blasAWB adj., nur in Gl.: ‚mit einer Blesse verse-
hen (von Pferden), candidus, calidus (vgl. Du
Cange II, 31; Thes. ling. lat. III, 169), palli-
dus‘; auch in der Zss. blas-rosAWB ‚Pferd mit wei-
ßem Stirnfleck‘ (Gl. 3, 79, 11; 13. Jh.). — Mhd.
(selten) blas ‚kahl‘ (vgl. nndl. bles ‚kahl‘, s. u.);
‚gering, schwach‘ (d. h. ‚kahl an Ansehen‘?;
Neidhart 48, 18); mit der Bed. ‚blaß, bleich‘
zuerst in Norddeutschland (Brun v. Schone-
becke, 13. Jh.) und in der Sprache des
Deutschordens (Nicolaus v. Jeroschin, 14. Jh.).
— Nhd. blaß (im 16. Jh. noch selten, bei Luther
nicht belegt, obgleich er das Verb erblassen
kannte; erst seit dem späten 17. Jh. in der
Schriftsprache allgemein, neben bleich; fehlt
noch in obd. Mdaa.).
Trotz O. Schlutter, Zfdt. Wortf. 14 (1912—13), 141 f. ist
ahd. plasas Gl. 2, 655, 43 wohl nom. sg.neutr. des Adj.
(zur Endung vgl. H. J. Velthuis, De Tegernseeër Glossen
op Vergilius 71), nicht fehlerhaft für *plasa f. ‚Blesse‘.
Ahd. Wb. I, 1176. 1182 (blasros); Splett, Ahd. Wb. I,
76; Starck-Wells 64; Graff III, 257; Schade 74; Lexer
I, 296; Benecke I, 200; Dt. Wb. II, 72 f.; Kluge²¹ 81
(blaß). 84 (Blesse); Kluge²² 89 f. 92; Pfeifer, Et. Wb.
183 (blaß). 187 (Blesse); Trübners Dt. Wb. I, 348 f.;
Weigand, Dt. Wb.⁵ I, 247. 252.
Zu vergleichen sind as. blas ‚candidus‘ (Hs. cadi-
us; vgl. Wadstein, Kl. as. Spr.denkm. 109, 18.
174; Ahd. Wb. I, 1176), mndd. blāsen(hingest,
-pert) ‚Pferd mit weißem Stirnfleck‘; mndl. bles
adj. ‚mit weißem Stirnfleck; kahl‘, nndl. bles f.
‚Blesse, Pferd mit Blesse‘; adj. ‚kahl‘; ne. blaze
‚Blesse; Markierung (an Bäumen)‘ (zuerst im
17. Jh. belegt) ist wohl ein Lehnwort (aus dem
Skand.? Ndl.? Nddt.?; vgl. OED² II, 269 f.;
W. W. Skeat, Notes on Engl. Etym. [Oxford,
1901], 9; Oxf. Dict. of Engl. Et. 99); aisl. blesóttr
adj. ‚mit weißem Stirnfleck‘ (< *-uhta-; zur Bil-
dung vgl. Kluge, Nom. Stammbildung³ § 218,
und → bartohti), blesi m. Beiname für ein Pferd
mit Blesse, nisl. nnorw. blesa ‚Blesse‘, nschwed.
bläs(a), ndän. blis ‚dss.‘. Dazu mit gramm.
Wechsel und Rhotazismus mndd. blāre f.
‚Blesse‘; mndl. blaer adj. ‚mit weißem Stirnfleck;
kahl‘, nndl. blaar f. ‚Blesse‘; ae. blere adj. ‚mit
weißem Fleck; kahl‘.
Anders Pokorny 160: mndd. blāre < *bhlē-ro- und
mit mir. blār ‚mit weißem Stirnfleck‘, kymr. blawr
‚grau, bläulich‘ nahe verwandt; → blâo. Bei Walde-
Pokorny ist mndd. blāre sowohl unter *bhles- (ahd.
blas, II, 217) als auch unter *bhlēu̯os (ahd. blâo, II,
212) zu finden! Besonders wegen ae. blere, das Po-
korny wohl nicht kannte, ist seine Deutung abzuleh-
nen. Der lange Vokal in den mndd. und ndl. Formen
ist durch Dehnung in einer offenen Silbe regelmäßig
entstanden (< *blazō-, *blaza-); vgl. Meer, Hist. Gr.
d. ndl. Spr. § 8; Lasch, Mndd. Gr. § 74.
Fick III (Germ.)⁴ 285 f.; Holthausen, As. Wb. 8;
Lasch-Borchling, Mndd.Handwb. I, 1, 290 f.; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 352 f.; Verdam, Mndl.
handwb. 101 f.; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 70 f.;
Vries, Ndls. et. wb. 61. 64; Holthausen, Ae. et. Wb. 27
(blere); Bosworth-Toller, AS Dict. 109 (fehlerhaft);
Suppl. 97; Suppl. II, 11; W. Lehmann, Anglia Beibl. 17
(1906), 296 f.; M. Förster, Anglia 41 (1917), 122 f.;
O. Schlutter, Anglia 48 (1924), 388 ff.; L. Miles, Philol.
Quart. 45 (1966), 435 f.; Vries, Anord. et. Wb.² 43;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 646 f.; Holthausen, Vgl. Wb.
d. Awestnord. 19; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 83;
Torp, Nynorsk et. ordb. 29; Hellquist, Svensk et.
ordb.³ 84.
Die aufgrund dieser Formen anzusetzende ur-
germ. Basis *las-, ablautend *les- ‚glänzen,
leuchten‘ kommt auch mit einer anderen Bed. in
einigen westgerm. Sprachen vor: mhd. mndd.
blas n. ‚Fackel, brennende Kerze‘; ae. blæse
‚Fackel, Feuer‘, me. blāse, blease, blēse ‚Flam-
me, Feuer‘, ne. blaze ‚dss.‘, und in der Erweite-
rung ahd. blasmo ‚Flamme‘ (s. d.), andfrk. *blas-
mo (Hs. blasma; vgl. Helten, Aostndfrk. Psal-
menfrag. 63. 163 f. [§ 68]).
Die Wurzelform *les- ist eine nur im Germ. be-
legte Erweiterung der idg. Wz. *bhel(ǝ)-
[**bhel(H₁)-] ‚glänzend, weiß‘ (→ bal², be-
licha); vgl. aind. bhsati ‚scheint, leuchtet‘ neben
bhti ‚leuchtet‘ (Krahe-Meid, Germ. Sprachwiss.
III § 187).
Walde-Pokorny II, 217; Pokorny 158.