derren
Band II, Spalte 605
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derrenAWB sw. v. I, Otfrid, Notker und in Gl.:
dörren; trocknen, rösten, pandere, siccare,
torrere
Var.: in bair. Hss. mit umlauthemmen-
dem r + Konsonant: Gl. 2, 332, 49 thárran Clm
14747, 10. Jh.; 1, 341, 26 darrfes Wien Cod.
1761, 10. Jh.; 3, 476, 7 darren Clm 17403,
13. Jh.; prät. tharta mit Rückumlaut; part. prät.
giderrit neben gedart usw.. Mhd. derren,
darren (Genesis, Milstätter Hs., 12. Jh.), där-
ren (mit Sekundärumlaut), dirren (zur Schrei-
bung i für Umlaut-e im Md. s. Weinhold,
Mhd. Gr.² § 29) dörren, austrocknen, nhd.
dörren (mit Rundung von e zu ö), aber z. B.
noch bei Henisch derren, darren neben dörren.
Die umlautlose Form erscheint im Nhd. in dem
Subst. Darre (neben Derre) ( darra) und in
fachsprachlichen Ausdrücken wie Malz darren
(mit darren als denominalem Verb?; s. u.). Im
Nhd. bedeutet dörren neben trocken machen,
austrocknen
(ält. nhd. neben dürren, dirren)
auch ausdörren, was auf einen Zusammenfall
der Fortsetzung des transitiven derren und des
intransitiven dorren trocken, dürr werden,
verdorren, vertrocknen
( dorrên) weist.

Splett, Ahd. Wb. I, 133; Schützeichel⁴ 89; Starck-
Wells 98. 799; Graff V, 199. 221; Schade 98. 100;
Sehrt-Legner, Notker-Wortschatz 102; Otfrid (Kelle)
III, 614; Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 27 Anm. 1; Raven,
Schw. Verben d. Ahd. I, 27 f. 29 f.; Lexer I, 420 f.; Be-
necke I, 322; Paul, Mhd. Gr.²³ § 41 Anm. 2, 1. 48, 1;
Diefenbach, Gl. lat.-germ. 46 (arefacere). 532 (siccare).
589 (torrere); Dt. Wb. II, 787. 1189. 1301 f. 1742 f.;
Kluge²² 152; Pfeifer, Et. Wb. 300.

In den dt. Dialekten findet sich die transitive Bedeu-
tung trocken machen auch bei den Verben els.,
schwäb. dürren, bad., rhein., südhess. dürren bzw.
schweiz. darren, tirol. darrn, dârn, pfälz., niederhess.,
siebenbürg.-sächs., hamb. darren trocknen, schles-
wig-holst. darren, darnen darren, meckl. darren ge-
quollene Gerste zu Malz dörren
, preuß. darren Malz
und Flachs dörren
, die Ableitungen von dem Adj. dürr
bzw. von dem Subst. Darre (s. o.) sind.

Schweiz. Id. XIII, 1016 ff.; Martin-Lienhart, Wb. d.
els. Mdaa. II, 707; Ochs, Bad. Wb. I, 511; Fischer,
Schwäb. Wb. II, 282; Schatz, Wb. d. tirol. Mdaa.
128 f.; Müller, Rhein. Wb. I, 1587; Christmann, Pfälz.
Wb. II, 121. 359 f.; Maurer-Mulch, Südhess. Wb. I,
1592. 1904; Crecelius, Oberhess. Wb. 315; Vilmar, Id.
von Kurhessen 66; Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wb.
II, 16; Scheel, Hamb. Wb. I, 661. 805; Mensing,
Schleswig-holst. Wb. I, 684; Wossidlo-Teuchert,
Meckl. Wb. II, 257 f. 426; Frischbier, Preuß. Wb. I,
133; Ziesemer, Preuß. Wb. I, 80; II, 24.

Germ. Verwandte zu ahd. derren sind mndd.
dörrn trocknen lassen, verdorren lassen, dürr
machen
; ae. ā-ðierran, ðirran, (ðyrran, s. u.)
trocknen, abwischen; aisl., nisl. þerra trock-
nen
; nnorw. terra; nschwed. dial. tärra < ur-
germ. *þarzijan-, dem Kausativ zu urgerm.
*þersan- verdorren (got. *gaþairsan st. v. ver-
dorren
[nur akk. sg. f. part. prät. ga-þaursana
habands handu]). Ndän. tørre trocknen, dör-
ren
und ält. ndän. thyrre, Ableitungen von
ndän. tør, ält. ndän. thyrr trocken, dürr (
durri), haben die Fortsetzung von anord. þerra
trocknen ersetzt. Auch das in der Poesie be-
zeugte ae. ðyrran dörren, trocknen ist wohl
nicht genau mit ahd. derren identisch, sondern
von dem adj. ðyrre dürr abgeleitet (zum unfe-
sten
y anstelle von ie im späteren Westsächs. s.
Sievers-Brunner, Ae. Gr.³ § 31). Demgegenüber
könnte nostfries. dāren darren von dem Subst.
Darre ausgegangen sein. Aus frk. *þarrjan dör-
ren
stammt frz. tarir trocken legen, vertrock-
nen, erschöpfen
.

Fick III (Germ.)⁴ 183; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 458; Doornkaat Koolman, Wb. d. ost-
fries. Spr. I, 281; Holthausen, Ae. et. Wb. 365. 375;
Bosworth-Toller, AS Dict. 58. 1086; Suppl. 55. 792;
Vries, Anord. et. Wb.² 609; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 314; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1318;
Torp, Nynorsk et. ordb. 781; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog III, 1015; Hellquist, Svensk et. ordb.³
1209; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 206. 493; Lehmann,
Gothic Et. Dict. G-151; Gamillscheg, Et. Wb. d. frz.
Spr.² 835.

Urgerm. *þarzijan- trocken machen entspre-
chen außerhalb des Germ.: lat. torrēre dörren,
trocknen, entzünden
, aind. taráyati läßt dur-
sten, schmachten
, alb. ter trockne an der Luft,
Verben, die von der Wz. uridg. *ters- trocknen,
verdorren
abgeleitet sind. Die Ablautstufe des
st. Verbs got. *gaþairsan begegnet in gr. τέρσο-
μαι werde trocken. Daß die e-Stufe im Griech.
alt ist, macht τερσῆναι trocken machen, ab-
trocknen
(anstelle von *ταρσῆναι) wahrschein-
lich; vgl. ferner gr. τερσαίνω mache trocken.
Arm. tՙarami-, tՙaami- verwelken ist dagegen
ein Denominativ von *tharam, *thaam ver-
welkt
< *ts-; vgl. dazu arm. tՙa Stange zum
Trocknen von Trauben u. dgl.
(zu arm. erat
Regenmangel, adj. ohne Regen; durst).
Vergleichbare Bildungen sind weiterhin air. tír
trocken, tírim trockne; lat. terra f. Erde,
osk. teer(úm), terúm territorium, teras terræ
(< *terso-, *tersā, älter *tērso-, *tērsā); air. tír
n. s-Stamm, später m. und f. Erde, Land, Ge-
biet
; akymr., korn., bret. tir Land (< *tersos
mit früher Entwicklung von *-ers- zu *-ēr-).

Leitet man air. tír aus einer Vorform *tēros her, wobei
der s-Stamm in lat. terrestris, terrēnus < *tēres-tri/ no-
(mit -rr- statt -ēr- nach terra) vorläge (J. Vendryes,
MSLP 13 [1905/06], 384 f.), so ergibt sich das Pro-
blem, daß die Wz. *ters- entweder aus einem s-Stamm
*ter[e]s- entwickelt wäre oder gegenüber dem Stamm
*ter-es- eine bloß verbale s-Erweiterung enthielte, was
wenig überzeugt.

Walde-Pokorny I, 737 f.; Pokorny 1078 f.; Fick I
(Idg.)⁴ 61. 444; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. I, 525;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. I, 635 f.; Boisacq, Dict. ét.
gr.⁴ 959; Frisk, Gr. et. Wb. 882; Chantraine, Dict. ét.
gr. 1108; Curtius, Grundzüge d. gr. Et.⁵ 224 f.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. II, 673 f. 694; Ernout-Meillet,
Dict. ét. lat.⁴ 696 f.; Vaniek, Et. Wb. der lat. Spr.
108 f.; K. F. Johansson, Zfvgl.Spr. 30 (1890), 425
Anm. 2; G. Ciardi-Dupré, BB 26 (1901), 204; Leu-
mann, Lat. Laut- und Formenlehre § 102; Hübsch-
mann, Arm. Gr. I, 442; Lidén, Arm. Stud. 45 f.; Klin-
genschmitt, Altarm. Verbum 99; Fraenkel, Lit. et. Wb.
1128; Fick II (Kelt.)⁴ 130; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. T-74 f.; Dict. of Irish T-187; R. Thurneysen,
Zfvgl.Spr. 28 (1887), 147; W. Stokes, Zfvgl.Spr. 28
(1887), 292. Frisks, a. a. O. Vermutung, daß gr. τέρ-
σομαι nicht unbedingt mit got. *gaþairsan gleichge-
setzt zu werden braucht, da das got. Part. Prät. auch
zu got. gaþaursnan verdorren gehören kann, ist un-
zutreffend, da von den Verben der 4. sw. Klasse kein
Part. Prät. gebildet wird (Braune, Got. Gr.¹⁹ § 195).
Auch Chantraine, a. a. O. kennt die Verbindung des
gr. mit dem got. Verb nicht an.

S. auch darra, dorrên, durri, durst.

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