aga f. ō-St. (?), ‚Elster, pica‘ (Corvus pica L.),
zweimal belegt: aga Gl. 4, 228, 3 (11. Jh. Brüssel
10072; æ übergeschrieben und darum nicht
ganz frei vom Verdacht ags. Ursprungs: H. Mi-
chiels, Engl. Bestandteile adt. Gl. 59; Suolahti,
Dt. Vogelnamen 192 f.); age Gl. 3, 21, 28; 14. Jh.
— 27 Hss. haben an paralleler Stelle agalstra,
eine Hs. hat agistra. Doch gibt es weder mhd.
noch in der dt. Hochsprache oder in den dt.
Mdaa. von heute eine entsprechende Kurzform
zu verzeichnen.
Ahd. Wb. I, 54; Starck-Wells 16.
Die einzige germ. Entsprechung kommt aus
dem Altengl. und zwar aus Ælfrics Glossar: agu
‚pica‘. Da aber auch die ahd. Form aga aus dem
11. Jh. mit ihrer Korrektur æ- ags. Herkunft
verdächtigt wird (s. o.) — wennschon nicht mit
sehr stichhaltigen Argumenten —, so ist der
zweite dt. Glossenbeleg, age, aus dem 14. Jh.
fast allein maßgebend.
Holthausen, Ae. et. Wb. 3; Bosworth-Toller, AS Dict.
30 (agu); Sweet, Student’s AS Dict. 8 (agu ‚magpie‘);
Wright, A Vol. of Vocabularies² 29 Z. 43: „Pica agu“;
Wright-Wülcker, AS and OE Vocabularies I, 132¹¹.
Trotz der äußerst spärlichen Überlieferung in
den dt. und in den germ. Quellen überhaupt
dürfte die Etymologie von ahd. aga kaum zwei-
felhaft sein. Sie führt auf eine urgerm. Grund-
form *aō zurück, die ihrerseits mit gram.
Wechsel aus idg. *a (**H₂eeH₂) herzuleiten
ist, also etwa ‚die mit spitzabstehendem
Schwanz‘. Und dem entspricht gr. ἀκή ‚Spitze‘
(reduplizierend ἀκωκή, wie ἀγωγή: ἄγω), also
ein vokalischer ā-St. zu der idg. Wz. *a-
(**H₂e-); vgl. auch lat. aceō ‚bin sauer‘, alb.
aϑete ‚herb, sauer‘, eh ‚ich schärfe‘ (< *a-
sk(i̯)-ō), dazu eh m., ehë f. ‚Messerschneide‘,
preh, gegisch pref ‚ich wetze‘, lit. aštrùs und lett.
ass ‚scharf‘.
Walde-Pokorny I, 32; Pokorny 20; Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 32 f.; Frisk, Gr. et. Wb. I, 52; Chantraine, Dict. ét.
gr. 43 ff.; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 6 (aceō);
Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 5 ff.; Meyer, Et. Wb. d.
alb. Spr. 2; Jokl, Ling.-kulturhist. Unters. d. Alb. 49;
H. Pedersen, Zfvgl.Spr. 36 (1900), 332 (alb. eh < *a-
sk-?); Fraenkel, Lit. et. Wb. 19.
Die Möglichkeit, daß es sich bei ahd. aga um eine
nachträgliche Kurzform handelt zu agalstra, agastra,
ist abzuweisen, einmal, weil es der parallelen ae. Form
agu an entsprechenden Vollformen gebricht, und wei-
terhin, weil eine solche ‚Kurzform‘ im Germ. sich
meist durch Verdopplung (und Verstärkung) des in-
lautenden Konsonanten, etwa *aggo oder *akko ver-
rät. Für eine tatsächliche Kurzform von aga(l)stra, →
agaza.