven Sinn
gebraucht (→ firmâren).
Anders als Betz, Deutsch u. Lat. 69 f. annimmt, ist Be-
zug auf awi- in awizoraht ‚palam‘ (Gl. 1, 224, 36; →
agawisfirinri) für êwisclîh nicht möglich, da anlau-
tendes ae- in Pa nicht als Graphie für umgelautetes a
gefaßt werden kann (Koegel, Über d. Keron. Gl. 3.
17).