hurstAWB f.(m.) i-St., nur in Gl., seit dem
10. Jh.: ‚Gebüsch, Gestrüpp; dumus, rubus, vi-
rectum‘ 〈Var.: hustdi (Verschreibung)〉. In
ON ist das Wort seit dem 9. Jh. nachweisbar:
Havickhurst (a. 890), Leicholczhurst (a. 1363,
heute Legelshurst), als FamN seit dem 13. Jh.:
Heinricus zir Hurst (a. 1271), mit Suffix -er
Hurster und in komponierten FamN wie Vah-
renhorst, Scharnhorst (Socin [1903] 1966:
380; Heintze-Cascorbi 1933: 263 f.; Bach
1952 ff.: 1, § 237b*; 2, §§ 362. 565. 639, 2).
— Mhd. hurst st. f., pl. hürste ‚Gesträuch, Hek-
ke, Dickicht‘, ält. nhd. hurst m. f. ‚Strauch-
werk, Gebüsch‘ ist die oberdeutsche Form zu
ält. nhd. horst m. ‚Strauchwerk‘, in der Jäger-
sprache ‚Raubvogelnest‘, im Nhd. hat sich die
ostmd. Lautform Horst m. ‚Raubvogelnest‘
durchgesetzt. Nach J. Trier (GS Foerste 1970:
106) ist diese Bedeutung metonymisch vom
bevorzugten Ort des Nestes auf das Nest selbst
übertragen. Da sich die Nester von Raubvö-
geln aber nicht im niedrigen Buschwerk, son-
dern auf hohen Bäumen, Felsen o. Ä. befinden
und die Bauweise vielmehr an ein Gestrüpp
erinnert, ist eher an eine metaphorische Über-
tragung zu denken. Die urspr. Bedeutung ist
nur mdartl. fortgesetzt: schweiz., els., bad.,
schwäb., bair. hurst, pfälz., lüneb. horst,
schlesw.-holst. hörst ‚Strauch, Hecke, Wäld-
chen‘, südhess. horst ‚Jungwald mit wirrem
Buschwerk‘, osächs. horst ‚Stelle im Getreide-
feld, auf der die Halme auffallend dünn ste-
hen, weil der Boden dort unfruchtbar ist‘,
märk., meckl. horst Bezeichnung für eine Er-
höhung im Gelände, ndsächs. horst ‚Büschel
Pflanzen‘.
Ahd. Wb. 4, 1411; Splett, Ahd. Wb. 1, 1219; Köbler, Wb.
d. ahd. Spr. 573; Schützeichel⁶ 171; Starck-Wells 295;
Schützeichel, Glossenwortschatz 4, 467; Bergmann-
Stricker, Katalog Nr. 112; Graff 4, 1042; Lexer 1, 1397;
3, Nachtr. 253; Dt. Wb. 10, 1833 f. 1969 f; Kluge²¹ 317;
Kluge²⁴ s. v.; Pfeifer, Et. Wb.² 558. — Schweiz. Id. 2,
1640 f.; Martin-Lienhart, Wb. d. els. Mdaa. 1, 376;
Ochs, Bad. Wb. 2, 800; Fischer, Schwäb. Wb. 3, 1921;
Schmeller, Bayer. Wb.² 1, 1167; Müller, Rhein. Wb. 3,
838 (in FlurN); Christmann, Pfälz. Wb. 3, 1185; Mau-
rer-Mulch, Südhess. Wb. 3, 730; Frings-Große, Wb. d.
obersächs. Mdaa. 2, 399; Bretschneider, Brandenb.-
berlin. Wb. 2, 720; Jungandreas, Ndsächs. Wb. 6, 580 f.;
Kück, Lüneb. Wb. 1, 748; Mensing, Schleswig-holst.
Wb. 2, 919; Wossidlo-Teuchert, Meckl. Wb. 3, 812.
In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. -hurst in ON (z. B. ca. a. 890 Arnahurst,
heute Arenhorst, ca. a. 890 Musanahurst; s. P.
Derks, BNF 26 [1991], 33), mndd. horst, hurst
f. ‚niedriges Gestrüpp, Buschwerk, unzugäng-
liche Hecke‘; mndl. horst, hurst f., frühnndl.
(Kiliaan) horscht, horst ‚Unterholz, Gestrüpp‘,
nndl. horst m. ‚Raubvogelnest‘ (1. Beleg in
dieser Bedeutung 1547); nostfries. hö(r)st,
horst ‚Gebüsch, sandige Anhöhe‘; ae. hyrst m.
‚Hügel, Gebüsch, Gehölz‘, me. hirst(e)
(hurst[e], herst[e]) ‚Gebüsch, Hügel, Sand-
bank‘, ne. hurst ‚Gebüsch, (sandiger) Hügel,
Sandbank‘ (in den Varianten -hurst, -herst,
-hirst häufig in ON und FlurN; vgl. Hawk-
hurst, Ferniehirst, Amherst); norw. rust ‚Hain,
Waldhügel, Bergrücken‘ mit r-Metathese (No-
reen [1923] 1970: § 315): < urgerm. *χursti-.
Fick 3 (Germ.)⁴ 78; Holthausen, As. Wb. 38; Lasch-
Borchling, Mndd. Handwb. 2, 1, 360; Schiller-Lübben,
Mndd. Wb. 2, 304 f.; 6, Nachtr. 160; Verwijs-Verdam,
Mndl. wb. 3, 605; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 263;
Suppl. 73; Vries, Ndls. et. wb. 269; Et. wb. Ndl. F-Ka
464 f.; Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. 2,
107 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 185; Bosworth-Toller,
AS Dict. 584; Suppl. 587; ME Dict. s. v.; OED² s. v.;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 2, 923 f.; Torp, Nynorsk
et. ordb. 552. — Trier 1952: 74 f.; J. Trier, GS Foerste
1970: 100—104; H. Beckers, BNF 8 (1973), 13 f.
Die Etymologie vom tiefstufigen *χursti- f.
‚Geflecht, Gestrüpp‘ ist umstritten. Am ehe-
sten handelt es sich um eine Ableitung vorur-
germ. *k(t)-stí- von der uridg. Verbalwz.
*k/k̂erH(t)- ‚flechten‘, die auch in urgerm.
*χurþ/đi- f. ‚Flechtwerk‘ fortgesetzt ist (→
hurt, hurd; dort ausführlich zur weiteren
Etymologie). Im Ablaut zu urgerm. *χursti-
steht *χarsta/ō(n)- ‚Flechtwerk‘ (→ harst) <
vorurgerm. *kor(t)-sto- (vgl. W. Meid, IF 69
[1964], 229; auch Hill 2003: 102 hält diese
Verbindung für möglich, bedenklich er-
scheinen ihm aber die semantischen Unter-
schiede. Diese lassen sich ohne große
Schwierigkeiten überbrücken, wenn man für
die beiden Konstrukte von einer unterschied-
lichen Qualität des ‚Geflechts‘ ausgeht:
*χursti- ‚[natürliches] Gestrüpp‘ : *χarsta-
‚[menschliches, künstliches] Flechtwerk‘
[mit einem höherem Grad der Kunstfertig-
keit]; vgl. vlehte ‚Zopf‘ und ‚Hautaus-
schlag‘).
Einen anderen Anschluß erwägen Kluge²⁴
s. v., E. P. Hamp, FS Penzl 1979: 175—181
u. a. Ausgehend von vorurgerm. *ku̯stí- wird
das Wort zu einem mit anderem Suffix abge-
leiteten air. crann n. ‚Baum, Gehölz‘ < vorur-
kelt. *ku̯s-nó- gestellt. Daneben stehe hoch-
stufiges kymr. prenn, korn. pren < vorurkelt.
*ku̯res-no- (vgl. Pedersen [1909—13] 1976: 1,
§ 30, 2) und kymr. prys ‚Reisig, Gebüsch‘ <
vorurkelt. *ku̯res-t-ii̯os-. Und aus dem Slaw.
gehöre aruss. chvorostъ, russ. chvórost ‚Rei-
sig‘, bulg. chrást ‚Busch, Gebüsch‘, serbo-
kroat. hrâst ‚Eiche‘, atschech. chvrast,
tschech. chrast ‚Gebüsch‘, poln., osorb. chróst
‚Reisig, Gesträuch‘ (< urslaw. *chu̯orst-)
hierher. Bei diesem Anschluß ist jedoch vor
allem der Anlaut schwierig. Deshalb nimmt
Hamp, a. a. O. 178 Entlehnung des Wortes aus
dem Germ. an (so schon C. C. Uhlenbeck,
ArchSlPh 15 [1893], 486; anders Berneker,
Slav. et. Wb. 1, 409: der Anlaut sei onomato-
poetisch gebildet), da für das Vorurslaw. nur
ein Ansatz mit stimmhaftem Velar *(s)gu̯-
möglich ist. Doch abgesehen davon, daß ein
Lehnwort aufgrund der Bedeutung unwahr-
scheinlich ist, wäre als urslaw. Vorform dann
nur *chъrstъ möglich (vgl. Kiparsky 1934:
35 f.). Für das Germ. käme allenfalls *ku̯- mit
stimmlosem Velar in Frage.
Walde-Pokorny 1, 418. 477; Pokorny 584. 633; Berne-
ker, Slav. et. Wb. 1, 408 f.; Vasmer, Russ. et. Wb. 3, 237;
Schuster-Šewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 406; Fick 2
(Kelt.)⁴ 63; Delamarre, Dict. gaul. 213; Vendryes, Lex.
ét. de l’irl. anc. C-222 f.; Dict. of Irish C-508 f.; Dict. of
Welsh 3, 2925. — H. Krahe, PBB 71 (1949), 243; W.
Meid, IF 69 (1964), 229 f.; de Bernardo Stempel 1999:
256 f.; Hill 2003: 101 f.