blecken
Band II, Spalte 171
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blecken sw. v. I, Notker, Gl.: blitzen, glän-
zen, fulgere, coruscare; sichtbar, entblößt sein

Var.: blec[c]h-, plec[c]h-; nur Präs.-Formen
belegt. Mhd. blecken (blacte, blahte) intr.
sichtbar werden, sich entblößen, tr. sehen
lassen, zeigen
; nhd. blecken.

Ahd. Wb. I, 1199; Splett, Ahd. Wb. I, 80; Schütz-
eichel⁴ 78; Starck-Wells 65; Graff III, 245 f.; Schade
75; Lexer I, 301; Benecke I, 207; Dt. Wb. II, 86 ff.;
Kluge²¹ 83; Kluge²² 91; Pfeifer, Et. Wb. 186; Raven,
Schw. Verben d. Ahd. I, 9. H. Glombik-Hujer, Dt.
Wortf. in europ. Bez. 5, 64 f.

Im Germ. stehen nebeneinander zwei verschie-
dene Basen mit ähnlicher Bed.: eine (urspr.)
diphth. *līk- : *laik- : *lik- ( -blîchan,
bleih, blic, blicken) und eine monophth. *lek-
: *lak-, wozu nur Ableitungen von der o-Stufe
belegt sind, darunter ahd. blecken < *lakjan-.
Die unter solchen Umständen zu erwartende
Bed.verwechslung in Paaren wie ahd. blicken /
blecken hat die urspr. Verteilung der Bed. so
verwischt, daß man z. B. unmöglich entscheiden
kann, ob *lakjan- als Kausativbildung zu ei-
nem verlorenen st. Verb *lekan- oder Denomi-
nativbildung zu einem verlorenen Adj. *lak
glänzend (das mit -n-Infix tatsächlich exi-
stiert; vgl. ahd. blank glänzend) zu deuten ist.

Verfehlt Schatz, Ahd. Gr. § 9; Seebold, Germ. st. Ver-
ben 119, die dieses Verb als bleckên sw. v. III ansetzen,
< *blikkên, zu bleh und blicken (s. d. d.).

Ähnliche Paare kommen auch in anderen germ.
Sprachen vor, wo die Sachlage dadurch noch
komplizierter wird, daß Reflexe von dem st.
Verb *līkan- als dritte Möglichkeit konkurrie-
ren. Im Mndd. sind blīken und blicken mehr
oder weniger zusammengefallen, mit den Bed.
glänzen, erscheinen, sich zeigen, während
blecken (das im As. nicht belegt ist) nur entblö-
ßen, bis aufs Hemd ausziehen
bedeutet. Im
Mndl. dagegen bedeutet blecken sowohl schin-
den, (Bäume) entrinden, (jmdn.) ausrauben
als
auch glänzen, in welcher Bed. es mit blicken
und blīken konkurriert. Daneben erscheint auch
mndl. nndl. blāken flammen, glühen, mndl.
auch glitzern < *lakōn- (vgl. nndd. blaken
qualmen und blah-). Germ. *lakjan- wird
im Afries. nur durch das Part. Prät. gebleszet
entblößt (zu einem Verb *lesza, mit Assibilie-
rung des -k[k]- vor j; vgl. Helten, Aostfries. Gr.
§ 134. 288) und verschiedene Ableitungen ver-
treten (bleziene, bletsiene, bleszene; bletzinge,
-szinge das Entblößen); auch ein Verb blīka
sichtbar sein kommt vor, aber *likjan- ist
nicht belegt.

Reflexe von *lakjan- fehlen dem Ae. und A-
nord., wo *līkan- und ein schwaches Verb II
*likō(j)an- in der Bed. glänzen konkurrieren:
ae. blīkan / blician; aisl. blíkja / blika. Im Got.
sind überhaupt keine zu diesen Basen gehörigen
Verben belegt.

In aisl. blakra blinken, flattern (nnorw. glänzen,
flattern) sind viell. zwei idg. Basen zusammengefallen:
*bhleg-/*bhelg- glänzen (s. u.) und *bh- schlagen
(lat. flagrum Peitsche, flāgitāre prügeln, beschelten;
vgl. Pokorny 154 und blast).

Fick III (Germ.)⁴ 284; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 293 ff.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
353. 356; Verdam, Mndl. handwb. 101 ff.; Franck, Et.
wb. d. ndl. taal² 68 f.; Vries, Ndls. et. wb. 62; Holt-
hausen, Afries. Wb.² 10; Richthofen, Afries. Wb. 653;
Vries, Anord. et. Wb.² 42 (s. v. blakkr, blakra); Jóhan-
nesson, Isl. et. Wb. 645; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr.
76 f. (s. v. bairhts). Weiteres -blîchan, blic.

Germ. *lakjan ist auf eine idg. Basis *bhelg-/
*bhleg- zurückzuführen. Außergerm. Verglei-
che sind gr. φλέγω brenne, flamme, zünde an,
φλόξ, φλογμός Flamme; lat. flagrō, flagrāre
flammen, brennen, glühen (< *bhleg-), fulgō,
fulgere (später fulgeō, fulgēre) blitzen, schim-
mern, leuchten
(< *bhg-); lett. bagans weiß-
lich
; mir. imblissiu Augenstern (< *bhi-bhg-
s-; vgl. J. Vendryes, Rev. celt. 40 [1923], 431 f.);
toch. A, B pälk- leuchten, brennen; sehen; viell.
auch aind. bhárgas- n. Glanz (< *bhelgos-),
das wegen des Velars eher hierher gehört als zur
gleichbed. Basis *bherǝ- : *bhrē-; beraht,
wo Lit.

Nicht hierher lit. blãgnytis ernüchtert werden, sich
aufheitern
; s. Fraenkel, Lit. et. Wb. 45 (s. v. blagnas).

Idg. *bhleg-/ bhelg- ist eine Ableitung von der
Wz. *bhel(ǝ)- [**bhel(H)-] glänzend, weiß (
bal², belicha); eine Wurzelvariante ist die Basis
*bhle- ( -blîchan).

Walde-Pokorny II, 214 f.; Pokorny 124 f.; Mayrhofer,
K. et. Wb. d. Aind. II, 480; ders., Et. Wb. d. Altindoar.
II, 252; Boisacq, Dict. ét. gr. 1029; Frisk, Gr. et. Wb.
II, 1022 ff.; Chantraine, Dict. ét. gr. 1208 ff.; Walde-
Hofmann, Lat. et. Wb. I, 510 f.; Ernout-Meillet, Dict.
ét. lat.⁴ 238; Mühlenbach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I,
253; Pedersen, Tocharisch 162; Windekens, Lex. ét.
tokh. 98; ders., Le tokharien 88. 120.

S. auch blank, bleckazzen.

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