ana²
Band I, Spalte 215
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ana² f. n-St. Großmutter, avia, ava, die ahd.
Form ist nur in Gl. belegt, spätere Gl. haben
ane, einmal an (15. Jh., radiert aus ana); mhd.
ane sw. f. wird auch literarisch häufig ge-
braucht im Sinne von Großmutter, Urgroßmut-
ter, Ahne
; nhd. Ahne. ano m. n-St. Großva-
ter, Vorfahr, avus
, Gl., Otfrid, Notker, spätere
Gl. haben ane, ani (13. Jh. obd.), außerdem je
einmal ene (12. Jh.) und en (15. Jh.); mhd. ane,
an, ene sw. m. Großvater, dazu das Dimin.
enel mit den zwei Bed. Großväterchen und
Enkelkind (so noch heute gelegentlich in
österr. Mda., E. Hermann, Nachr. v. d. Ges. d.
Wiss. zu Gött. 1918, 215 f., s. auch W. Schulze,
Zfvgl. Spr. 40 [1905/06], 409 f. 411 Anm. 2);
nhd. Ahn im Sinne Vorfahr seit dem 18. Jh.
wiederbelebt (Kuhberg, Verschollenes Sprachgut
35).

Ahd. Wb. I, 410. 532; Schützeichel³ 8; Starck-Wells
24. 29; Graff I, 282; Schade I, 14. 20; Lexer I, 65 f.;
Benecke I, 37 f.; Dt. Wb. I, 192. 194; III, 52. 483;
Kluge²¹ 9 (Ahn).

Der Wortstamm ist für den gesamten germ.
Sprachenkreis bezeugt, in Form von Appellati-
ven allerdings nur für das Deutsche und Ndl.,
anderwärts in Eigennamen oder Teilen von sol-
chen: as. Ano (Freckenhorster Heberolle, um
1100, s. Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 26. 28),
mndd. āne m. Vorfahr; mndl. aen Großvater
in den ostmndl. Zss. aenhere Großvater, aen-
hete Urgroßvater; ae. PN Anela, Onela (Kose-
form); aisl. li (< *Analo-), li (< *Anulo-),
s. Noreen, Aisl. Gr.⁴ § 116. 123. 299, 2, dazu a-
nord. láfr (< *Anu-laiaR), ndän. aner pl.,
nschwed. anor pl. aus dem Mndd.; got. Anila,
*Anala (Schönfeld, Wb. d. agerm. PN 19: Ha-
nale [= ] gen.sg. 6. Jh.).

Fick III (Germ.)⁴ 11; Holthausen, As. Wb. 3; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 82; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. VI (Nachtrag), 16 f.; Verdam, Mndl.
handwb. 8. 12. 20; Wb. d. ndl. taal I, 168 f.; Holthau-
sen, Ae. et. Wb. 5; Vries, Anord. et. Wb.² 6; Jóhannes-
son, Isl. et. Wb. 24; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 3. 215; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 28 f.;
Ordb. o. d. danske spr. I, 569; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 24; Svenska akad. ordb. A1649; Holthausen,
Got. et. Wb. 6.

Der Wortkern an-, der den germ. Vokabeln zu-
grundeliegt, entspricht wohl, wie viele Ver-
wandtschaftsbez., einem ursprl. Lallwort (daher
keine Ablautsvariationen; sicher nicht zur idg.
Wz. *an- (**HenH₁-) atmen, wie J. Grimm
wollte ZfdA. 1 [1841], 22; ebensowenig zum
Präp.stamm *an- hinan, so O. Wiedemann, BB
27 [1902], 223). Auch außergerm. begegnet an-
nicht selten, wobei sich meist nicht zwischen
Erbwort und Neuschöpfung entscheiden läßt;
gr. ἀννίς μητρὸς ἢ πατρὸς μήτηρ Hesych I,
180 Z. 29, bestätigt durch die böot. Inschrift ἀν-
νίν akk. (CIG VII, 3380), dazu inschriftlich aus
Larissa ἄννων akk. Großmutter (CIG IX, 2,
877); lat. anus u-St. altes Weib, anna säu-
gende Frau, Pflegemutter
öfters inschriftlich
(s. CIL III, 2, 1089 [Index]; III Suppl. 2134
Nr. 12826); messapisch ana; arm. aner Vater
der Frau
(wenn < idg. *an-ero etwas wie der
Ahn
, d. i. der mütterliche Großvater, während
arm. han Großmutter wahrscheinlicher zu hin,
verwandt mit lat. senex, gehört, s. M. E.
Schmidt, Zfvgl. Spr. 47 [1915/16], 189); lit.
anta Schwiegermutter der Frau, apreuß. ane
Altmutter (Elbinger Vocabular Nr. 172); heth.
anna Mutter, anna Großmutter; lykisch
Xñna- Mutter.

Walde-Pokorny I, 55; Pokorny 37; Frisk, Gr. et. Wb.
I, 100. 112; Chantraine, Dict. ét. gr. 91; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. I, 50. 55; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 35 ff.; Thes. ling. lat. II, 107 f. 199 f.; Krahe, Spr.
d. Illyrer I, 80; ders., IF 46 (1928), 183 f.; E. Vetter,
Glotta 20 (1931/32), 67 ff.; Haas, Messap. Stud. 27 ff.;
Hübschmann, Arm. Gr. I, 463; Fraenkel, Lit. et. Wb.
10 f.; Trautmann, Apreuß. Spr.denkm. 84; Tischler,
Heth. et. Gl. 24 f.; E. Laroche, BSLP 53 (1957/58),
186 ff.; Pedersen, Lyk. u. Hitt. 26; Puhvel, Hitt. Et.
Dict. III, 57.

Mdartl. sind die beiden Wörter, und zwar im Sinne
von Großvater bzw. Großmutter, nur noch im obd.
Süden lebendig; dabei hat sich immer mehr ein Kon-
trast von umlautslosen Formen wie Ahne (Nahne, di-
min. Ahl, Nahl, Ahnl) für Großmutter und umgelau-
tetem Ähne (Nähne, dimin. Ähl, Nähle, Ähnl) für
Großvater (nie allg. = Vorfahr) herauskristallisiert
(so schon einmal Gl. 3, 427, 22 f.: auus ene; aua ana
Cod. Vindob. 804, 12. Jh. obd.); der Umlaut des
mask. Ähne (schon mhd. ene) usw. ist noch unerklärt:
Analogie zu Enkel (so R. Hotzenköcherle, Die Mda.
von Mutten [Frauenfeld, 1934], 79) ist höchst un-
wahrscheinlich weshalb nur das Mask.? J. Grimms
Ansatz (Dt. Wb. III, 483) von frühahd. *anio ließe
-nn- erwarten (auch zeigen selbst die ältesten Belege
keine Spur von -i- oder -e-, s. Braune, Ahd. Gr.¹³
§ 223); ob man bei dem fast nur im Sg. gebrauchten
mask. n-St. an Übertragung aus dem gen. dat. sg.
*enin (< anin) denken darf, wie im Falle von der
Töt: die Tot Pate: Patin (s. Weinhold, Alem. Gr. 433;
Schatz, Abair. Gr. § 24. 105 b)? Vgl. Schweiz. Id. I,
247 ff.; Ochs, Bad. Wb. I, 27 (äni und ana 1559); Fi-
scher, Schwäb. Wb. I, 171 f. 191 f.; Jutz, Vorarlb. Wb.
I, 56 f.; Schmeller, Bayer. Wb.² I, 85 f. (einen Enin und
ain Annen; meines Een und meiner An); Unger-Khull,
Steir. Wortschatz 14; Kranzmayer, Wb. d. bair. Mdaa.
in Österr. I, 225 f.; Müller, Rhein. Wb. I, 82.
Mitzka-Schmitt, Dt. Wortatlas XXI, 314 ff. (Groß-
mutter). 351 ff. (Großvater) und zwei Karten.

S. auch hevianna.

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