*bluozan, pluozan red. v., nur in alten obd.
Gl.: ‚opfern, als Opfer darbringen, sacrificare,
immolare, libare, adolere‘ 〈Var.: plo(o)z(z)-,
pluazz-, ploaz(z)-; prät. pleruzzun, sw.prät.
plozta (vgl. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ 353 Anm. 4.
354 Anm. 3); part. prät. kaplozan〉. — Das Verb,
wie auch die damit verbundenen Substantive
*bluoz (→ *bluozhûs) und bluostar (s. d.), sind
schon in ahd. Zeit (wohl wegen ihrer heidni-
schen Beiklänge) ausgestorben und durch die
Lehnwörter opfar, opfarôn (s. d. d.) ersetzt
worden.
Ahd. Wb. I, 1242 f.; Splett, Ahd. Wb. I, 85; Starck-
Wells 68; Graff III, 259 f.; Schade 78; Raven, Schw.
Verben d. Ahd. I, 11; H. Wesche, PBB 61 (1937),
39 ff.
Entsprechende Wörter kommen in den meisten
altgerm. Dialekten vor, aber nur im Skand. sind
sie — als hist. Bezeichnung für den heidnischen
Brauch — bis auf den heutigen Tag lebendig ge-
blieben: as. nur in der Zss. blōtmānōth ‚Novem-
ber‘ (Holthausen, As. Wb. 8; Gallée, Vorstud. z.
e. andd. Wb. 32; vgl. K. Weinhold, Dt. Monats-
namen [Halle, 1869], 33 und schwed. blotmå-
nad ‚Oktober‘, Svenska akad. ordb. B-3469; für
ein einfaches *blōt [Holthausen, a. a. O. 8] gibt
es keine Belege); ae. blōtan (prät. blēot) red. v.,
auch sw. v. ‚opfern‘, blōt n. ‚Opfer‘; aisl. blóta
(blét, blótinn) red. v., auch sw. v. ‚opfern,
(durch Opfer) verehren; fluchen‘, blót n. ‚Got-
tesverehrung mit Opfer, Opferfest; Abgott‘, nisl.
blóta, nschwed. blota, ndän. nnorw. blote ‚op-
fern‘ (aus dem Urnord. entlehnt finn. luote, gen.
luotteen ‚Zaubergesang‘, luottehikas ‚magisch‘,
luotattaa ‚brummen, murren‘; lapp. [norw.]
luotte ‚magischer Gesang‘; vgl. E. N. Setälä,
Finn.-Ugr. Forsch. 13 [1913], 406; Karsten,
Germ.-finn. Lehnw. 56. 102; ders., GRM 16
[1928], 369; Collinder, Urg. Lehnw. im Finn.
218 ff.); got. blōtan ‚verehren, σέβεσθαι, λα-
τρεύειν‘ (rein christl.), blōtinassus m. ‚Vereh-
rung, σέβασμα, λατρεία‘, us-blōteins f. ‚Flehen,
παράκλησις‘, guþ-blōstreis m. ‚Gottesverehrer,
θεοσεβής‘.
Nach Karsten, Germ.-finn. Lehnw. 102; ders., GRM
16 (1928), 369 Anm. 1; H. M. Flasdieck, Krahe-Fest-
schrift 27 ff., gehört auch hierher ae. blētsian, ne. bless
‚segnen‘ (< *lōtisōn). Diese Et. ist wohl der allg. an-
genommenen Herleitung des Wortes aus *lōđisōn
‚mit Blut besprengen‘ vorzuziehen (vgl. Skeat, Et. Dict.
of Engl. 63; Oxf. Dict. of Engl. Et. 100; Holthausen,
Ae. et. Wb. 27 und s. u.).
Fick III (Germ.)⁴ 287; Seebold, Germ. st. Verben
122 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 28; Bosworth-Toller,
AS Dict. 112 f.; Suppl. 99; Suppl. II, 11; Vries, Anord.
et. Wb.² 45; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 643; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 20; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 86; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 49; Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 100 f. 580; Lehmann, Gothic Et.
Dict. B-83.
Die Etymologie ist umstritten. Verglichen wird
meistens lat. flāmen ‚Opferpriester, Eigenprie-
ster einer bestimmten Gottheit‘ (< *bhlād-
[s]men?), so z. B. Walde-Pokorny II, 209 (Wz.
*bhlād- ‚opfern‘); Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. I, 512 f. (unsicher Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 239); Seebold, Feist, Falk-Torp, Jóhan-
nesson, a. a. O. Diese wohl zuerst von S. Bugge,
BB 3 (1879), 98 vorgeschlagene Verbindung
wird aber von denjenigen abgewiesen, die lat.
flāmen nicht von aind. bráhman- n. ‚Formung,
Gestaltung, Formulierung‘, brahmán- m. ‚Dich-
ter, Sänger, Former‘; (jünger) ‚Opferpriester‘
trennen wollen und trotz der lautlichen Schwie-
rigkeiten (s. bes. Walde-Hofmann, a. a. O.;
Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 452 ff.; ders.,
Et. Wb. d. Altindoar. II, 236 ff.) das lat. Wort
aus *bhlagh-(s)men herleiten. Dabei werden die
angeblichen sachlichen Übereinstimmungen der
beiden Wörter hervorgehoben (vor allem von
G. Dumézil in mehreren Schriften; s. bes. Fla-
men-Brahman [Paris, 1935], Rez. von A. Meil-
let, BSLP 37 [1936], 37), die wie andere Wörter
sakralen Inhalts zu einem gemeinsamen itali-
schen und indoiranischen religiösen Wortschatz
gehören sollen (vgl. auch Pokorny 154, Ansatz
*bhlagh-men-). Nachdem P. Thieme, Zddt. Mor-
genl. Ges. 102 (1952), 91 ff. durch eine einge-
hende Analyse des Gebrauchs von ved. bráh-
man-, brahmán- diese Übereinstimmungen als
höchst bedenklich hat erscheinen lassen, verliert
die Zusammenstellung an Wahrscheinlichkeit
und tritt die Gleichung lat. flā(men) = germ.
*lō-(tan)- wieder in den Vordergrund (nach
E. P. Hamp, IF 79 [1974], 157 ist auch kymr.
blawdd ‚boast, brag; commotion, terror‘ ver-
wandt). Alle Versuche, idg. *bhlād- mit anderen
idg. Wurzeln zu verbinden, wie z. B. *bhel(ǝ)-
‚aufschwellen‘ (J. Loewenthal, Ark. f. nord. fil.
35 [1918—19], 231 f.: < *bhelā- + *dau- ‚geben‘
= ‚stark machen‘; Prellwitz, Et. Wb. d. gr. Spr.²
345 ‚schlachten‘, zu gr. φλαδεῖν ‚zerreißen‘)
sind aber völlig mißlungen.
Auch Etymologien, die lat. flāmen aus dem Spiel las-
sen und Anknüpfungen an germ. Wörter oder Basen
versuchen, sind ohne Ausnahme aus semantischen
oder lautlichen Gründen unbefriedigend. Ohne weite-
res abzulehnen sind Th. v. Grienberger, Unters. z. got.
Wortkunde 51 (zu ahd. plooz ‚superbus‘, → *blôz);
J. Loewenthal, PBB 45 (1921), 258 f., der germ. *lō-
tan- später zu germ. *lōđa- ‚Blut‘ stellt (→ bluot²)
und als Parallele ne. bless, ae. blœdsian, blētsian ‚seg-
nen‘ anführt (urspr. ‚mit Blut besprengen‘; s. aber
oben).
Noch erwägenswert ist viell. der wenig beachtete Er-
klärungsversuch E. Rooths (Altgerm. Wortstud. 98
Anm. 3), der germ. *lōtan- als ‚das Gedeihenmachen,
Sättigung, Speisung‘ der Götter deutet und zu ahd.
bluoen ‚blühen, wachsen‘, bluot ‚das Blühen‘ (s. d. d.)
stellt. Sachlich wird solch eine Deutung des idg. und
frühgerm. Opfers u. a. von Schrader, Reallex. d. idg.
Alt.² II, 135 bestätigt. Lautlich ist die Etym. etwas
schwächer, denn man müßte von einem idg. Verbalab-
straktum *bhlō-d- mit einem im Idg. und bes. im
Germ. seltenen d-Formans ausgehen (s. Brugmann, K.
vgl. Gr. § 430; Wilmanns, Dt. Gr. II § 273 f.).
Verfehlt R. Meringer, Zfösterr. Gymn. 54 (1903),
398 f.: zu aind. mlā- ‚schwach werden‘, kroat. mlaviti
‚schlagen‘; Berneker, Slav. et. Wb. II, 65 f.: viell. zu
abulg. moljǫ ‚bitte‘.