fram
Band III, Spalte 514
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framAWB adv., seit dem 8. Jh.: (lokal) weit,
fern, fort
, (temporal) später, danach, (mo-
dal) sehr, ganz (und gar), überaus, a, ab, de;
oft durch Adverbien verstärkt; vgl. filu fram,
drâto fram ganz und gar, harto filu fram ganz
genau
, sô fram so sehr, so ganz und gar,
fram sô so weit wie Var.: frā; frham; Georgsl.
farm mit r-Metathese. Ob fram wie Kelle, Ot-
frid-Gl. 146 (danach Ahd. Wb. III, 1213 f.) für
Otfrid 1, 15, 9 tho quam ther sáligo man, in sinen
dágon was iz frám da kam der heilige Mann,
in seinen Tagen war es [schon] fortgeschritten

annimmt, Adj. ist, erscheint fraglich. Denn
Adverbien können als Prädikatsnomina grund-
sätzlich in der Funktion eines prädikativen
Adv. erscheinen; vgl. lat. res est palam die Sa-
che ist offenbar
; nihil clam est nichts ist ge-
heim
; ahd. Tatian iz spâto uuas es war spät
(Hoffmann, Aufsätze zur Indoiranistik II,
339 ff.); vgl. ferner Otfrid 5, 23, 25 Wio hárto
fram thaz gúat ist wie sehr groß die Wonne ist
(Adverbien liegen auch Otfrid 4, 20, 10 so frám
so heftig, 5, 25, 32 filu frám vor). Mhd. vram
adv. (lokal) fort (z. B. Exodus er fuort si vram
in daz mer), (temporal) sofort, zugleich. So-
wohl im Ahd. wie im Mhd. erscheint fram-
bzw. vram- als Verbalpräfix (vgl. ndfrk. fram-)
wie auch als Steigerungspräfix ( frambâri;
frambringan usw.). Heute lebt es nur mehr in
der Ableitung fremd ( fremidi) fort.

Ahd. Wb. III, 1211 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 260; Köb-
ler, Wb. d. ahd. Spr. 322 f.; Schützeichel⁵ 139;
Starck-Wells 175. XL. 811. 846; Schützeichel, Glos-
senwortschatz III, 282; Seebold, ChWdW8 135; Graff
III, 638; Schade 219; Lexer III, 489; Benecke III, 392;
Götz, Lat.-ahd.-nhd. Wb. 1 (a, ab). 170 (de); Dt.
Wb. IV, 1, 1, 56; Kluge²¹ 218; Kluge²⁴ 315; Pfeifer,
Et. Wb.² 373. 378. G. Krömer, PBB 81 (Halle,
1959), 377 f.

Dem ahd. Adv. fram entsprechen: as. fram fort,
hervor, hinaus, weg
; afries. frm hervor; ae.
fram, from fort, vorwärts, weg, me. fram, from
neben fro (aus skand. frá), ne. from (nur in den
veralteten festen Verbindungen to and from
[heute: to and fro], from and back); aisl. fram
vorwärts (Kompar. fremr), nisl., nnorw.,
nschwed., adän. fram, ndän. frem vorwärts mit
-e- aus dem Kompar.; got. fram weiter (fram-
aldrs bejahrt; Kompar. framis). Daneben
kommt das Wort als Präp. (mit Dat.) vor: as.
Psalmenfragmente from (weg) von, heraus aus
(z. B. from helliu ab inferno); ae. fram weg -
von, von - her, durch, seit, infolge, betreffs
,
me., ne. (schott.) fro (s. o.), ne. from (veraltet
auch in der Konjunktion from the time when);
aisl. frá weg von, ält. ndän. fraa mit prokliti-
scher Entwicklung aus *frą́ < *fram, aschwed.
frān, nschwed. från, ält. ndän. fran, Kreuzung
aus *frā und *fran < *fram (mit Wandel von
auslautendem *m zu n in der Proklise?); got.
fram von - her, von, bei. Im Nordseegerm. und
Nordgerm. findet sich darüber hinaus ein zuge-
höriges Adj.: afries. fram nützlich; ae. fram
kräftig, kühn, stark; aisl. framr tapfer, vor-
züglich
, nisl. framur, aschwed. framber (aisl. su-
perl. fremstr vorderst, hervorragend; vgl. auch
frami m. Ruhm, Vorteil, Ehre). Auf einen i-
Stamm weisen ae. freme, aschwed. fræmber her-
vorragend
(s. Noreen, Aschwed. Gr. § 424
Anm. 2). Die Bedeutungen des urgerm. Adverbs
*framan und des Adj. *fram-a/i- lassen sich
über die Vorstellung des Nach-vorne-Drängens,
des Vorwärts, vermitteln, während die Präp.
den Ausgangspunkt der Bewegung (weg von)
bezeichnet.

Eine andere Ablautstufe zeigen: afries. forma
der erste; ae. forma dss.; got. fruma (nur sub-
stantivierter Dat. in fram fruma ἀπ [ἐξ] ἀρχῆς;
vgl. frumei Anfang) neben afries. frum- (frum-
dēde erste Verwundung, frumdolch Hauptver-
letzung
, frumsind der erste Sind), ae. frum ur-
sprünglich, erst
; aisl. frum- dss. (aisl. frum-
burðr dss., frumtígn höchste Ehre, frumvaxta
gerade erwachsen, nnorw. dial. frumvaksen;
vgl. auch aisl. frums- in frumsarbrauð Brot vom
ersten Korn
), nisl. frum-, nnorw. frum ausge-
zeichnet
; got. frumabaur Erstgeborener < ur-
germ. *fruma(n)-. Demgegenüber ist das Adj.
mhd. vrom(e), vrum(e) tüchtig, brav, tapfer
über ahd. fruma Nutzen (s. d.) anschließbar.

Fick III (Germ.)⁴ 232 f.; Heidermanns, Et. Wb. d.
germ. Primäradj. 209; Holthausen, As. Wb. 22; Sehrt,
Wb. z. Hel.² 149; Berr, Et. Gl. to Hel. 134; Kyes, Dict.
of O. Low and C. Franc. Ps. 27; Franck, Et. wb. d. ndl.
taal² 760; Vries, Ndls. et. wb. 803; Holthausen, Afries.
Wb.² 31 f.; Holthausen, Ae. et. Wb. 114; Bosworth-
Toller, AS Dict. 330; ME Dict. E-F, 911 ff.; OED²
VI, 210 ff.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 378; Vries, Anord.
et. Wb.² 139 f. 144; Jóhannesson, Isl. et. Wb. 547;
Fritzner, Ordb. o. d. g. norske sprog I, 473 f.; Holthau-
sen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 71; Falk-Torp, Norw.-
dän. et. Wb. 270. 273; Ordb. o. d. danske sprog V,
1137 ff.; Torp, Nynorsk et. ordb. 133; Hellquist,
Svensk et. ordb.³ 242; Svenska akad. ordb. F-1643 ff.;
Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 164. 169 f.; Lehmann, Go-
thic Et. Dict. F-78.

Während das Adj. urgerm. *frama- zusammen
mit gr. πρόμος Vorkämpfer, Führer auf den
Nom. Sg. des uridg. Adj. *promó- zurückgeht,
bildet das Adv. mit umbr. promom zuerst eine
formale Gleichung und beruht auf dem adverbi-
al verwendeten uridg. Akk.Sg.n. *promóm. Zu-
grunde liegt eine Ableitung mit dem u. a. Super-
lative bildenden Suffix *-mó- von der uridg.
Präp. *pro vor ( fra-, fir-).

Im Aind. werden mittels des betonten Suffixes *-mó-
Adjektive von Lokaladverbien in superlativischer Be-
deutung abgeleitet; vgl. aind. apamá- der entfernteste
zu aind. ápa- fern (Wackernagel, Aind. Gr. II, 2,
752).

Dagegen setzt urgerm. *fruma(n)- erster, der
erste
ebenso wie einmal überliefertes gr. πράμος
(< *p-mo-), sofern dieses nicht aus πρόμαχος
Vorkämpfer gekürzt ist (Wackernagel, a. a. O.
II, 2, 752), und lit. pìrmas erster (< *pr̥̄-mo-
[**pH₂-mo-] eine mo-Ableitung von uridg.
*p/*pr̥̄ [**p(-H)] (her-)vor voraus (vgl. gr.
πάρα, παρά daneben, von - her, entlang <
vorurgr. *p-a/*pr̥̄-a [**p(H)-a]; gall. are-
bei, vor < vorurkelt. *p-e-; arm. a zu, nach,
bei
< *áa wohl < vorurarm. *pr̥̄ [**pH₂]).

Auch air. riam davor (< *prisamo- < *pris-
m̥̄o-; anders Wh. Stokes, BB 23 [1897], 321;
zur Basis *pris vgl. gall. ris vor, air. rí, re, jün-
ger rīa vor) und lat. prīmus der vorderste, er-
ste
, pälign. Prismu Prīma (mit Synkope <
*prisemo- < *prism̥̄o- [**pris-Ho-]) zeigen
dieses Suffix; vgl. ferner den gall. Volksnamen
Rēmī, nkymr. rwyf Prinz, mkorn. ruif König
(< *presamo-); ebenso die Vorform von aksl.
prěmo vor, gegenüber, ἐναντίον, εἰς, πρός,
prě richtig, geradeaus, ὀρθῶς, aruss. prjamъ
gerade, richtig, ehrlich, einfach, wobei dann
eine Bedeutungsentwicklung von davor über
offen daliegend zu ehrlich, einfach eingetre-
ten sein müßte.

Eine andere Bildeweise liegt in aind. prva-, jav.
pauruua-, paouruua-, pouruua- vorderster, er-
ster, früherer
(aav. pouruuiia-, jav. paoiriia-
erster, anfänglicher, früherer, apers. paruviya-
vormalig, anfänglich), aksl. prьvъ erster, alb.
parε dss. < uridg. *pr̥̄-o- [**pH₂-o-] (*pr̥̄-
io- [**pH₂-io-]) vor.

Walde-Pokorny II, 37; Pokorny 814; Mann, IE
Comp. Dict. 993; Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II,
324 f.; ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 157; Hoffmann-
Narten, Archetypus 46; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴ 815;
Frisk, Gr. et. Wb. II, 588. 600; Chantraine, Dict. ét.
gr. 941; Hofmann, Et. Wb. d. Gr. 284 f.; Untermann,
Wb. d. Osk.-Umbr. 586; Walde-Hofmann, Lat. et.
Wb. II, 363; Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴ 535; Buck,
Gr. of Oscan and Umbrian 137; Miklosich, Et. Wb. d.
slav. Spr. 263; Vasmer, Russ. et. Wb. II, 455; Sadnik-
Aitzetmüller, Handwb. zu den aksl. Texten 100; Ven-
dryes, Lex. ét. de l’irl. anc. R-10 f. 26 f.; Thurneysen,
Gr. of OIr. 528; Brugmann, Grdr.² II, 467.

S. fir-, fra, frem(m)en, frouwa, fruma, furi, furi-
sto
.

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