bal²AWB adj., nur Gl. 1, 259, 31 (K 8. Jh. alem.; Ra
10. Jh. alem.-bair.: beide Hss. haben pal, s.
Braune, Ahd. Gr.¹³ § 136): ‚glänzend, leuchtend,
flavus‘ (überliefert ist, anschließend an lat. toga,
flaus, aber vgl. Corp. Gl. Lat. V, 612, 35: thoca
flauus uel uestis, sowie Thes. ling. lat. VI, I, 887
nach Probus „flavus, non flaus“). Das Wort ist
mhd. und nhd. nicht mehr im Gebrauch.
Ahd. Wb. I, 786; Starck-Wells 40.
Das Wort, das als Adj. in den anderen germ.
Dialekten nirgendwo begegnet, hat wohl nur
eine einmalige Entsprechung in dem griech.
überlieferten, zweifellos got. Namen von Beli-
sars Pferd, und zwar findet er sich in Prokops
(um 500—562) De bello Gothico I, 18, 6 (ed. J.
Haurg) an der Stelle, da der römische Feldherr
am pons Milvius im Jahre 537, vor allem wohl
wegen der auffälligen Zeichnung seines Pfer-
des, zur Zielscheibe der ihn bedrängenden Ost-
goten wird, — nach Prokops Schilderung: „...
von dunkel(grau)er Grundfarbe des Leibes aber
mit einem weißleuchtenden Streifen von der
Stirnhöhe bis zu den Nüstern“, worauf noch
die sprachliche Bemerkung folgt: τοῦτον
Ἕλληνες μὲν φαλιὸν, βάρβαροι δὲ βάλαν καλοῦ-
σιν ‚dieses Pferd nennen die Griechen φ., die
Barbaren dagegen β.‘. Während F. Wrede, der
in seiner Sprache d. Ostgoten 58 Anm. 2 zuerst
auf diesen Passus verwies, in der Bezeichnung
fälschlich ein germ. wala, walha ‚welsch‘ vermu-
tete, wurde das Wort von E. Schröder, ZfdA. 35
(1891), 237 ff. (= Dt. Namenkunde² 54 ff.) zum
erstenmal überzeugend mit ahd. belicha (s. d.)
‚Bläßhuhn (mit weißem Stirnfleck)‘ sowie mhd.
Belche, Dietleibs Roß im Biterolf (Lexer I, 171)
verglichen und zu der weitverbreiteten Wz.
*bhel(ǝ)- ‚glänzend, weiß‘ gestellt; die Endung
-αν mag in dem Akk. Sg. M. der got. n-Dekli-
nation ihren Ursprung haben.
Das Wort findet sich als Adj. mit gleicher Bedeutung
auch in der Überschrift eines Epigramms des christ-
lich-lat. Schriftstellers Ennodius (Bischof von Pavia
513—21): De equo badio et balane (Carm. Nr. 2, 136,
ed. F. Vogel S. 246) ‚Vom kastanienbraunen und (auf
der Stirne) weißgefleckten Roß‘. Offensichtlich ist
das lat. Adj. kein heimisches Erbwort, das mit f- für
idg. *bh- anlauten müßte; ob aber germ. Herkunft,
wie nicht unwahrscheinlich (s. Thes. ling. lat. II,
1688), bleibe dahingestellt (vgl. F. Vogel, Arch. f. lat.
Lex. I [1884] 270; II [1885], 477 f.; Ph. Thielmann,
ebd. IV [1887], 601; sowie auch W. Schulze, Sitz.ber.
d. Pr. Akad. d. Wiss. 1910 S. 787 f.). Dasselbe gilt von
rumän. balan adj. ‚blond‘, subst. ‚falbes Pferd‘, bal
‚weißköpfig (von Schafen)‘ sowie afrz. balani ‚weiß-
gefleckt‘ (a. 1354: Godefroy, Dict. de l’anc. langue
franç. I, 560), vgl. H. Suchier, Zfrom. Ph. 18 (1894),
186 ff.; R. Loewe, Zfvgl. Spr. 39 (1906) 299 ff. Jeden-
falls: solange die Bezeichnung von Belisars Roß nicht
nur für die mit den Goten sympathisierenden röm.
Überläufer ein „sprechender Name“ war („halb Gat-
tungswort, halb Eigenname“ E. Schwyzer), ist es be-
greiflich, daß der Hetzruf der Römer, den ihnen
wohlbekannten Reiter auf seinem „Schecken“ aufs
Korn zu nehmen, nicht leicht zu überhören war.
Auch wird so verständlich, wie Prokop zu seiner lin-
guistischen Abschweifung kam (vgl. E. Schwyzer,
Blümner-Festschrift 306).
Aus der angeführten Prokop-Stelle ergibt sich
nicht nur, daß gr. φαλ-ιός ‚hell, weißfleckig‘ (<
*bhal-i-u̯os, Schwyzer, Gr. Gram. I, 472) und germ.
*bal-az gleichbedeutend sein müssen, etwa ‚weiß-
gefleckt (besonders auf der Stirn)‘ = gr. λευκο-
μέτωπος (Etym. Gudianum [Leipzig, 1909],
258 f. und F. Solmsen, Zfvgl. Spr. 34 [1897], 75);
bei genauerem Zusehen führen die zwei anklin-
genden Vokabeln, dazu noch gr. φαλός ⋅ λευ-
κός Hesych, sogar auf sprachliche Urverwandt-
schaft zurück, gemeinsame Wz. ist *bhel(ǝ)-
‚weiß, glänzend‘ (s. o.); fern bleibt auf jeden
Fall der in gr. βάλλω vertretene Stamm (so
noch Prellwitz, Et. Wb. d. gr. Spr. 44).
Eben diese Wz., z. T. mit Dehnstufe *bhēl-:
*bhōl- oder Reduktionsstufe *bhьl-, ist auch
sonst im Idg. reich vertreten, so in aind. bhāla-
‚Stirn, Glanz‘ (< *bhēlo-, zu bhti ‚leuchtet,
scheint‘); av. vohvāvant- ‚mit gutem Licht oder
Glanz versehen‘ (< *vohu-wā-vant-: vohū ‚gut‘,
aind. vásu; -wa zur Basis *ba- ‚scheinen‘, s.
Reichelt, Awest. El.buch² 68. 463; ders., Zfvgl.
Spr. 29 [1888], 499); lat. fulica (dial. statt *fo-
lica < *bhol-ik-ā) ‚Bläßhuhn‘; alb. balë (<
*bal-ja) ‚Pferd mit weißen Flecken auf der
Stirn‘, baláš ‚blässiges Pferd oder Ochs‘; arm.
bal ‚Blässe, Bleichheit‘ (s. J. Scheftelowitz, BB
29 [1905], 37); aksl. bělъ (< *bhēlo-) ‚weiß‘;
russ. bélyi ‚dss.‘, poln. biały; lit. bãlas ‚weiß‘ ne-
ben dem üblicheren báltas (und bálnas <
*bholǝnos), balù ‚werde weiß‘; lett. bãls (: bals)
‚blaß, bleich‘, bats ‚weiß‘, apreuß. ballo ‚Stirn‘
(Elbinger Voc.); aus dem Germ. gehören wohl
noch hierher, wenn auch gelegentlich ange-
zweifelt, ae. bǣl n. ‚Feuer, Flamme, Scheiter-
haufen‘, anord. bál (< *bhēlo-) ‚dss.‘; E. Schrö-
der (a.a.O. 239 f.) vermutete, und gewiß mit
Recht, das germ. Adj. bal auch in Bergnamen
wie Belchen und in ON wie Bal(l)horn (< Bala-
horna, Förstemann, Adt. Namenbuch II² 198) =
Blankenhorn; dagegen scheinen die vielzitierten
kelt. Vertreter sich als relativ späte Entlehnun-
gen zu erweisen, so kymr. bàl ‚weißgesichtig‘
(wohl aus dem Engl.?), nbret. bailh ‚having a
white spot on the forehead‘ (aus dem Afrz.?
aber vgl. Jackson, Hist. Phon. of Breton § 1174),
und auch das rekonstruierte gall. *bali̯o-
(Meyer-Lübke, Rom. et. Wb.³ Nr. 906, Holder,
Acelt. Spr. I, 336. 370 ff. 386 f.) ist neuerdings in
Zweifel gezogen (so von Wartburg, Frz. et. Wb.
I, 217 [balla]; dagegen J. Whatmough, Lang. 25
[1949], 289 sowie V. Bertoldi, Rev. celt. 48
[1931], 291 Fn. 2). — Endlich noch der Name
von Achills Pferd Bαλίος ‚Schecke‘ (mit zu-
rückgezogenem Akzent, Ilias Buch 16, 149, s.
Lex d. frühgr. Epos II, 23) sowie das adj. und
appell. βαλιός, dessen anlautender Verschluß-
laut (statt Reibelaut, s. o. und Schwyzer, Gr.
Gram. I, 91) ein nicht-griech., vielleicht phrygi-
sches, thrakisches oder illyr. Lehnwort vermu-
ten läßt. Wie aus den gelehrten Arbeiten der
Antike hervorgeht, war man sich über die be-
deutungsmäßige Konkurrenz von φαλιός und
βαλιός schon im Altertum durchaus im klaren.
S. F. Solmsen, Zfvgl. Spr. 34 (1897), 72 ff.; Det-
schew, Thrak. Sprachreste 41 (auch im persönl.
Beinamen Bάλας, Schwyzer I, 68 und Anm. 3);
Krahe, Spr. der Illyrier I, 115; W. Brandenstein,
Sprache 2 (1950—52), 76.
Walde-Pokorny II, 175 f.; Pokorny 118 ff.; Persson,
Beitr. z. idg. Wortf. 27 f. 117 f. Anm. 2. 569 Anm. 1;
ders., Stud. z. Wurzelerw. 20. 109; Mayrhofer, K. et.
Wb. d. Aind. II, 493. 496 f. (bezweifelt Zs.hang); Bar-
tholomae, Airan. Wb. 1435; Boisacq, Dict. ét. gr.⁴
1013 f.; Frisk, Gr. et. Wb. II, 988 f.; Walde-Hofmann,
Lat. et. Wb. I, 559 f.; Meyer, Et. Wb. d. alb. Spr. 24 (s.
auch Sitz.ber. d. Akad. d. Wiss. in Wien 130 [1894],
69 und N. Jokl, IF[Anz.] 35 [1915], 35); Trautmann,
Balt.-Slav. Wb. 29 ff.; Sadnik-Aitzetmüller, Handwb.
zu den aksl. Texten 10; dieselben, Vgl. Wb. d. slav.
Spr. Nr. 129; Berneker, Slav. et. Wb. I, 55; Vasmer,
Russ. et. Wb. I, 73; Fraenkel, Lit. et. Wb. 32; Mühlen-
bach-Endzelin, Lett.-dt. Wb. I, 272; Trautmann,
Apreuß. Spr.denkm. 310; Fick III (Germ.)⁴ 267; Holt-
hausen, Ae. et. Wb. 15; Vries, Anord. et. Wb.² 23; Jó-
hannesson, Isl. et. Wb. 625 f.; Holthausen, Vgl. Wb. d.
Awestnord. 10; Feist, Vgl. Wb. d. got. Spr. 77 f.; Fick II
(Kelt.)⁴ 164; J. Loth, Rev. celt. 20 (1899), 344 f.; ders.,
Archiv f. celt. Lex. 1 (1900), 396; A. Thomas, Romania
29 (1900), 452; Dottin, Langue gaul. 230; H. Pedersen,
Litteris 2 (1925), 91 f.; Dict. of Welsh 250.
Erwähnt sei noch, daß Splett in seinen gründlichen
Abrogans-Studien (S. 390 f.) den gesamten — auch un-
ser bal² enthaltenden — Passus, weil in Unordnung
geraten, nachträglich mit einer Sachgruppe ‚Spiel-
zeug‘ in Zs.hang bringt und so in bal² dasselbe wie in
bal¹, nämlich ‚Spielball‘ erblickt; dies zwingt ihn je-
doch, auch in ahd. stôz eine Art Spielzeug zu vermu-
ten — nicht ohne Bedenken seinerseits. — Eine andere
Möglichkeit, durch Splett angeregt, wäre lat. flauus in
das wohl unverstandene *clavus ‚ein verschiedenfar-
biger Zeugstreifen (Tuchfleck) an der römischen
Toga‘ als Lemma zu emendieren, so daß es inhaltlich
zu dem benachbarten Lemma toga paßte wie auch zu
ahd. stôz, wenn anders dessen technische Hauptbe-
deutung ‚Zeugstreifen‘ (Dt. Wb. X, 3, 473) hier im
Vordergrunde steht. Dabei wäre es wohl wahrschein-
licher, daß die ahd. Glosse pal (d. i. bal²) ein bereits
entstelltes lat. flaus (d. i. *flauus) wiedergab.