bar²AWB, par²AWB adj., nur an eíner Gl.stelle, 1, 503, 8,
in zwei Hss.: Wien 2723 parremo; Wien 2732
paremo dat. sg. m., beide 10. Jh., bair.: ‚starr
aufgerichtet, (hals)starrig, erectus‘ (Hiob 15, 26
... erecto collo et pingui cervice ...); zwei andere
Hss., gleichfalls bair., aber ein Jh. jünger, erset-
zen das abgehende Wort durch Formen des adj.
verwendeten part. präs. barrênti (s. d.); aber-
mals ein Jh. später, in der Göttweiger Hs. 103,
nimmt der Glossator seine Zuflucht zu einer
Lehnübersetzung: ufgerihtmo. Man darf vermu-
ten, wohl wegen des Gleichklangs mit einem
anderen Adj., bar¹ im Sinne von ‚bloß, einfach‘,
wurde bar² schon in mittelalterlicher Zeit außer
Kurs gesetzt.
Ahd. Wb. I, 810; Starck-Wells 42; Graff III, 155.
Auch in den anderen germ. Dialekten begegnen
keine Entsprechungen außer im Anord., — einer
der nicht seltenen Fälle von Reliktwörtern, die
sich nur im extremen Süden und Norden des
germ. Sprachgebietes erhalten haben. Schon
immer hat man in aisl. barr n. ‚Nadel(baum)‘,
nschwed. barr, nnorw. ndän. bar ‚dss.‘ einen Ab-
kömmling von germ. *barza- vermutet, der —
letzten Endes zur idg. Wz. *bhar- ‚hervorste-
hen‘ gehörig; → baro, bart — mit s-Erweiterung
auf die idg. Basis *bhars-: *bhors-: *bhs- ‚em-
por-, dagegenstehen‘ zurückführte; vgl. noch
air. barr ‚Spitze, Gipfel‘, mir. borr ‚groß, stolz‘.
Walde-Pokorny II, 131 f.; Pokorny 108 f.; Vries, A-
nord. et. Wb.² 27; Pedersen, Vgl. Gr. d. kelt. Spr. I, 44.
Daher das doppelte -rr- (< germ. -rz-) in par-
remo (s. o.) und in Ableitungen wie ahd. *bar-
rên ‚starr emporstehen‘ (→ barrênti) und bar-
runga (s. d.) sowie dem iterativen oder intensi-
ven *barrez(z)en, mhd. barzen ‚strotzen, hervor-
drängen‘ (→ *barrez[z]enti). Gerade die letzt-
genannten Bildungen auf -ez(z)en, -zen haben
ein Echo von ahd. bar² in obd. Mdaa. bis heute
bewahrt, entweder mit Sekundärumlaut in bair.
pärzen (neben porzen) ‚sich in die Höhe rek-
ken‘, übertr. ‚sich brüsten‘ oder ‚sich sträuben‘
(dazu Substantive wie Parzen, Parzach ‚junges
Nadelholz‘, die auch in der Bed. dem heutigen
Skand. vergleichbar sind) oder schweiz. barzen
‚hervorragen, strotzen‘.
Schmeller, Bayer. Wb.² I, 284; Lexer, Kärnt. Wb.
(Nachtr.) 337; Schöpf, Tirol. Id. 31; Kranzmayer,
Wb. d. bair. Mdaa. in Österr. II, 388 ff.; Schweiz. Id.
IV, 1637 f.; Fischer, Schwäb. Wb. I, 1302 f. — Vgl. auch
H. Gradl, Zfvgl. Spr. 17 (1868), 21 f. und R. Koegel,
ZfdA. 33 (1889), 22.