klenan
Band V, Spalte 587
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klenan st.v. V (prät. [-]klan, -, part.
prät. giklenan), seit dem 9. Jh. in Gl.: be-
streichen, eng verbunden sein; collinere,
conglutinare, linere
. Von der Wurzelstruk-
tur her gehört das Verb urspr. zur Klasse IV.
Wie das Part.Prät. zeigt, ist es in die Klasse
V übergetreten (Braune-Reiffenstein 2004:
§§ 340 Anm. 2. 343 Anm. 6). Daneben er-
weist das Part.Prät. des Komp. biklenan be-
streichen, beschmieren
(s. d.) bereits für die
ahd. Zeit sw. Formen (vielleicht mitbe-
günstigt durch die faktitive Bedeutungs-
komponente schmutzig machen). Im Mhd.
hat dann das sw. Verb das st. Verb voll-
kommen verdrängt. Die im Komp. biklenan
belegten Schreibungen mit -m- sind durch
Einfluss des Subst. kleim Leim (s. d.) ent-
standen. Mhd. klenen sw.v. schmieren,
kleben, verstreichen
, nhd. dial. schweiz.
chlänen klettern (zum semantischen Zu-
sammenhang zwischen kleben und klet-
tern
s. klîban und klimban), bair. klänen
schmieren, streichen, kärnt. verklânen
verschmieren, zustopfen, tirol. klân(en)
schmieren, verkleben, bestreichen, steir.
klänen schmieren, streichen, klecksen, tün-
chen
.

Ahd. Wb. 5, 244 f.; Splett, Ahd. Wb. 1, 464; Köbler,
Wb. d. ahd. Spr. 666; Schützeichel⁷ 177; Starck-Wells
335; Schützeichel, Glossenwortschatz 5, 245; See-
bold, ChWdW9 471; Graff 4, 558; Lexer 1, 1620; 3,
Nachtr. 274; Diefenbach, Gl. lat.-germ. 331 (linere);
Dt. Wb. 11, 144 f.; Kluge²¹ 375; Kluge²⁵ s. v. Klei;
Pfeifer, Et. Wb.² 665. Schweiz. Id. 3, 650; Stalder,
Versuch eines schweiz. Id. 2, 105; Schmeller, Bayer.
Wb.² 1, 1331; Lexer, Kärnt. Wb. 159; Schatz, Wb. d.
tirol. Mdaa. 1, 337; Unger-Khull, Steir. Wortschatz
390. Riecke 1996: 158.

In den anderen germ. Sprachen entsprechen:
as. -klenan (in biklenan bestreichen, be-
sudeln
): < urgerm. *klinō/a- st.v. IV (se-
kundär mit thematischer Umbildung; vgl. da-
zu Krahe-Meid 1969: 3, § 186, 2 [S. 252 f.]).
Das urspr. nur dem Präs. zugehörige *-n-
ist im gesamten Paradigma verallgemeinert
worden.

Eine Umbildung zum sw.v. I und mit ana-
logischer Vollstufe begegnet in aisl., nisl.,
fär. klína, ndän., nnorw. kline, nschwed. dial.
klina (be-)schmieren < urgerm. *klīnie/a-.

Fick 3 (Germ.)⁴ 57; Seebold, Germ. st. Verben 299;
Tiefenbach, As. Handwb. 213; Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 84. 89. 172; Vries, Anord. et. Wb.² 317;
Jóhannesson, Isl. et. Wb. 372; Fritzner, Ordb. o. d. g.
norske sprog 2, 298; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awest-
nord. 156; Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 1, 532;
Magnússon, sl. Orðsb. 476; Nielsen, Dansk et. ordb.
224; Ordb. o. d. danske sprog 10, 567 ff.; Bjorvand,
Våre arveord² 580 f.; Torp, Nynorsk et. ordb. 285;
NOB s. v. kline; Svenska akad. ordb. s. v. klena.

Urgerm. *kline/a- < uridg. *gli-né/n-H-
ist ein n-Infix-Präs. zur Verbalwz. uridg.
*gleH- bestreichen, kleben bleiben. Auch
air. -glen kleben, hängen bleiben und kymr.
glynu kleben, anhängen, treu bleiben,
mkorn. glena kleben, an etw. hängen,
mbret. -glenaff (englenaff anhaften) weisen
auf ein solches n-Infix-Präsens (urkelt.
*glina-).

Daneben steht eine Präs.-Bildung uridg.
*gléiH-e/o-, fortgesetzt in ostlit. glejù be-
streiche
(die lit. Form. gliejù bestreiche ist
analogisch nach dem Inf. gliti gebildet).

Daneben sind mehrere deverbale Nomina
bezeugt: abret. gloiat Klette < urkelt.
*gleati- < vorurkelt. *gleH-ti-; eine Ablei-
tung von einem reinen Dentalstamm liegt in
lat. glūten Leim < vorurit. *gloH-t-en- vor.
Eine thematische Bildung erscheint in mndd.
klei, ae. clǣg Lehm, Ton < uridg. *gloH-
o-; nicht sicher ist, ob auch gr. γλοιός m.
klebriger Stoff, Harz, Gummi zugehörig ist
oder auf eine *-o-Bildung (s. u.) zurück-
geht; russ.-ksl. glina (neben gnila mit Me-
tathese), nruss. glína, bulg. glína (neben
gníla), serbo-kroat. glina, gnjȉla, slowen.
glina, tschech., slowak. hlína, poln. glina,
osorb. hlina, ndsorb. glina, polab. glano
Lehm, Ton (< vorurslaw. *gleH-neh₂-); gr.
γλίνη Leim < vorurgr. *glineh₂- muss we-
gen des kurzen -í- entweder eine jüngere
oder analogische Bildung sein, da eine alte
Folge *-iH- ein langes -ī- ergeben hätte. Zur
Ableitung mit *-o- (worauf möglicherweise
auch gr. γλοιός zurückgeht) s. klêo Klee, zu
der mit *-mo- s. kleim Leim.

Der Ansatz mit Laryngal ist sowohl durch
das -a- in abret. gloiat Klette als auch
durch die Gemination in urgerm. *klaa- (<
uridg. *gloH-o-) gesichert.

Walde-Pokorny 1, 619 ff.; Pokorny 362; LIV² 190;
Frisk, Gr. et. Wb. 1, 312 f.; Chantraine, Dict. ét. gr.
227 f.; Beekes, Et. dict. of Gr. 1, 276 f.; Walde-Hof-
mann, Lat. et. Wb. 1, 611 f.; Ernout-Meillet, Dict. ét.
lat.⁴ 277 f.; de Vaan, Et. dict. of Lat. 266 f.; Thes. ling.
lat. 6, 2110 f.; Trautmann, Balt.-Slav. Wb. 92; Ber-
neker, Slav. et. Wb. 1, 304; Trubaëv, t. slov. slav.
jaz. 6, 125 f.; Derksen, Et. dict. of Slav. 164; Bezlaj,
Et. slov. slov. jez. 1, 147; Snoj, Slov. et. slov.² 174 f.;
Vasmer, Russ. et. Wb. 1, 273; ders., t. slov. russ. jaz.
1, 412; Schuster-ewc, Hist.-et. Wb. d. Sorb. 293;
Fraenkel, Lit. et. Wb. 157; Smoczyski, Słow. et. jz.
lit. 188 f.; Fick 2 (Kelt.)⁴ 120; Matasovi, Et. dict. of
Proto-Celt. 160f.; Schumacher, Kelt. Primärverb.
337 ff.; Dict. of Irish G-100; Dict. of Welsh 2, 1414;
Deshayes, Dict. ét. du bret. 215. Rasmussen 1989:
193 f. 108; Müller 2007: 280.

S. kleim, kleini, klêo.

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