brechanAWB st. v. IV, trans.: ‚(zer)brechen,
(zer)reißen, frangere, confringere, (di)rumpere,
carpere‘; intr. ‚umbrechen, abweiden, eindrin-
gen, averti, fodere‘. Häufig mit anl. p-, einmal
ohne Präfix im Part. Prät. brohchan̄ Gl.
2, 142, 29 (s. Braune, Ahd. Gr.¹⁴ § 323 Anm. 1.
3; vgl. auch die Lautgeographie von gebrochen
auf Karte 28—30 des Dt. Sprachatlasses). Mhd.
und nhd. brechen mit gleichen oder ähnlichen
Bedeutungen.
Ahd. Wb. I, 1328 ff.; Splett, Ahd. Wb. I, 97; Schütz-
eichel⁴ 80; Starck-Wells 74; Graff III, 262 f.; Schade
83; Lexer I, 343 ff.; Benecke I, 239 ff.; Diefenbach,
Gl. lat.-germ. 245 (frangere). 503 (rumpere). 103 (car-
pere); Dt. Wb. II, 342 ff.; Kluge²¹ 98; Kluge²² 104;
Pfeifer, Et. Wb. 211.
Sieht man vom Nordgerm. ab, so hat ahd. bre-
chan sprachliche Verwandte in allen anderen
germ. Dialekten: as. brekan (Wadstein, Kl. as.
Spr.denkm. 47, 4. 48, 24), mndd. brēken; mndl.
nndl. brēken; afries. breka, nfries. bräken; ae.
brecan ‚zerbrechen, reißen; zerstören, unter-
drücken; einbrechen, erobern; (refl.) sich erbre-
chen‘, me. brēken, auch breoken, braken, ne.
break; got. brikan = κλᾶν ‚(ab)brechen, πορ-
θεῖν, ‚zerstören‘, ἀθλεῖν ‚kämpfen‘. — Im A-
nord., das mit Bildungen wie breki m. ‚Brecher,
(Sturz-)Welle‘ (vgl. ne. breakers) die ehemalige
Geltung des germ. Stammes *rek- bezeugt, ist
das Verbum durch brjóta (vgl. nschwed. bryta)
verdrängt, das auf germ. *reut- und wohl letz-
ten Endes zusammen mit *rek- — unterschied-
lich erweitert — auf die idg. Wz. *bher- ‚schla-
gen‘ zurückzuführen sein dürfte; neuskand.
Wörter, die in Form und Bedeutung den west-
germ. entsprechen, wie ndän. brække, nschwed.
bräcka, sind aus mndd. brēken entlehnt. (Dane-
ben finden sich noch anklingende Bildungen mit
„Schallbedeutung“ [Seebold] wie aisl. brak n.
‚Krach, Lärm‘, braka ‚krachen, lärmen‘ u. a., →
braht, gibruht.)
Fick III (Germ.)⁴ 277; Seebold, Germ. st. Verben
132 ff.; Holthausen, As. Wb. 9; Sehrt, Wb. z. Hel.²
61 f.; Berr, Et. Gl. to Hel. 65; Lasch-Borchling, Mndd.
Handwb. I, 1, 345 f.; Schiller-Lübben, Mndd. Wb. I,
418 ff.; Verdam, Mndl. handwb. 116; Franck, Et. wb.
d. ndl. taal² 91 f.; Vries, Ndls. et. wb. 86; Holthausen,
Afries. Wb.² 12; Richthofen, Afries. Wb. 667 f.;
Doornkaat Koolman, Wb. d. ostfries. Spr. I, 219;
Holthausen, Ae. et. Wb. 33; Bosworth-Toller, AS
Dict. 121; Suppl. 104; Suppl. II, 12; ME Dict. A—B,
1130 ff.; OED² II, 507 ff.; Oxf. Dict. of Engl. Et. 115;
Vries, Anord. et. Wb.² 5; Jóhannesson, Isl. et. Wb.
638. 957; Holthausen, Vgl. Wb. d. Awestnord. 24;
Falk-Torp, Norw.-dän. et. Wb. 110; Torp, Nynorsk
et. ordb. 38; Hellquist, Svensk et. ordb.³ 106; Feist,
Vgl. Wb. d. got. Spr. 105 f.; Lehmann, Gothic Et. Dict.
B-97.
Auch an außergerm. Anschlüssen fehlt es nicht,
aber mit Sicherheit nur im Lat. und Kelt., frag-
lich, ob auch im Aind. Von jeher hat man genau
lautentsprechende Formen wie lat. frēgimus und
got. brēkum, ahd. brâchum (< urg. *rǣk-) ne-
beneinandergestellt (z. B. Matzel, Gesammelte
Schriften 5); dazu gehört mit Nasalinfix die lat.
Präs.form frangō, deren Vokalismus Redukti-
onsstufe, idg. *-e- (*bhre-n-g-) repräsentiert
(Klingenschmitt, Altarm. Verben 213; H. Hirt,
IF 37 [1916/17], 219 und Idg. Gr. II § 100:
[idg. *-ь-]); dazu das lat. Part. Prät. frāctus mit
sekundärem ā nach Lachmanns Gesetz. Vgl. die
Übersicht bei Seebold, a. a. O. 132 ff.
Aus dem Kelt. stellen sich verwandte Formen
wie mir. braigid ‚furzt‘, broimm ‚Furz‘, kymr.
korn. bret. bram(m), mir. bracht ‚breaking,
breach‘ (s. aber Vendryes, Lex. ét. de l’irl. anc.
B-76: „le mot est douteux“), kymr. brāc ‚Hechel
zum Flachs- oder Hanfbrechen‘ (vgl. ahd. breh-
ha), bret. brae ‚Brechen‘ sowie ‚Gerät zum
Flachsbrechen‘ hierher.
Dazu käme aus dem Aind. des Rigveda (X, 68,
1) die vielzitierte Zss. giri-bhráj-, ein Beiwort
der Wogen, sofern der Bedeutungsansatz ‚aus
den Bergen hervorbrechend‘ nicht willkürlich ist
und das Wort trotz Mayrhofers Bedenken (s. u.;
s. auch Darms, Schwäher und Schwager 298) zu-
sammen mit den germ., lat. und kelt. Belegen
auf eine gemeinsame idg. Wz. *bhreg̑- ‚brechen‘
zurückführt.
Zur bedeutungsverwandten ‚r-losen‘ Wz. *bhe(n)g- in
aind. bhanákti ‚bricht‘, air. bongid ‚bricht, erntet‘,
arm. bekanem ‚breche‘ usw. vgl. Seebold, a. a. O. 134;
Walde-Hofmann, a. a. O. 541; Klingenschmitt, a. a. O.
184 f. 273 und → brûchan.
Walde-Pokorny II, 200 (bhreg-). 193 (bhrg-); Po-
korny 165; Walde-Hofmann, Lat. et. Wb. I, 541
(frango). 539 (fragor); Ernout-Meillet, Dict. ét. lat.⁴
252; Fick II (Kelt.)⁴ 183; Vendryes, Lex. ét. de l’irl.
anc. B-76. 77. 95; Dict. of Irish B-151 (bracht). B-155
(braigid). B-199 (broimm); Dict. of Welsh 304 (brâc).
308 (bram); Mayrhofer, K. et. Wb. d. Aind. II, 527;
ders., Et. Wb. d. Altindoar. II, 277: aind. giri-bhráj-
‚Steifheit wie Berge habend‘.