durriAWB adj. ja-St.: ‚trocken, siccus, torridus,
aridus‘ 〈Var.: thurri, durre〉. — Mhd. dürre, dur-
re (im Obd. fehlt der Sekundärumlaut vor r +
Konsonant [Michels, Mhd. El.buch § 65]),
nhd. dürr. Noch bei Luther ist das Adj. zwei-
silbig (dürre wie dicke, dünne, feste, schwere).
Splett, Ahd. Wb. I, 133; Schützeichel⁴ 95; Starck-
Wells 111. 801; Graff V, 200; Schade 118; Lexer I,
497; Benecke I, 322; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 48
(aridus); Dt. Wb. II, 1735 ff.; Kluge²¹ 149; Kluge²²
162; Pfeifer, Et. Wb. 322.
Die germ. Verwandten lauten: as. thurri ‚dürr‘,
mndd. dorre, dörre, dör ‚welk, dürr, trocken‘;
mndl. dorre, dor, durre, dur ‚dürr, trocken,
schroff; geschmacklos‘ (zum Fehlen des Um-
lauts bei den Kontinuanten von ja-Stämmen im
Mndl. s. Loey, Schönfeld’s hist. gr. van het ndls.
§ 126; Franck, Mndl. Gr. § 165), nndl. dor, dor-
re ‚dürr, trocken, öde‘; ae. ðyrre ‚dürr, trocken‘;
aisl. þurr ‚dürr‘; nnorw. turr; ält. ndän. thyrr,
ndän. tør ‚trocken, dürr‘, daneben ‚nüchtern,
humorlos‘ (nach dem Vorbild der Bedeutung
von dt. trocken); aschwed. þor, þør, nschwed.
torr; got. þaursus: < þurzu-. Im Afries. er-
scheint die Entsprechung nur in dem Komposi-
tum thōrenge f. ‚Dürre‘. Während der u-Stamm
im Got. (mit s anstelle von z in Analogie nach
dem st. Verb ga-þairsan ‚verdorren‘) und A-
nord. bewahrt ist, ist er im Westgerm. wie sonst
häufig in einen ja-Stamm übergegangen.
Fick III (Germ.)⁴ 183; Holthausen, As. Wb. 79;
Lasch-Borchling, Mndd. Handwb. I, 1, 458; Schiller-
Lübben, Mndd. Wb. I, 553; Verdam, Mndl. handwb.
149; Franck, Et. wb. d. ndl. taal² 127; Vries, Ndls. et.
wb. 128; Holthausen, Afries. Wb.² 111; Holthausen,
Ae. et. Wb. 375; Bosworth-Toller, AS Dict. 1086;
Vries, Anord. et. Wb.² 627; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
444 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 322; Falk-
Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1318; Torp, Nynorsk et.
ordb. 817; Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog III,
1054; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 1208 f.; Feist, Vgl.
Wb. d. got. Spr. 493; Lehmann, Gothic Et. Dict. þ-25.
Außergerm. Entsprechungen von urgerm. *þur-
zu- sind: aind. tṣú- ‚begierig‘, eigtl. ‚dürstend
nach‘; av. taršu- ‚trocken, fest‘; air. tur, taur
‚ausgetrocknet, trocken‘ (< *tarsu- < *tsu-);
vgl. zur Bedeutung ferner alat. adj. torrus ‚trok-
ken‘, erweitert torridus ‚gedörrt, ausgetrocknet,
zusammengeschrumpft‘ (torris m. ‚Feuerbrand,
brennendes Scheit‘), air. tír ‚trocken‘, Bildun-
gen, die von der Wz. uridg. *ters- ‚trocken sein‘
ausgehen (zur frühen Entwicklung von *-ers- zu
*-ēr- im Vorurkelt. vgl. die Vorform von air. tír
‚Erde, Land, Gebiet‘; → derren) und im Falle
der Vorform uridg. *tsú- die auch sonst bei u-
stämmigen Adjektiven nachweisbare schwund-
stufige Wurzelform zeigen. Übrigens werden die
Kontinuanten von urgerm. *þurzu- wie das
ebenfalls von dieser Wz. abgeleitete Adj. aind.
tṣṭá- ‚heiser‘ (→ durst) auch auf die Stimme und
Sprache angewendet (zugehörig wohl auch gr.
τραυλός ‚lispelnd‘ als Erweiterung von *τρα-
[σ]ύς = got. þaursus).
Sloven. trzek ‚geizig‘, das man früher in der Grundbe-
deutung ‚trocken‘ als Ableitung mit k-Suffix zu ahd.
durri gestellt hat, ist wegen seiner Beschränkung auf
das Sloven. ein zweifelhaftes Zeugnis für die Ver-
wandtschaft der beiden Wörter.
Walde-Pokorny I, 738; Pokorny 1079; Fick I (Idg.)⁴
61. 444; Frisk, Gr. et. Wb. II, 919; Vendryes, Lex. ét.
de l’irl. anc. T-75. 183; Dict. of Irish T-187 f.; Agrell,
Zur balt.-slav. Lautgesch. 3; M. Bloomfield, Lang. 1
(1925), 88. 90.
Völlig verfehlt ist die in Anlehnung an Vorstellungen
J. Triers vorgenommene Ableitung der Bedeutung
‚trocken‘ aus dem Lehmbewurf (so Vries, Anord. et.
Wb.² 627).